Was es mit dem „Thüringer Orientierungsrahmen“ auf sich hat

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Grafik: Tumisu/Pixabay

Erfurt/Gotha (red, 9. Februar) Das Thüringer Kabinett hat heute den „Thüringer Orientierungsrahmen – Weg aus der Pandemie“ beschlossen. Er dient der Vorbereitung der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs des Bundes und der Länder morgen (10. Februar( sowie der Planung des Thüringer Pandemiemanagements in den kommenden Monaten.

Im Pandemiemanagement überlagern sich unterschiedliche Erwartungen. Der Thüringer Orientierungsrahmen soll deshalb dem Anspruch Rechnung tragen, mittel- bis längerfristig Orientierung zu geben und nachvollziehbar parallele Anforderungen zu verbinden:

  • die medizinischen Versorgungskapazitäten abzusichern
  • den Öffentlichen Gesundheitsdienst handlungsfähig zu halten,
  • die Bevölkerungsimpfung zu gewährleisten
  • Perspektiven für den gesamten Bildungsbereich von der frühkindlichen Bildung bis zu den Hochschulen zu bieten,
  • Erkenntnisse aus dem Pandemiemanagement umzusetzen durch technische Um- und Nachrüstungen, Digitalisierung etc.

Der Thüringer Orientierungsrahmen besteht demzufolge aus wenigstens den drei folgenden Elementen:

  1. Element: Möglichst bundesweit einheitlich festzulegenden Kriterien für einen Stufen- plan,
  2. Element: Aktualisierung und Fortschreibung des Impfkonzepts der Landesregierung,
  3. Element: Fortschreibung der Maßnahmen für den Bildungsbereich
    a.     Bereich der Kindergärten und der Schulen
    b.     Hochschulbereich

Ausgehend von den vorstehenden beschriebenen Handlungserfordernissen lassen sich fol- gende Ziele ableiten:

  1. Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit des Gesundheitssystems
  2. Wiedergewinnung und Sicherung der Kontrolle über das Infektionsgeschehen durch Kontaktnachverfolgung und wirksame Eindämmungs- bzw. Präventionsmaßnahmen
  3. Erreichung einer ausreichenden Impfquote der Thüringer Bevölkerung bis zum kommenden Herbst, die eine weitere Infektionswelle unterbindet
  4. möglichst ausgewogene Balance zwischen gesundheitsbezogenen Maßnahmen und sozioökonomischen Belastungen
  5. Absicherung guter Bildung durch Gewährleistung von Bildungsabschlüssen und Planbarkeit für alle Teilnehmenden am Bildungsgeschehen
  6. Modernisierung der technischen und digitalen Infrastruktur als Beitrag zum Pande- miemanagement und der positiven Entwicklung des Freistaates.

Umsetzung des Orientierungsrahmens in Form eines Stufenplans
Vorgeschlagen wird – für Thüringen als auch bundesweit – ein Stufenplan, der differenzierter und vorsichtiger ist als die Stufen in Schleswig-Holstein, dennoch die beiden ersten Stufen des Planes aus Niedersachsen zusammenfasst.
Diese Zusammenfassung wird verbunden mit dem Abschied von der als zu hoch empfundenen Vorwarnschwelle mit dem Inzidenzwert 35. Ein Argument für das Absenken der Schwelle ist auch die Ausbreitung der aggressiveren Virus-Varianten. DieseVorwarn- schwelle sollte bundesweit bei 25 liegen.

Da mit höheren Inzidenzen auch in der Regel höhere Dynamik verbunden ist, wird eine wachsende Breite der Schwellenkorridore vorgeschlagen:

Von niedrigem Infektionsgeschehen sprechen wir dabei erst ab einer Inzidenz von [5] Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Bei einem Unterschreiten dieser Schwelle – insbesondere zu einem Zeitpunkt, zu dem die Impfung bereits zu einer breiten Immunisierung beigetragen hat – sollte dann auf rechtlich verbindliche freiheitsbeschränkende Maßnahmen verzichtet werden können.

Der Übergang vom moderaten zum hohen Infektionsgeschehen erfolgt zwischen einer Inzidenz von 20 und 30 (25 +/- 5).

Der Übergang vom hohen zum starken Infektionsgeschehen erfolgt zwischen einer In- zidenz von 40 und 60 (50 +/- 10).

Der Übergang vom starken zum sehr starken Infektionsgeschehen erfolgt zwischen einer Inzidenz von 80 und 120 (100 +/- 20).

Der Übergang vom sehr starken zum eskalierenden Infektionsgeschehen erfolgt zwi- schen einer Inzidenz von 160 und 240 (200 +/- 40).

Der Thüringer Stufenplan sieht einerseits vor, bei einer stetig steigenden Infektionsentwicklung unter Betrachtung der dynamischen Zusatzfaktoren (Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems, Fortschritte bei der Immunisierung, differenziertes Monitoring der Neuinfektionen, Verbreitung von Virusmutationen) beim Erreichen des Schwellenkorridors die Maßnahmen der nächsten Stufe vorzubereiten und zu ergreifen, und in gleicher Weise bei einer stabil rückläufigen Infektionsentwicklung mit Lockerungsmaßnahmen zu verfahren. Die für die einzelnen Bereiche vorzusehenden Regelungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Stufe sind der als Anlage beigefügten Tabelle zu entnehmen.

Die Schwellenwerte sollen auf Ebene des Landes angewandt werden. Für dieses landesein- heitliche Vorgehenspricht nicht nur in Thüringen auch die Stadt-Land-Verteilung der Inzidenz- zahlen. Wenn eine Öffnung in einzelnenStädten dazu führt, dass ein verstärktes Kunden- und Gästeaufkommen aus dem stärker infizierten Umland den städtischen Einzelhandel und die Gastronomie in Anspruch nimmt, wird jeder lokale Fortschritt wiederum riskiert. Eine Abriege- lung wird schwerlich in Frage kommen können. Eine Ausnahme bildet der Bildungsbereich, in dem abLandesinzidenz-Stufe 3 für die Beschränkungen regionale Inzidenzen zugrunde gelegt werden, da hier der Gefahr einer Zunahme der Mobilität in erheblichen geringen Umfang be- steht und gleichzeitig Bildung über alle Gesellschaftsschichten und Altersgruppen hinweg be- sondere Bedeutung hat.

Die Frage der regionalen Lockerung wird sich anders darstellen bei einem Inzidenzwert von landesweit unter 50,sofern nicht von Hotspot-Landkreisen (auch dann noch im Einzelfall mög- lich) Gefahr für die Umgebung ausgeht. Insofern sollen die Verordnungen in Umsetzung des Stufenplans für die Stufen 1 und 2 regionale Öffnungsklauseln für definierte Bereiche enthal- ten. Dabei sind jedoch im Einzelfall die o. g. Risiken auch bei niedriger Inzidenz nicht außer Acht zu lassen. Eine automatisierte regionale Öffnung verbietet sich.

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