Winter- und Spätfröste problematisch für Klimabaumarten

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Forstamtsleiter Ulli Klüßendorf und Dr. Horst Sproßmann überprüfen auf einer Versuchsfläche im Forstamt Sondershausen exotische Baumarten auf mögliche Frostschäden. Bild: Janine Walter

Harte Winter sowie Temperaturen um den Gefrierpunkt im späten Frühjahr erhöhen das Risiko von Blatt- und Gewebeschäden. Anbauversuche mit Exoten auch in Thüringen

Spätfröste, also Temperaturrückfälle unter null Grad Celcius im späten Frühjahr, können den Anbau heimischer Baumarten sowie von -vermeintlich klimastabilen- Exoten fremder Herkunft in hiesigen Regionen begrenzen. Die Exoten mögen zwar Hitze und Trockenheit besser ertragen, reagieren möglicherweise auf Spätfröste aber mit Knospen- und Triebschäden und höherer Anfälligkeit gegenüber Waldschädlingen. Das hat ein Forscherteam der Universität Bayreuth beim Vergleich der heimischen Rotbuche mit der eng verwandten südosteuropäischen Orientbuche nach Temperaturbehandlungen festgestellt. Kernproblem ist, dass der fortschreitende Klimawandel mutmaßlich nicht nur mehr Trockenheit und Hitze, sondern auch mehr und intensivere Wetterextreme wie Spätfröste in unsere Breiten bringt. Denn Bäume treiben bei der milden Witterung verfrüht aus.

Klimawandel bringt mehr Trockenheit, mehr Hitze und mehr Spätfröste
Die Klimaanpassungsmaßnahmen im Wald bauen unter anderem darauf, durch den Anbau trockenheitsertragender Baumarten dem Ökosystem Wald zukünftig eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenheit und Hitze mitzugeben. Forstexperten sind sich, ein gemäßigtes Klimawandelszenario vorausgesetzt, einig, dass künftige klimastabile Mischwälder zuvorderst mit geeigneten heimischen Baumarten und Herkünften zu realisieren sind. „Für den Fall einer verschärft fortschreitenden Klimaveränderung und für heute schon sehr trocken-warme Regionen halten Forscher auch Ausblick nach Baumarten aus südlichen Gefilden, wie etwa Baumhasel, Orientbuche, Libanonzeder, Türkische Tanne oder Weißtannen – statt deutscher mit rumänischer Herkunft. Diese Baumarten wachsen dort in einem Klima, dass je nach Fortgang des Klimawandels in 30 bis 70 Jahren für unsere Breiten vorausgesagt wird“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Gesucht wird meist in frostigen und schneereichen Gebirgen dieser Länder. Am Beispiel der Orientbuche mutmaßen nun Bayreuther Ökologen, dass die Spätfrostempfindlichkeit der Orientbuche ein Ausschlusskriterium für einen hiesigen Anbau sein könnte.

Anbauversuche mit Orientbuche & Co auch in Thüringen
Forstwissenschaftler prüfen die praktische Anbaueignung von Bäumen u. a. durch langfristige Anbauversuche außerhalb von Laboren und Gewächshäusern. So auch in Thüringen. Die ThüringenForst-AöR unterhält im warm-trockenen Thüringer Becken im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes seit 2012 ein Versuchsfeld u. a. auch mit Orientbuche, Türkischer Tanne und Libanonzeder. Die ersten Praxisergebnisse scheinen die Befürchtung der Forschenden der Universität Bayreuth teilweise zu bestätigen. Starke Spätfrostereignisse im Mai 2019 und 2020 führten bei fünf bis zehn Prozent der Orientbuchen zu Schäden, nicht aber zum Absterben. Dafür ist die Türkische Tanne von Spätfrösten betroffen. Winterfröste sind hingegen ein Problem für die Libanonzeder, bei der Ausfälle zu beklagen sind. „Die Feststellung der Anbaueignung exotischer Baumarten ist ein langwieriger Prozess. Neben Modellierungen am Computer oder der Laborforschung sind langfristige Versuchsanbauten erforderlich. Ob der Klimawandel uns diese Zeit lässt, bleibt abzuwarten“, so Gebhardt abschließend. Nicht zuletzt spielt auch hier unser eigenes klimabewusstes Verhalten eine große Rolle.

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