Seltener Fund wird für die Nachwelt erhalten

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Matthias Krüger, Präparator am Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie mit Phyletischem Museum der Universität Jena, bereitet am 02.03.2017 einen toten Steinadler für die Präperation vor. Foto: Anne Günter/FSU

Jena (FSU/sh) Steinadler sind auf der ganzen Nordhalbkugel der Erde zuhause. Doch innerhalb Mitteleuropas tauchen sie nur noch selten auf. Zu folgenschwer war die systematische Verfolgung, die der Greifvogel lange Zeit erfahren musste. In Thüringen wurden in den vergangenen 23 Jahren zwölf Tiere gesichtet. Zudem sind seit 1900 ein Abschuss und ein Totfund für Thüringen verbürgt. Nun ist ein dritter toter Adler dazugekommen. Der Vogel lag unter einem Mittelspannungsmast in einem waldreichen Tal in der Nähe von Dornburg-Steudnitz, nördlich von Jena. Die Todesursache wollen Experten des Phyletischen Museums der Friedrich-Schiller-Universität Jena klären, wo der Steinadler nun genauer untersucht und anschließend präpariert wird.

Bei dem etwa 60 Zentimeter großen Greifvogel handelt es sich um ein Jungtier, das wohl erst 2016 geschlüpft ist, vermutet der wissenschaftliche Präparator des Phyletischen Museums Matthias Krüger. „Das legen die noch sehr hellen und spitz zulaufenden Schwanzfedern nahe. Bei älteren Tieren nehmen sie eine marmorierte Färbung an und runden sich langsam ab“, sagt der Fachmann. Anhand der farbigen Ringe an den Beinen des Adlers kann er zudem seine Herkunft bestimmen: „Er stammt aus Lettland und war vermutlich gerade auf der Suche nach einem neuen Brutgebiet.“ In ihren ersten Lebensjahren durchstreifen die Steinadler große Flächen, um schließlich ein neues Zuhause zu finden. Dabei überfliegen sie häufig auch Deutschland, im Flachland allerdings lassen sie sich hier nicht nieder. Nur in den bayrischen Alpen gibt es inzwischen wieder etwa 50 Brutpaare. Hierzulande sei der Steinadler lange Zeit als Nahrungskonkurrent wahrgenommen und gejagt worden. Sogar den Raub von Kindern habe man dem Greifvogel unterstellt, informiert Krüger. In der Regel ernähren sich Steinadler in Europa vor allem von Hasen, Murmeltieren, Raufußhühnern, Rotfüchsen und Kitzen von Gämsen und Steinböcken.

Vor der eigentlichen Präparation im Museum wird der Greifvogel zunächst intensiv untersucht. Dafür geht er sogar noch einmal auf Reisen: Im Auftrag eines schwedischen Veterinärinstituts, das von dem Fund erfahren hat, wird er in München mit einem Computertomografen genau durchleuchtet. So entsteht ein umfassendes Bild des inneren Aufbaus, das für Bildungszwecke benötigt wird. Wieder in Jena entnimmt Matthias Krüger dem Steinadler Gewebeproben, die in einem Thüringer Labor analysiert werden. Mit ihnen lässt sich die genaue Todesursache feststellen und zudem beispielsweise die Verbreitung von Giftstoffen, wie etwa Düngemitteln, erkennen.

Danach kümmert sich Matthias Krüger schließlich darum, dass das Tier für die Nachwelt erhalten bleibt. Für den leidenschaftlichen Hobbyornithologen ist der Steinadler etwas ganz besonderes, schließlich habe er in seiner über 30-jährigen Berufslaufbahn noch kein Exemplar auf dem Tisch gehabt. „Zunächst häute ich den Vogel inklusive des Federkleides“, erklärt der Präparator. „Danach folgt die eigentliche Kunst dieser Arbeit, nämlich die Nachbildung des Fleischkörpers aus Holzwolle, Watte, Draht und einem speziellen Kunststoff.“ Schließlich werde das Federkleid wieder darüber gezogen und das Präparat auf einem Fuß, in diesem Fall einem aus Kunststoff nachgebildeten Stein, befestigt. Wichtig ist dabei, dem Vogel eine natürliche Haltung zu geben. Außerdem entnimmt Krüger aus dem Fleischkörper das komplette Skelett, das er für die wissenschaftliche Sammlung des Museums rekonstruiert. Das eigentliche Präparat erhält der Jäger, der den Vogel gefunden hat. Für Ausstellungszwecke könne das Museum es aber entleihen.

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