Mafia-Kolonie Ostdeutschland: Der blinde Fleck der Deutschen Einheit

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"Der blinde Fleck der Deutschen Einheit", morgen, 22. Februar 2021 um 22.50 Uhr im ERSTEN. Interview mit Giovanni Bombardieri von der Staatsanwaltschaft Reggio Calabria. Foto: MDR/Axel Hemmerling

Leipzig/Erfurt (red, 21. Februar). Gewalt, Geldwäsche und geheime Strukturen: Ein Reporterteam des MDR und der F.A.Z. zeichnet die knapp 30 Jahre lange Geschichte der
kalabrischen ‚Ndrangheta in Ostdeutschland nach mit der „Die Story im
Ersten“ am Montag, 22. Februar, ab 22.50 Uhr (anschließend ein Jahr in der ARD-Mediathek).

Die kalabrische ‚Ndrangheta ist eine der gefährlichsten und mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt. Auch in Deutschland ist sie aktiv. Auf welche Weise und wie massiv sie nach der Wiedervereinigung nach Ostdeutschland drängte, war bisher höchstens
ausschnittsweise bekannt: Sie baute ein Netzwerk aus Firmen und Restaurants – lange Zeit weitgehend unbehelligt von Politik und Justiz – und spezialisierte sich innerhalb der weltweiten kriminellen ‚Ndrangheta-Strukturen offenbar vor allem auf ein Geschäftsfeld: die Geldwäsche.

Ein Reporterteam des MDR und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat die knapp 30 Jahre lange Geschichte der italienischen Mafia in Ostdeutschland nachgezeichnet. Margherita Bettoni, Axel Hemmerling, Ludwig Kendzia (alle MDR) und David Klaubert (F.A.Z.) recherchierten in Wirtschaftsdatenbanken und Grundbuchämtern, vor Ort in Thüringen,
Sachsen und NRW, aber auch in Kalabrien, woher die Mitglieder der Clans stammen, die in Ostdeutschland ihre Geschäfte betreiben.

„Dieser Film wurde nur möglich, weil die Autorin und die Autoren echte Experten auf diesem Gebiet sind“, sagt Monique Junker, die Leiterin der Redaktion Recherche und Hintergrund im MDR-Landesfunkhaus Thüringen.“ Ihre jahrelangen Recherchen zum Thema
Mafia und organisierte Kriminalität waren Voraussetzung dafür, dass wir nun diesen Teil deutscher Geschichte erzählen können.“

Recherche-Team in Reggio Calabria: David Klaubert, Ludwig Kendzia, Margherita Bettoni. Foto MDR/Axel Hemmerling

Für den Film sprachen die Journalistin und die Journalisten mit Ermittlern, Staatsanwälten und Politikern. Sie werteten tausende Seiten deutscher und italienischer Unterlagen aus und kamen dabei einem großen, bis heute unbekannten Antimafia-Verfahren gegen die
‚Ndrangheta in Ostdeutschland auf die Spur: Vor knapp 20 Jahren belauschten Ermittler eine mächtige ‚Ndrangheta-Zelle im Osten. Doch die Mafia dingfest zu machen ist schwierig. Nicht selten fehlt der letzte Beweis. So zeigt der Film auch: Es gibt wenige Siege und viele Niederlagen gegen das organisierte Verbrechen, dessen Strukturen in Ostdeutschland bis heute aktiv sind.

„Umso wichtiger ist unsere Berichterstattung“, meint Monique Junker. „Über Jahre hat das Team die Aktivitäten der Mafia in Thüringen und ihr komplexes länderübergreifendes Netzwerk beleuchtet. Die Berichterstattung hat zu einer Sensibilisierung in Politik und
Gesellschaft geführt. Und sie zeigt auf eindrucksvolle Weise, was investigativer Journalismus leisten kann.“ So nahmen der Thüringer Landtag und seine Ausschüsse wiederholt die MDR-Berichterstattung zum Anlass, um das Problemfeld der
organisierten Kriminalität zu besprechen, zuletzt im Januar 2021.

„React to“-Clip: Poetry-Slammer und Autor schauen wichtige Filmszenen
und reagieren darauf
Zum Film veröffentlicht der MDR auch ein begleitendes Video im „React-to“-Format: Poetry-Slammer, Musiker und Moderator Christian Meyer schaut sich prägnante Szenen des Films mit dem Autoren Ludwig Kendzia an – beide reagieren spontan auf das Gesehene und kommen darüber ins Gespräch.
So bietet dieses Format dem Publikum in der ARD-Mediathek gleich nach der Ausstrahlung des Films einen spannenden Schulterblick.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer bekommen Auskunft zur investigativen Recherche-Arbeit und Antworten auf Fragen, die vielleicht beim Schauen des Films auf den Nägeln brannten.

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