NABU: Keine Enteignungen wegen Naturschutzgebiet Hohe Schrecke

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Blick vom Schlachtberg zum Schulzenberg (Hohe Schrecke). Foto: Michael Fiegle/Wikipedia

Jena/Gotha (red/NABU, 4. Februar). Der Freistaat Thüringen plant Anpassungen und Erweiterungen des Naturschutzgebietes „Hohe Schrecke“. Das sorgt derzeit für kontroverse Diskussionen im Norden des Freistaates. Manch Waldbesitzer spricht von Enteignung und Zwang.

Jetzt hat sich der NABU Thüringen zu Wort gemeldet. Dirk Hofmann, Waldexperte und stellvertretender Vorsitzender des NABU Thüringen erinnerte zunächst daran. dass die Hohe Schrecke einer der fledermausreichsten Wälder Deutschlands sei. Laut NABU Thüringen kommen dort 14 Fledermausarten vor. Es wurde sogar eine Fledermausart gefunden, die man vorher in Thüringen noch nicht nachgewiesen hatte – die Nymphenfledermaus.

Die Hohe Schrecke sei aber auch ein Dorado für seltene Käfer. Über 400 Käferarten seien nachgewiesen worden, darunter 20 sogenannte Urwaldrelikarten. Kein Wald in Thüringen weise eine höhere Anzahl dieser speziellen Arten auf: „Bislang ist nur ein Teil der Hohen Schrecke als Naturschutzgebiet ausgewiesen und das, obwohl der gesamte Wald auf Grund seiner besonderen Artenvorkommen schutzwürdig ist“, erklärt Dirk Hofmann, Waldexperte und stellvertretender Vorsitzender des NABU Thüringen. „Die Schutzwürdigkeit haben auch Wissenschaftler nachgewiesen, welche im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes an der Hohen Schrecke zu dem Thema geforscht haben. Zudem trägt die Erweiterung zur naturschutzgerechten Regionalentwicklung bei. Besucherinnen und Besucher suchen nach intakter Natur. Das Label „Naturschutzgebiet“ ist aus touristischer Sicht sehr positiv besetzt – und wird helfen, den sanften Tourismus in der Hohen Schrecke weiter zu fördern.“

Derzeit gibt es in der Region eine heiße Diskussion um die Erweiterung des Naturschutzgebietes. Man spreche von Entmündigung und Enteignung, so Hofmann: „Fakt ist: Niemand ist enteignet worden und wird es auch nicht. Die Flächen, auf denen in Zukunft die Motorsägen ruhen sollen, damit sich ungestört natürliche Prozesse im Wald entwickeln können, werden nur dort ausgewiesen, wo eine freiwillige Mitwirkung des Eigentümers vorliegt“, stellt er klar. Diese Eigentümer seien für den Nutzungsverzicht auf Basis von Gutachten vereidigter Sachverständiger entschädigt worden.

Auf allen anderen Flächen sei die Waldbewirtschaftung unter Berücksichtigung von nur wenigen Naturschutzaspekten weiter möglich. Die wenigen, in den Randbereichen einbezogenen landwirtschaftlichen Flächen – überwiegend Grünland und Streuobstwiesen – würden ebenfalls weiter bewirtschaftet werden wie bisher.

Dirk Hofmann weiter: „Ziel muss es sein, Bewirtschaftung und Naturschutz zusammenzubringen. Die Vorgaben, dass zum Schutz der Fledermäuse und Käfer im Wirtschaftswald sogenannte Biotopbäume stehen bleiben, sollte sowieso selbstverständlich sein und dass im April und Mai zum Schutz von Wildkatzenwürfen keine Baumstämme aus dem Wald abtransportiert werden dürfen, sollte auch kein Problem darstellen. Genauso sinnvoll ist es, ältere Laubbäume zum Schutz von Fledermausquartieren erst ab dem 1. Dezember einzuschlagen und keine gebietsfremden Baumarten mehr anzupflanzen. Eigentlich alles Vorgaben, die in ganz Thüringen umgesetzt werden sollten.“

In Zeiten des Klimawandels und des massiven Artensterbens dürfe man den Wald nicht nur als industriellen Holzproduktionsort sehen, sondern müsse vielmehr seine Multifunktionalität erkennen. „Alle Funktionen des Waldes und insbesondere die Wirkungen auf Klima, Artenvielfalt und Boden, den Wasserhaushalt und die Luftreinhaltung müssen in einem ausgewogenen Gleichgewicht zueinander stehen“, ist Hofmanns Fazit.

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