Frostschutzmittel und Wachs verhindern Kältetod

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Bäume trotzen den heimischen Wintertemperaturen mit unterschiedlichen Überlebensstrategien. Foto: Horst Sproßmann/ThüringenForst

Erfurt (red/hs, 25. Januar). Ein paar frostige Nächte hat dieser Winter insbesondere in den Thüringer Mittelgebirgslagen schon geboten und weitere werden wohl folgen. Müssen wir uns bei frostigen Wintertemperaturen Sorgen um unsere sowieso schon arg gebeutelten heimischen Wälder machen? Können Bäume bei Eis und Schnee erfrieren? Wann sind Bäume besonders frostgefährdet?

Die Landesforstanstalt gibt Entwarnung: „Waldbäume sind nicht so empfindlich, weil sie pfiffige Überlebensstrategien entwickelt haben, um sich vor dem Erfrierungstod zu schützen“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Der häufigste heimische Nadelbaum, die Fichte, verfügt als typischer Baum der nördlichen, kalten bis extrem kalten Breitengrade über ein an derartige Minustemperaturen angepasstes Nadelkleid. Auch der häufigste heimische Laubbaum, die Buche, kann dem Frost weitgehend trotzen, da sie eine sommergrüne Gehölzpflanze ist und über die Wintermonate ihr Blätterkleid abwirft. Am wichtigsten aber: Im Winter reduzieren Nadel- und Laubbäume ihren Wasserhaushalt auf ein Minimum. Und wenn nur wenig Wasser im Baum ist, kann auch kaum etwas gefrieren.

Im Herbst machen sich die Bäume „winterfest“
Bevor Laubbäume wie Buche, Linde oder Eiche im Herbst die Blätter fallen lassen, bereiten sie sich auf den Winter vor. Sie ziehen rechtzeitig Nährstoffe aus den Blättern ab, verlagern diese in den Baum selbst und reichern sie in den Zellen an. Diese Zucker- und Eiweißverbindungen lösen sich im Zellsaft und senken den Gefrierpunkt der Zelle, sodass sie nicht in der Kälte aufplatzen.
Ein Laubbaum schützt sich vor dem Erfrieren folglich ähnlich, wie wir einem wassergekühlten Automotor über den Kühlkreislauf Frostschutzmittel zuführen, damit das Kühlerwasser nicht gefriert und den Motor platzen lässt. Eine geniale Erfindung der Natur.
Nadelbäume haben es hier etwas leichter: Die im Vergleich zum Laubblatt extrem geringen Oberflächen der Nadeln bieten schon physikalisch einen guten Schutz gegen Kälte und Frost. Zusätzlich besitzen die Nadeln in eine schützende Wachsschicht eingebettete kleine Spaltöffnungen, die auch ein Austrockenen des Baumes im Winter verhindern – der Baum schafft sich gleichsam ein Wasserreservoir. Einzig die Lärche, ursprünglich ein Hochgebirgsbaum, wirft ihre Nadeln ab, um sich winterfest zu machen. Ihren weichen Nadeln fehlt eine ausreichend dicke Wachsschicht.

Gegen Früh- und Spätfröste sind einige Baumarten anfällig
Frostschäden treten allerdings auch außerhalb der klassischen Winterzeit auf: nämlich im Herbst und im Frühjahr. Dann versagen bei extremen Temperaturschwankungen die Strategien der Nadel-, vor allem aber der Laubbäume.
So hatten starke Minustemperaturen Anfang Mai 2020 zur größten Spätfrost-Schadfläche seit 1990 im Freistaat gesorgt. Auf den betroffenen 6.500 Hektar Waldfläche waren insbesondere Buchen und Eichen, aber auch Fichten und Weiß-Tannen geschädigt.
Speziell Spätfrostschäden scheinen eine Folge des Klimawandels zu sein: In den Klimaszenarien der Klimaforscher steigen die Frühjahrstemperaturen und die Vegetationsperiode wird immer länger – zugleich bleiben kurzfristige Kälteeinbrüche nicht aus.
Schlechte Aussichten für winterfeste, aber spätfrostempfindliche Baumarten.

 

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