„Ich fühle mich gesegnet“

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Pierce Brosnan hat Theaterwissenschaften studiert und debütierte als Bühnenschauspieler. Die Krimiserie „Remington Steele“ (1982-1986) bescherte dem Iren den internationalen Durchbruch. In vier James Bond-Filmen verkörperte Brosnan zwischen 1994 und 2002 den populärsten aller Geheimagenten. Produktionen wie Roman Polanskis Politthriller „Der Ghostwriter“ oder Susanne Biers Komödie „Love Is All You Need“ künden vom Facettenreichtum des 60-jährigen. In der Nick Hornby-Verfilmung „A Long Way Down“ schlüpft Pierce Brosnan in die Rolle des TV-Moderators Martin, der nach einem Skandal alles verliert und seinem Leben ein Ende setzen möchte. Mit diesem Vorhaben ist er allerdings nicht allein. Ein Gespräch.

Mr. Brosnan, wie würden Sie den Film „A Long Way Down“ einordnen?

Er  ist eine klassische Tragikomödie. Der Film setzt sich mit Selbstmord auseinander und mit Menschen, die zutiefst aufgewühlt sind, die sich verloren fühlen und keinen Halt mehr finden. Das komische Potential ergibt sich aus den Umständen ihres Zusammentreffens. Ich mag Komödien.

Es ist eine echte Herausforderung, an jedem Arbeitstag die Nadel immer aufs Neue einzufädeln und komisch sein zu müssen. Nick Hornby ist ein wunderbarer Autor und auch die Adaption durch Jack Thorne ist gelungen. Schon die erste Seite des Drehbuchs bestimmt den Ton des ganzen Filmes. Da ist dieser Kerl, der gewissermaßen seinen Abschiedsbrief, seinen Abgesang an die Welt vorliest.

Was verleiht Ihnen in schwierigen Momenten Stärke?

Meine Familie, meine Frau. Sie ist mein Polarstern. Ich fühle mich gesegnet, eine neue Lebenspartnerin gefunden und eine neue Familie gegründet zu haben. Ich trage meine Kinder im Herzen und arbeite für dieses gemeinsame Leben, das uns geschenkt wurde.

Ich wurde in Irland katholisch erzogen. Man sagt: einmal katholisch, immer katholisch. Mein eigener Glaube ist ein sehr persönlicher, viele andere Lebensphilosophien spielen mit hinein. Im Endeffekt entflieht niemand dem Herzschmerz, der Trauer und dem Leid dieser Welt. Man muss versuchen, aus jeder Situation das Beste zu machen. Will man im Leben zurechtzukommen, braucht man eine feste Basis und Vertrauen in sich selbst.

Martin soll im Film drei Herzenswünsche äußern. Welche wären Ihre?

Natürlich hatte ich immer den Wunsch, dass endlich eine erfolgreiche Krebstherapie gefunden wird. Das ist in meinem Leben hinreichend dokumentiert. (Anm.: Brosnan verlor seine erste Frau und eine Tochter durch Krebs.) Krebs ist furchtbar, eine schreckliche Krankheit. Es wäre natürlich großartig, einen Wunsch frei zu haben und der Welt dieses Geschenk machen zu können. Und dann möchte ich einfach weiter Filme drehen.

Welches Verhältnis haben Sie zum Ruhm, nach dem Martin süchtig ist?  

Man darf das alles nicht zu ernst nehmen. Man muss sich seinen Humor und einen realistischen Blick auf sich selbst bewahren. Ruhm kommt und geht, er kann sehr hell leuchten und sehr eigenwillig sein, aber auch schön und verführerisch. Und dann kann er sich einfach verflüchtigen. Wenn das geschieht, sollte man auf gute Freunde zählen können, die einen sensibel auffangen.

Haben Sie sich jemals mit einem großen Fehler auseinandersetzen müssen?

Ich habe mir oft eingeredet, dass meine Arbeit nicht gut genug war und ich den Ansprüchen nicht gerecht geworden bin. Heute bin ich ein älterer und weiserer Mann und es kommt seltener vor. Aber als ich jung war, haben mich solche Gefühle aus der Fassung bringen können. Ich habe ihnen zu viel Platz eingeräumt. Die guten Dinge habe ich zu wenig geschätzt und mit den schlechten habe ich mich zu intensiv auseinandergesetzt.

Das habe ich irgendwann überwunden, auch dank einer guten Frau und toller Kinder. Man wird erwachsen und lässt das hinter sich. Man fasst Vertrauen und versucht, etwas Gutes zu schaffen. Man kann nicht immer gewinnen. Diese Tatsache sollte nicht die Vernunft beeinflussen oder das persönliche Glück schmälern.

Wie definieren Sie Mut?

Mutig ist es, wenn man sich in der Konfrontation mit sich selbst eingestehen kann, nicht hart genug gearbeitet zu haben. Mutig ist es, sich den Tiefschlägen und der Härte des Daseins zu stellen, dem Kummer, der Trauer und dem Verlust von Leben. Mutig ist es, an nichts zu zerbrechen.

Es sind solche Dinge, vermute ich. Man muss sich ein offenes Herz bewahren und darf sich nicht abschotten, auch wenn das Leben manchmal grausam ist.

War es für Sie als Schauspieler eine Selbstmordmission, Bond den Rücken zu kehren?

Guter Gott, nein! Ich bin seit meinem achtzehnten Lebensjahr Schauspieler. Und im letzten Mai bin ich in Serbien aufgewacht und war ein 60-jähriger Mann. Ich sitze noch am Tisch und feiere das Leben und die Schauspielerei.

Bond war nur ein Charakter von vielen. Natürlich ist es eine ikonische Rolle, die zu spielen sich in vieler Hinsicht ausgezahlt hat. Sie hat mir erlaubt, meine eigenen Filme zu machen und mir einen Platz auf der internationalen Bühne gesichert.

Ihr nächster Film „November Man“ führt Sie zurück ins Agenten-Genre.

Warum auch nicht? Ich empfinde für Bond nichts als Dankbarkeit. Die Rolle war ein Geschenk, von dem ich bis heute profitiere. Man stürzt sich in die Rolle, gibt sein Bestes und hofft, dass man damit davonkommt. Man ist sich bewusst, dass die Rolle einen mit einem Stempel versieht und man einer sehr kleinen Gruppe von Männern angehört.

Das Spionage-Genre hat mich immer fasziniert. Mit diesem Material beschäftige ich mich seit fünf Jahren. Bill Granger hat die Figur des „November Man“ Peter Devereaux erdacht und ich habe mir die Rechte an seinem Buch gesichert. Wir haben in Serbien gedreht, Roger Donaldson hat Regie geführt.

Haben Sie sich von den Medien immer respektiert gefühlt?

Ich hatte immer eine gute Beziehung zu den Medien. Ich versuche, sie so einfach wie möglich zu halten. Ich feiere die Arbeit und den Moment. Sicherlich kann man Dinge äußern, die irgendwann zurückkommen, um dich zu beißen. Dann sagt man: „Oh mein Gott, so habe ich das nicht gemeint!“ oder „Das ist aus dem Zusammenhang gerissen!“. Ich lese nichts über mich, auch keine Kritiken. Manchmal gerät man in Versuchung. Bei „Mamma Mia!“ sah ein Artikel sehr vielversprechend aus. Aber da stand: „Pierce Brosnan kann keine Note halten“. Wie auch immer. Ich habe zuletzt gelacht.

Welches Verhältnis pflegen Sie zu dem Konzept Hollywood?

Hollywood ist etwas Abstraktes, eine Illusion. Ich bin nur ein arbeitender Schauspieler, das war ich immer. Als solcher gebe ich mein Bestes und versuche, meine Karriere in Gang zu halten. Das mag sich naiv anhören, gründet sich aber durchaus auf lange Erfahrung.

Ich wähle Bücher wie „November Man“ sehr bewusst aus. Es ist einige Zeit zu James Bond verstrichen und die Bühne ist groß genug. Ich möchte auch weiterhin Menschen unterhalten, die meine Arbeit mögen. Und damit mein Geld verdienen.

Sind Sie zu Hause auch witzig?

Ich glaube schon, dass mich meine Familie für recht unterhaltsam hält. Selbst wenn ich versuche, ernst zu sein. In meiner Arbeit war immer auch für leichte Unterhaltung Platz. An den Bond-Filmen mochte ich besonders den Humor, der das Publikum in die Geschichten hineinsog.

Die Fragen stellte André Wesche.