Basketball-Krimi ohne Happyend

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Da war sie wieder mal, die sinnbildliche Frage nach dem Blickwinkel: Ist das Glas nun halb leer oder doch eher halb voll? Letzteres, eindeutig! In diesem Punkt waren sich die Fans der Oettinger Rockets Gotha nach dem gestrigen Basketball-Krimi in der „Blauen Hölle“ einig. Und deshalb gab’s sowohl zum starken Auftakt als auch am bitteren Ende stehende Ovationen für die Gastgeber. Denn die Mannschaft von Head Coach Marko Simic hatte gegen den Spitzenreiter Düsseldorf Baskets eine Klasse-Partie abgeliefert – einzig das Happyend blieb ihr verwehrt. Letztlich behielten die Gäste mit 72:70 (23:39) die Oberhand. (Die Gothaer Internetzeitung berichtete).

„Diese Partie ist ein schmerzhaftes Beispiel dafür, wie nahe Erfolg und Misserfolg manchmal beieinander liegen“, sagte Marko Simic bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Begegnung. Und Gäste-Coach Murat Didin pflichtete ihm bei: „Wir haben heute ein umkämpftes und stimmungsvolles Spiel auf sehr hohem Niveau gesehen, das wir als glücklicher Sieger beendet haben.“

Auf diesen Ausgang deutete zu Beginn der Begegnung jedoch überhaupt nichts hin. Zunächst bestimmten die Rockets eindeutig das Geschehen. Sie legten einen Traum-Start hin. Der glänzend aufgelegte Derek Selvig, mit 19 Zählern und sieben Rebounds bester Gothaer an diesem Tag, lenkte den Tip-Off in die richtige Richtung und erzielte 14 Sekunden später die ersten Punkte der Partie – mit einem Dreier.

Dieser Korb war das Signal zur Attacke und gleichzeitig das unmissverständliche Zeichen dafür, dass die Hausherren die Pleite von Cuxhaven vergessen machen wollten. So markierte der Selvig-Dreier den Auftakt für einen 11:0-Lauf, den die Gäste erst nach 4:29 Minuten stoppen konnten. Dennoch bauten die Rockets, frenetisch angetrieben von etwas mehr als 1000 Fans, die Führung weiter aus. Im zweiten Abschnitt führten sie zwischenzeitlich mit 19 Punkten (30:11 / 13.).

In dieser Phase passte fast alles: Der Einsatz, das Zusammenspiel, die Trefferquote und die Stimmung. Die erreichte noch nie da gewesene Ausmaße, als Trayvon Lathan in kurzer Zeit zwei Angriffe jeweils mit einem Dunking abschloss und kurz vor dem Seitenwechsel noch einen spektakulären Block folgen ließ.

Bemerkenswert ist, dass die Düsseldorfer in diesen kritischen Minuten einfach die Ruhe bewahrten. „Ich wusste, dass wir ins Spiel zurückkommen können“, sagte Trainer-Fuchs Murat Didin, der sein Team in der Halbzeitpause offensichtlich gescheit durch- und wachrüttelte. So kamen die Gäste wie ausgewechselt aus der Kabine. Plötzlich kämpften die Baskets wie die Berserker und bliesen vehement zur Aufholjagd.

Nun waren sie es, die einen 11:0-Lauf hinlegen und somit die Wende einläuten konnten. Marko Simic sagte rückblickend: „Düsseldorf ist sehr aggressiv in die zweite Halbzeit gestartet, so dass uns zwischenzeitlich die Raumordnung abhanden kam.“ Auch das spiegelte sich im Endstand für das dritte Viertel sehr deutlich wider (7:27).

Mehr noch: Just in dieser wichtigen Phase verletzte sich Kapitän Ahmad Smith beim Kampf um den Ball und musste verletzt vom Feld. Erste Diagnose: Dehnung oder Anriss des Innenbandes. Doch dem nicht genug: Unmittelbar nach dieser Szene ging der Spitzenreiter erstmals in diesem Spiel in Führung (46:47 / 39.), ehe Nico Adamczak mit Ablauf des dritten Viertels einen Dreier verwandelte und auf 46:50 erhöhte.

Im Schlussdurchgang warfen die Baskets dann ihre gesamte Routine in die Waagschale. Angetrieben von Gary Johnson zogen sie bis Mitte des vierten Viertels auf 62:53 (35.) davon. Zwar erwischte der US-Spielmacher nicht seinen allerbesten Tag: Aber als es drauf ankam, war er da.

Dennoch: Es spricht für die Rockets, dass sie sich noch einmal ins Spiel zurückkämpften. Zunächst markierte Dmitrij Kreis zwei wichtige Punkte, wenig später konnte Jan Lipke sein Team sogar noch einmal in Führung bringen (67:66 / 38.). Doch die Antwort der Baskets folgte flugs: Gary Johnson war mit einem erfolgreichen Drei-Punkt-Spiel zum 67:69 (39.) zur Stelle. Der Rest war im Kern Millimeter- und ein Stück weit auch Glückssache. Als Sinnbild dafür kann letztlich David Watsons Dreier-Versuch neun Sekunden vor Ultimo herhalten, bei dem der Ball zwischen Ring und Brett klemmen blieb…

„Wir hatten in allen fünf Spielen, die wir bis dato in der ProA absolviert haben, eine reale Siegchance – heute waren wir wieder sehr nah dran“, bilanzierte Marko Simic. „Deshalb bin ich mir sicher: Wenn wir weiter hart arbeiten, dann wird der Knoten bald platzen.“

Derweil richtete der Coach den Blick mit einem weinenden und einem lachenden Auge nach vorne. Ahmad Smith wird nach Lage der Dinge beim Auswärtsspiel gegen seinen ehemaligen Verein, die Kirchheim Knights (Samstag, 27. Oktober / Tip-Off: 19.30 Uhr), pausieren müssen.

Hingegen hat Chase Griffin seine Knieverletzung auskuriert. Er kann am Montag wieder voll ins Training einsteigen und am nächsten Samstag sein Comeback geben.

Unklar ist allerdings, wie lange Power Forward Joleik Schaffrath noch ausfällt. Auch deshalb haben die Rockets in dieser Woche gehandelt und den US-Amerikaner Robbie Jackson verpflichtet. Der 2,13-Meter-Mann ist ein klassischer Center. Er soll dazu beitragen, dass der Aufsteiger künftig mehr Optionen unterm Korb besitzt. Und am Ende einer engen Partie auch mal die Nase vorne hat.

Oettinger Rockets Gotha- Düsseldorf Baskets 70:72 (39:23)

Viertel: 24:11 | 15:12 | 7:27 | 24:22

Oettinger Rockets Gotha: Smith (5 Rebounds / 4 Assists), Watson (14 Punkte / 1 Rebound / 2 Dreier), Niebuhr (1 Rebound), Kreis (2 Punkte), Lathan (6 Punkte / 1 Rebound / 3 Assists / 0 von 1 Freiwurf), Baker (8 Punkte / 6 Rebounds / 3 Assists / 2 von 2 Freiwürfen), Selvig (19 Punkte / 7 Rebounds / 4 Dreier / 2 Assists / 1 von 2 Freiwürfen), Lipke (18 Punkte / 1 Rebound / 1 Assist / 3 von 5 Freiwürfen), Kuppe (3 Punkte / 2 Rebounds / 1 Dreier / 2 Assists)

Zweier Gotha: 17 von 29 (59 %)                              Zweier Düsseldorf: 18 von 41 (44 %)

Dreier Gotha: 10 von 22 (46 %)                               Dreier Düsseldorf: 6 von 17 (35 %)

Freiwürfe Gotha: 6 von 10 (82 %)                           Freiwürfe Düsseldorf: 18 von 21 (86 %)

Rebounds Gotha: 31 (7 Offense / 24  Defense)                     Rebounds Düsseldorf: 28 (11 / 17)

Assists Gotha: 15                                                      Assists Düsseldorf: 9

Turnover Gotha: 21                                                  Turnover Düsseldorf: 15

Zuschauer: 1015