„Die Bürger im Landkreis Gotha leben sicher“

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Kriminaloberrat Torsten Kunze, Leiter der Kriminalpolizeiinspektion und der amtierende Chef der Polizeiinspektion Gotha, Andreas Nuschke präsentierten vor Vertretern der Presse und interessierten Bürgermeistern des Landkreises die Kriminalstatistik des vergangenen Jahres.

Die Polizeiinspektion Gotha ist für knapp 936 qm Fläche und über 137.000 Einwohner im Landkreis und in der Stadt Gotha zuständig. Statistiken dieser Art erfassen die Delikte erst, wenn die polizeiliche Ermittlungsarbeit abgeschlossen ist, so dass es durchaus passieren kann, dass ein 2011 erfolgter Mord erst 2012 in der Statistik auftaucht. Dazu kommt, dass die Statistik auch Fälle aufnimmt, in denen ein Freispruch den Tatverdächtigen entlastet. Grundsätzlich gilt das Tatortprinzip, also am Ort des Verbrechens wird erfasst. Mittlere und schwere Straftaten erfasst die Kriminalpolizei.

Mit knapp 63% Aufklärungsquote liegt die Gothaer Statistik leicht unter dem Thüringer Schnitt von 65%. Erfreulich ist, dass die Anzahl der erfassten Straftaten rückläufig ist, insbesondere im Bereich der Vermögens- und Fälschungsdelikte. Ein leichter Anstieg ist bei Diebstählen rund um das Kfz und im Bereich der Sexualdelikte zu verzeichnen. Die Wahrscheinlichkeit, im Landkreis Opfer einer Straftat zu werden, liegt deutlich unter Bundes- und Thüringentrend. Ein knappes Viertel (24%) der Ermittelten waren weibliche Tatverdächtige und 8,4% aller Verdächtigten waren nichtdeutsche Staatsangehörige.

⅓ der verübten Delikte waren Diebstähle (2392), es folgen sonstige Delikte (1714), Vermögens- und Fälschungsdelikte (1359), Rohheits- und Freiheitsdelikte (1071), Nebengesetze (470), Sexualdelikte (85) und Straftaten gegen das Leben (5).

Zu den fünf verübten Straftaten gegen das Leben zählen ein versuchter Mord und fahrlässige Tötungen durch ärztliche und pflegerische Pflichtverletzung. Spektakulär war der Schuss auf einen Autotransporter auf der Autobahn A4 am 1. Juni 2010. Hier wurde auf die Fahrerkabine geschossen, der Fahrer blieb unverletzt und dennoch zählt dies als versuchter Mord. Das Bundeskriminalamt ermittelt hier wegen 500 ähnlich gelagerten Schüssen, der Täter ist noch unbekannt.

Mit Bedacht muss der Anstieg der Sexualstraftaten bewertet werden. 27 Fälle von Vergewaltigung/Nötigung, 41 Fälle von Missbrauch wurden angezeigt und in 17 Fällen wurde Pornographie verbreitet. In diesem Bereich werden auch zunächst alle Ermittlungen erfasst, auch wenn sich bespielsweise im Nachhinein herausstellt, dass eine Straftat vorgetäuscht wurde. Häufig sind solche Vergehen im familiären Bereich angesiedelt und werden auch bei einem „niedrigen Niveau“ angezeigt.

Raub, Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Freiheitsberaubung zählen zu den Rohheitsdelikten. Abgesehen vom Tatbestand der Bedrohung und vom Raub ist in allen Bereichen gegenüber 2010 ein leichter Anstieg ersichtlich: Raub (gleichbleibend 48), Körperverletzung (717 auf 791), Nötigung (60 auf 90), Bedrohung (130 auf 100) und Freiheitsberaubung (6 auf 8). Wenn hier Straftaten mehrere Tatbestände aufweisen, zählt die Statistik den schwerwiegenderen Fall. Ein Beispiel: Am 22.3.2011 überfiel ein 22-Jähriger Täter ohne festen Wohnsitz mit einem Baseballschläger eine 47-jährige Frau beim Öffnen der Wohnungstür. Um seiner Forderung nach Geld Nachdruck zu verleihen, zerschlug er das Inventar. Bedrohung, Nötigung, Hausfriedensbruch und Raub kämen hier in Betracht. Die Statistik führt den Fall unter Raub. Dank Spürhund wurde der Täter gestellt und zu einen Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt.

Erklärbar ist der Anstieg der Eigentumsdelikte um 6%, von 2258 auf 2392 Fälle. Das betrifft Einbrüche und Diebstähle. Erfolgreich war die Polizei im Bereich des Erfurter Kreuzes. Hier konnte ein Ukrainer auf frischer Tat gestellt werden und wurde für 66 nachgewiesene Delikte (Einbrüche in Einfamilienhäuser, Firmen und Büros) zu  zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dem Täter noch mehr Einbrüche zuzuschreiben sind. Bleibt abzuwarten, ob sich solche Fahndungserfolge 2012 in der Statistik bemerkbar machen.

Schwierig ist die Aufklärung von Diebstählen rund um das Kfz: Die Quote schwankt jährlich nur um die 10 bis 15%. Solche Diebstähle geschehen innerhalb kürzester Zeit und die Ermittler haben häufig nur wenige Ermittlungsansätze. Hier ist vor allem die Bevölkerung laut Torsten Kunze gefragt. Sie sollte mehr darauf achten, im PKW keine Wertgegenstände wie Handy, Geld oder Navigationsgerät offensichtlich liegen zu lassen. 440 Fälle wurde 2011 zur Anzeige gebracht und nur 40 Fälle konnten aufgeklärt werden.

Deutlich rückläufig ist mit 20%, von 294 auf 359, die Anzahl der Vermögens- und Fälschungsdelikte. Diese umfassen Waren- und Kreditbetrug, Urkundenfälschung, EC-Kartenbetrug, Geldfälschung, Veruntreuung, Unterschlagung und Insolvenzstraftaten. Torsten Kunze relativiert jedoch diese Zahlen: „Ich meine, dass sich Delikte dieser Art immer mehr Richtung Internetkriminalität verlagern. Gerade bei geringen Schäden ist hier von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.“ Die rückläufigen Betrugsdelikte geben ihm hier Recht. Aktueller werden Straftaten im Bereich Skimming (zweite Tastaturen auf Geldautomaten) und Phishing (Daten über gefälschte Internetzugänge abfangen). Hier ist die Bevölkerung zu mehr Wachsamkeit und erhöhtem Sicherheitshandeln aufgerufen. Der Wegfall der Vorratsdatenspeicherung im März 2010 führte leider hier zu einer Erleichterung für Täter. IP-Adressen werden nach kurzer Zeit gelöscht, da muss die Polizei schnell ermitteln und handeln. Inbesondere ältere Mitbürger werden immer wieder versucht, über den „Enkeltrick“ zu schädigen. Vermeintliche Familienangehörige erbetteln und erlügen sich Geld.

Spektakulär war ein Fall von Brandstiftung im Kaufland Gotha, der in der Statistik unter den sonstigen Delikten auftaucht, die im Übrigen auch rückläufig sind: Zwei Männer zündeten im Februar 2011 Toilettenpapier im Verkaufsbereich an. Gegen den Älteren, 46-Jährigen wurde Haftbefehl wegen schwerer Brandstiftung erlassen. Das Landgericht Erfurt bringt diesen Fall geringen Schadens zur Anklage. Viele Menschen können durch eine solche Tat ernsthaft gefährdet werden.

Von 983 Sachbeschädigungen wurden 374 aufgeklärt. Insbesondere für Graffiti“künstler brechen schlechte Zeiten an, hier ist die Aufklärungsquote mit über 90% sehr hoch.

Delikte aus dem Bereich der Nebengesetze (Ausländergesetz, Rauschgift, Waffengesetz, Wirtschaft, Tierschutz) sind erfreulich am Sinken. Präsent war der Fall von Vater und Sohn am 18. März 2011, die ihren Hund in der Zisterne zu versenken versuchten. Ihnen wird am 8. Mai am Amtsgericht Gotha der Prozess gemacht.

Rauschgiftdelikte sinken ebenfalls rein statistisch betrachtet. Aber auch hier ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Amphetamine (137 Ermittlungen) und Cannabis (120) führen die Statistik an. Es folgen Sonstige (53) und Ectasy (39). Verschwindend gering sind Heroin und Kokain mit je 3 Anzeigen und LSD wurde nur einmal entdeckt. Ein großer „Wurf“ gelang der Polizei in Waltershausen: Eine professionell betriebene Cannabisplantage brachte die „reiche Ernte“ von 37kg Marihuana, 1400 Pflanzen, 16.000 Euro und 4 Verhaftungen.

Zusammenfassend stellten die Beamten fest, dass das Emsetal mit nur 44 Straftaten der sicherste Ort zum Leben ist, Gotha erreichte 3853 Straftaten. Aber auch hier gilt es, die Statistik statistisch zu betrachten und Einwohner, Fläche, Lebensraum, Nähe zu Fluchtwegen, kriminelles Potential und, und, und … miteinzubeziehen. Andreas Nuschle stellt bereits einsteigend in die Untiefen der Statistik zusammenfassend fest: „Die Bürger im Landkreis Gotha leben sicher“.

In diesem Sinne auf ein friedliches, wachsames und sicheres Miteinander!

Livia Zimmermann