Festvortrag von Christian Holtorf zur Eröffnung der 6. „Gothaer Kartenwochen“

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Mit seinem Festvortrag „Die Bilder der Arktis. Zur Wissensgeschichte von Raum und Zeit“ eröffnet der Wissenschaftshistoriker Christian Holtorf am Montag, 12. Oktober, die 6. „Gothaer Kartenwochen“ im Spiegelsaal der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt. Beginn ist um 18.15 Uhr, der Eintritt ist frei.

Seit dem Mittelalter wurde der Nordpol als imaginärer Fluchtpunkt von Raum und Zeit konstruiert. Manche Kartografen vermuteten in der Arktis warme Gewässer oder Vulkane, andere glaubten, die Pole seien Pforten in das heiße Erdinnere, noch andere, wie Martin Behaim und Gerhart Mercator, zeigten auf ihren Globen und Karten ein eisfreies offenes Polarmeer, in dessen Mitte ein Magnetberg aufragt. Zahlreiche Expeditionen brachen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in die Arktis auf, um die Rätsel um den Nordpol zu lösen. Beteiligt daran war auch der Gothaer Verlag Justus Perthes, der ein wissenschaftliches Zentrum der Nordpolforschung wurde. In seinem wichtigsten Verlagsprodukt, dem Handatlas von Adolf Stieler, wurden zwischen 1817 bis 1945 in insgesamt elf Auflagen auch die unterschiedlichen Bilder der Arktis und der Wandel der historischen Wahrnehmung der Pole dokumentiert. Heute schließlich ist die schmelzende Arktis zu einer Ikone des Klimawandels geworden – die Geschichte ihrer Bilder hat eine neue Aktualität gewonnen. Prof. Dr. Christian Holtdorf wird in seinem Vortrag den seit dem Mittelalter sich beständig wandelnden Bildern des Nordpols nachgehen und diesen als ein historisches Medienprodukt deuten.

Holtorf ist Professor für Wissenschaftsforschung und Wissenschaftskommunikation an der Hochschule Coburg und derzeit Gastwissenschaftler am Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt. Der Historiker und Kulturwissenschaftler arbeitete zuvor als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag und als Abteilungsleiter im Deutschen Hygiene-Museum Dresden. 2010 war er Fellow der Smithsonian Institution in Washington D.C. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Kultur- und Wissensgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, gerade arbeitet er an einem Buch über die Arktis. 2013 erschien seine Monografie „Der erste Draht zur neuen Welt. Die Verlegung des transatlantischen Telegrafenkabels“ im Wallstein Verlag.

Im Anschluss an den Eröffnungsvortrag lädt der Freundeskreis der Forschungsbibliothek Gotha e.V. zu einem Empfang ein.

(Beitragsbild: Adolf Stieler, Polarkarte, revidiert, nachgetragen und neu gestochen, Blatt 41b des Stieler Hand-Atlas, Gotha: Justus Perthes 1850. Foto:Universität Erfurt/Forschungsbibliothek Gotha)