In Bonifatius´ Fußstapfen

0
1161

Seit einigen Wochen gibt es wieder Mönche im Thüringer Wald. Metropolit Severius, Pater Johannes und Pater Isa machen aus dem ehemaligen Ferienort in Altenbergen ihr neues Zuhause. Und wollen damit auch eine Zufluchtsstätte für die Menschen in ihrer Umgebung schaffen.

Seit dem 15. März bewohnen die drei syrisch-orthodoxen Mönche das Bungalowdorf, das dem DDR-Betrieb Lufttechnik und bis Anfang des Jahres zahlreichen Touristen als Urlaubsort diente. „Wir fühlen uns hier schon richtig zuhause“, sagt Metropolit Severius, der Vorsteher des Klosters.

Die Bauten am Ortsrand von Altenbergen erscheinen auf den ersten Blick ungewöhnlich für ein Kloster zu sein. Aber die neuen Besitzer haben viel Kreativität bei der Planung und dem Umbau bewiesen. Aus einem Bau mit Einzelzimmern wird die Kirche, ein Aufenthaltsraum dient derzeit als Kapelle, ein weiterer wird zur Bibliothek. „Wir müssen vieles komplett erneuern, um aus dem DDR-Charme eine freundliche Atmosphäre zu schaffen“, entschuldigt sich Sverius. Bis Ende des Jahres soll der Umbau fertig sein, die Pläne dafür werden am 21. April offiziell vorgestellt.

Aber „wir investieren das Geld lieber in die Menschen, als in Steine“, sagen die Mönche. Nicht nur sie, sondern auch die Besucher sollen sich hier wohl fühlen, denn viele der Bungalows sind für Familien im Urlaub, für Pausierer oder Christen aus aller Welt gedacht. Dabei liegt Metropolit Severius vor allem die Seelsorge am Herzen. Er hofft, dass Eltern und Kinder hier wieder zueinander finden und Menschen in sich gehen können. Die Nähe zu den Mönchen bei gemeinsamen Mahlzeiten und Gebeten können sie dabei gern suchen, müssen sie aber nicht, betont er.

Die Heimat des syrisch-orthodoxen Christentums ist der Orient und bis zu dem Massenmord der Türken im 1. Weltkrieg an den Christen des Landes blieb es das auch. Seit den 1960er Jahren kamen immer mehr religiöse und politische Konflikte im Irak, aber auch in Syrien hinzu, die Auswanderung begann. Heute leben etwa 70.000 syrisch-orthodoxe Christen in Deutschland.

Der 30 Jahre alte Severius lebt seit seinem 17. Lebensjahr im Kloster, mit 20 wurde er Bischof, mit 26 Metropolit, was der Stellung eines katholischen Kardinals entspricht. Die Entscheidung dazu traf er selbst. „Meine Familie ist religiös, aber auch sehr liberal“, sagt er. Ihre Offenheit für die deutsche Kultur führte zu der Einstellung des Sohnes gegenüber seiner Religion. Bis 2008 war die syrisch-orthodoxe Kirche in Deutschland unter einer Hauptdiözese mit Sitz in Warburg vereint. Diese fürchtete um die Gemeinschaft ihrer Mitglieder, verpönte Mischehen und Anpassung. Im Gegensatz dazu sprach sich der Metropolit für eine Liberalisierung aus und gründete damit einen neuen Zweig der Kirche. „Wir müssen uns integrieren und Teil der Gesellschaft sein, uns auf die europäische Kultur und Sprache einstellen.“ Eine Spaltung der syrisch-orthodoxen Kirche gab es deswegen aber nicht. Die Zusammenarbeit geht weit, nur ohne gemeinsame Verwaltung.

Die Öffnung funktioniert, Severius konnte neue Mitglieder aus den europäischen, aber auch nord- und südamerikanischen Ländern gewinnen. Trotzdem liegt der Anteil jener syrisch-Orthodoxen, die ihre Religion aus der familiären Tradition übernommen haben, noch immer bei über 90 Prozent.

Gerade die Abgeschiedenheit von Altenbergen gefällt den Mönchen besonders gut für das Zentrum der neuen syrisch-orthodoxen Diözese. Dessen Ansiedlung hier ist auch dem Zufall zu verdanken. „Nach Objekten in Würzburg, Worms und Aschaffenburg wollten wir etwas in der Mitte Deutschlands, im Grünen Herzen.“ Deswegen hat der Metropolit eine Anzeige aufgegeben – und die ehemaligen Besitzer antworteten.
Auf die Frage nach der Nachfolge des Bonifatius lacht er. „Geplant war das nicht.“ Nach Gesprächen mit Nachbarn und Pfarrern in der Umgebung sagte Uwe Oßwald, der Bürgermeister von Leinatal, zu ihm, es sei schön wieder ein Kloster zu haben. Mit der Fürsorge und der Zusammenarbeit mit den Verwaltungen anderer Kirchen, könnten sich die syrisch-orthodoxen Mönche in den Fußstapfen des Bonifatius sehen. Der Vater der Christianisierung gründete bereits 724 die erste Kirche Thüringens in der unmittelbaren Nähe und 725 das erste Kloster in Ohrdruf.

Die Reaktionen auf die Mönche waren bisher nur positiv, berichten sowohl Severius als auch Oßwald. „Wir wurden sehr herzlich aufgenommen.“ Ein Termin bei Gothas Bürgermeister Kreuch am zwölften April soll diese Tendenz fortsetzen. Die Hoffnung auf gute Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe beim Dienst am Menschen begleitet den Termin. Auch zu den anderen Kirchen sollen gute Kontakte herrschen. In ihrem Glauben an Jesus sind sie alle gleich, nur die Umsetzung differiert. Die apostolischen Kirchen, also der Katholizismus und die orthodoxen Richtungen, haben die gleichen Sakramente, gleiche Strukturen und den gleichen Aufbau. Der Unterschied sind die Dogmen und die individuellen Aspekte. Diese schreibt der Metropolit besonders groß. „Die aktuellen Tendenzen zur Esoterik begründen sich in dem neuen Bedarf nach Halt und Sicherheit.“ Diese seien aber in den spirituellen Richtungen nicht zu finden, sagt der Metropolit. Nur eine Religion mit festen Strukturen könne das bieten. „Für uns stehen die Menschen im Mittelpunkt und nicht die Dogmen“, sagt er und glaubt, dass hier auch das „Problem der Katholischen Kirche“ liegt.

Im Moment wirkt das Kloster recht leer. Noch dieses Jahr werden aber weitere Bewohner folgen und auch die ersten Urlauber – eine katholische Familie – haben sich bereits angekündigt. Der Metropolit wünscht sich ein volles Kloster, mit Gästen aus aller Welt, Mönchen und auch Nonnen. Mit ihnen könnte man zusammen beten und arbeiten. Die syrisch-orthodoxen Mönche stehen den Idealen der Benediktiner sehr nahe. Es gibt kein Schweige- oder Armutsgelübde, der Glaube und die Gemeinschaft sind wichtig, innerhalb wie außerhalb der – nicht vorhandenen – Klostermauern.

Der bisherige Schwerpunkt der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland sind Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Mit dem Kloster in Altenbergen sollen nun auch die Menschen im Osten die Kirche kennenlernen können. Aus diesem Grund übersetzen die Mönche auch ihre aramäische Liturgie und ihre Lieder ins Deutsche. Denn Aramäisch sprechen nur noch etwa eintausend Menschen weltweit und das ist der Offenheit der neuen religiösen Richtung nicht gerade dienlich.

Besucher und Interessierte brauchen keine Berührungsängste zu zeigen. „Jeder ist herzlich eingeladen“, betont der Metropolit immer wieder, „als Gast und gern auch als Helfer“. Das soziale und religiöse Engagement sollen dabei von größter Bedeutung sein. Die Unterstützung politisch Verfolgter ist für ihn zwar auch ein Thema, im Vordergrund stehen aber im Moment die deutschen Gemeinden. Severius ist in Deutschland geboren und hat nie Ausgrenzung erfahren, sagt er. Trotzdem ist ihm bewusst, dass die Christen nach der Statistik der Hilfsorganisation Open Doors wieder die am stärksten verfolgte religiöse Gemeinschaft der Welt sind. Zusammen mit der Organisation soll auch das zum Thema der Gespräche mit Politikern und religiösen Oberhäuptern werden. Am 21. April um 18 Uhr bietet sich aus diesem Grund für jeden Neugierigen die Möglichkeit, Severius, Johannes und Isa, ihr Kloster, ihren Glauben und ihre Pläne selbst kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Nähere Informationen und eine Wegbeschreibung finden Sie auf: www.syrorthodoxchurch.com.