Jenaer Professor informiert über Gesundheitsversorgung junger Erwachsener

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Wenn junge Patienten erwachsen werden: Neue Konzepte für die Überleitung von der Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin werden diskutiert / „Transition“ ist ein Schwerpunkt der Tagung

Krebs bei Kindern ist immer öfter heilbar, aber Rückfälle können auch im Erwachsenenalter auftreten. Mit modernen Therapien erleben es immer mehr Kinder, beispielsweise mit Herzfehlern oder mit anderen schweren angeborenen Erkrankungen, erwachsen zu werden. „Diese Erfolgsgeschichten entstammen hochspezialisierten klinischen Entwicklungen in der Kinder- und Jugendmedizin. Eine Folge ist nun, dass inzwischen jedes Jahr 120.000 dieser Patienten mit dem Erreichen des Erwachsenenalters nun auch Erwachsenenmediziner für die anspruchsvolle Versorgung suchen“, erklärt Prof. Dr. James Beck, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Jena (UKJ). Das Stichwort heißt „Transition“ und wird ein Schwerpunktthema der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin in Leipzig sein. Prof. Beck ist in diesem Jahr Präsident der Tagung.

Er schildert beispielhaft eine typische Situation: „Calvin ist 21 Jahre alt und hat Mukoviszidose. Diese angeborene Erkrankung betrifft vor allem die Lunge, den Darm, die Leber und die Bauchspeicheldrüse und führte früher bereits im Kindesalter zum Tod durch Lungenversagen. Heutzutage liegt die Lebenserwartung bei etwa 40 Jahren. Bis Calvin 20 Jahre alt war wurde er in dem Mukoviszidosezentrum eines Zentrums für Kinder- und Jugendliche betreut. Nun hat er sich in die Obhut eines Internisten begeben, der sich auf Lungenerkrankungen spezialisiert hat. Seit Tagen hat er heftige Bauchschmerzen und fragt sich, welcher Arzt ihm helfen kann, denn er weiß, seine Bauchprobleme als Mukoviszidosepatient unterscheiden sich von denjenigen, die internistische Gastroenterologen täglich sehen. Dann ist auch sein Diabetes nicht mehr gut eingestellt und er hat stark abgenommen. Aufgrund vieler Wechselwirkungen seiner Erkrankung und seiner Medikamente bedarf es der guten Absprache unter den Spezialisten. Früher lag alles in einer Hand in einem Zentrum der Kinder- und Jugendmedizin. Jetzt muss Calvin selber den Überblick behalten. Dabei ist er doch noch mit dem Erwachsenwerden beschäftigt.“

An diesem Beispiel werde deutlich, so Beck, dass der Übergang von Heranwachsenden mit chronischen Erkrankungen von der Betreuung in speziellen Zentren der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin oft mit Problemen behaftet ist. Die noch sehr jungen Erwachsenen haben gerade erst angefangen, sich auf ihr Leben als Erwachsener einzustellen, befinden sich noch in einer Übergangsphase, in der typischerweise die Krankheitseinsicht gering ist und daher das Risiko für eine gesundheitliche Verschlechterung durch einen Arztwechsel besonders hoch ist. Beck: „Der Verlust der vertrauten Umgebung, die andere Sprache des Erwachsenenmediziners, das andere Herangehen der Erwachsenenmediziner an eine Krankheit und die weniger umfassende und weniger untereinander abgestimmte Versorgung erschwert die Weiterbetreuung, die gerade bei diesen Patienten so wichtig ist.“

Die Überleitung der Patienten gelingt bisher am besten bei Patienten mit gut bekannten chronischen Erkrankungen, wie Diabetes mellitus und Asthma bronchiale. Hiervon abzugrenzen sind Patienten mit chronischen Erkrankungen, für die nur einzelne Erwachsenenmediziner Erfahrung besitzen, wie die Mukoviszidose. Dagegen gibt es in der Erwachsenenmedizin sehr wenig Expertise für schwere angeborene Erkrankungen, die weltweit nur in Einzelfällen auftreten und die bisher fast auch nur durch kinderärztliche Spezialisten versorgt werden.

Die Frage ist, wie diese jungen Patienten mit ihren speziellen Erkrankungen und komplexen Anforderungen nachhaltig in die Erwachsenenmedizin aufgenommen werden können? Die verschiedenen medizinischen Berufsgruppen erarbeiten jetzt nachhaltige Konzepte, damit der Übergang immer besser gelingt.

 

Prof. Dr. James Beck rückt 2014 das Thema „Transition“ besonders in den Mittelpunkt: Als diesjähriger Tagungspräsident des deutschen Kinder- und Jugendärztekongresses konzipiert er ein umfangreiches wissenschaftliches Programm zum Schwerpunktthema „Transition“. Mehr als 3.000 Kinder- und Jugendärzte werden vom 11. bis 14. September in Leipzig zusammenkommen, um sich fortzubilden und über die aktuelle Forschung auszutauschen.

Das Programm und alle Informationen zur 110. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gibt es online unter www.dgkj2014.de