Kirmesvorbereitungen in Wechmar auf der Zielgeraden

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Kaum ist eine Woche nach dem Volksschauspiel „Kirchendonner um Sankt Viti“ ins Land gezogen, da steht der Wechmarer Sankt Viti Kirche bereits ein neues schönes Ereignis bevor. Timm Dressler, Michel Czapp, Daniel Koch und Michael Schack aus Wechmar sind mit weiteren zwei Burschen und ihre Bräuten auf den Wechmarer Heimatverein zugekommen, um mit den erfahrenen Gestaltern historisch originaler Feste die Wechmarer Kirmes durchzuführen. Wolfgang Herz, der 2.Vorsitzende des Vereins sagte sofort zu, die jungen Leute zu unterstützen und seit dem letzten Wochenende stehen die jungen Leute im Kirmes-Fieber, um für Samstag, den 13. Oktober 2012 einen zünftigen Kirmesball vorzubereiten, der am Sonntag mit dem Festgottesdienst und dem Kirmesschmaus seinen  Abschluss findet.

Die Tradition der Wechmarer Kirmes
Die Kirmes oder Kirchweih zählt in ihrer Originalität zu den wichtigsten Festen im Jahresverlauf und ist sehr oft mit wunderschönen Traditionen verbunden. Dazu zählen nach der Wahl der Kirmesbräute durch die jungen Burschen eines Dorfes, insbesondere die Ausgestaltung des Festsaales, das Binden von Kränzen, die Auswahl der Tannen vor den Häusern und die Einhaltung der Kirmesgesetze.

Die Kirmes in Thüringen wurde stets an dem Tage gefeiert, an dem der Bau der Ortskirche geweiht worden ist, war der Tag nicht genau feststellbar, so wählten die jungen Burschen meist einen Tag im Herbst, denn nur im Herbst hatte der Bauer freie Zeit, wenn die Ernte in der Scheune lag und gesichert schien, dass man im Winter nicht hungern musste.
Stets sind zur Kirchweih auch die nahe und entfernte Verwandtschaft aus der Stadt eingeladen worden, die sich tierisch auf die Einladung freute, war nicht mit ihr ein großer Kirmesschmaus und ausgelassenes Feiern, auf Kosten der Kirmesleute verbunden. So ist es erklärlich, dass vor der Kirmes das erste Schwein geschlachtet und den Gästen als Schmaus angeboten werden konnte.

Für Wechmar war es im 20. Jahrhundert typisch, dass die Kirchweih gleichzeitig im Salon des Gasthofes zum weißen Ross (heute Gemeindesaal), auf dem Tanzboden der Gemeindeschänke (heute Hotelzimmer im „Goldenen Löwen“) , im Saal des Gasthauses „Zum Schwan“ (2005 abgebrochen in der Querstraße) , in der Gaststätte „zur guten Quelle“ (Wohnhaus in der Brückenstraße) und auf dem Schützenhof (am Sportplatz) gefeiert worden ist.

Die erste Wechmarer Kirchweih
Wann diese genau war, kann heute keiner mehr sagen! Die Sankt Viti Kirche zu Wechmar ist am 7. November 1843 durch den Ohrdrufer Superintendenten Ernst Karl Bach, ein Mitglied der berühmten Musikerfamilie Bach, eingeweiht worden.
Deshalb ist in Wechmar ursprünglich der 7.November der Tag, an dem man Kirchweih zu halten hatte. Im 20.Jahrhundert verlagerte sich der Tag immer mehr in die Mitte des Monats Oktober und erst recht, als seit fast vierzig Jahren am 11.November Faschingsauftakt gefeiert wird, haben die Wechmarer ihren Kirchweihtag in den Oktober verlagert.

Das heutige gewaltige Wechmarer Kirchbauwerk stellt bereits die dritte Wechmarer Kirche dar. Durch Bodenfunde konnte belegt werden, dass auf der Stelle der heutigen Kirche, einem Plateau hoch über dem Dorf und weit entfernt von der Apfelstädt, die früher immer das Dorf  mit Hochwasser überschwemmte, bereits in den Jahren 770 bis 786 das Kloster Hersfeld in „villam wehemare“ einen befestigten Königshof als militärischen Stützpunkt besaß. Hier kehrten am 2. Juli 975 Kaiser Otto II. jeweils mit riesigem Gefolge zum Hoftag und am 7.Februar 1086 Kaiser Heinrich IV. zum Gerichtstag ein. Damit können wir davon ausgehen, dass bereits im Jahre 975 eine Kirche in Wechmar stand, wenn es auch darüber bisher keine Urkunden gibt.

Im Thüringer Erbfolgekrieg kommen 1296 die Truppen des Kaisers Adolf von Nassau durch Wechmar, sie verwüsten das Dorf und die Kirche. Damit wird vor 716 Jahren erstmals eine Kirche in Wechmar urkundlich erwähnt. Ein Schicksalstag im Leben der Kirche war der 8.Juli 1450 als die Truppen des Kurfürsten Friedrich von Sachsen und seines Bruders Herzog Wilhelm von Sachsen im „Thüringer Bruderkrieg“ bei Wechmar ihre Heerstatt errichteten und das gesamte Dorf in Brand steckten. Die Kirche die zuerst als Pferdestall nutzen, bevor sie teilweise ein Opfer der Flammen wird.

Damit war die Kirche durch Raub, Plünderungen und Brände im Jahre 1467 so baufällig dass sie nur noch abgerissen werden konnte und man baute gegen große Widerstände in der Bürgerschaft ein neues, viel größeres Bauwerk, dass rund 600 Menschen Platz bot. Durch mehrfache Umbauten, große Risse im Fundament und viele Stützpfeiler sowie einen Turmbrand im Jahre 1817 durch Blitzschlag, war das Gotteshaus im 19.Jahrhundert so beschädigt, dass es ebenfalls nicht erhalten werden konnte. 1836 musste die Kirche geschlossen werden und am 10. Oktober 1841 konnte der Grundstein zur heutigen Kirche gelegt werden, die sprichwörtlich in nur zwei Jahren Bauzeit nach dem Plan des Landbaumeisters Kühn errichtet worden ist.
Während der Bauzeit ist der Gottesdienst in einer Behelfskirche abgehalten worden, denn die Kirchgemeinde Wechmar kaufte die abgebaute Gottesackerkirche in Ohrdruf und ließ diese mittels geschickter Zimmerleute im Garten des Volgstädtischen Gutes (heute Kindertagesstätte Wichtelburg) errichten. An wen diese Kirche 1843 verkauft worden ist, oder ob man sie als Brennholz nutzte, ist leider bis heute nicht bekannt.

Brauchbare Bauteile wurden geborgen und in der heutigen Wechmarer Kirche wieder verwendet. So sind noch heute die Grabplatten von Pfarrer Johann Kremer (gestorben 1505) und von Pfarrer Michael Sachse (gestorben 1618) im Rundbau der Kirche zu finden. Bereits im Eingang der Kirche hängt ein Kruzifix, dass 1467 in einer Jenenser Werkstatt für die Wechmarer Kirche gefertigt worden ist. Alle drei bisherigen Wechmarer Kirchen waren dem heiligen Veit, dem Schutzpatron gegen Feuer und Blitz gewidmet. Seine Kraft schien jedoch nie stark genug gewesen zu sein, denn Brandspuren trugen beide alten Kirchen.

Historische Wechmarer Kirmes 2012
Bereits im Jahre 2011 hatte der Wechmarer Heimatverein junge Burschen aufgerufen, das Brauchtum der Kirmes nicht verkommen zu lassen, denn wo keine Kirmes mehr im Dorfe, da fehlt Leben und Zusammengehörigkeit im Ort. Und so kamen sechs junge Burschen zusammen, die auch 2012 die Historische Wechmarer Kirmes, ohne Disko, ohne Sauferei bis zum Koma durchführen wollen.

Sie haben noch vier Wochen Zeit und bis dahin gibt es vieles vorzubereiten, da muss nicht nur Kirmeswalzer und Kirmestanz gelernt werden, da gehört es dazu, dass man die Kirmesgesetze beherrscht, sich um Tannen für Saal und Gasthäuser kümmert, mit den Wirten Absprachen trifft, die Musik bestellt, die GEMA anmeldet, Plakate aushängt, die Presse informiert, den Kartenverkauf organisiert, die Saalausschmückung bespricht und an tausend kleine Dinge denkt, bevor es endlich heißt „Kirmes ist im Dorfe“.

Am Samstag, den 13. Oktober 2012, um 20 Uhr startet der Kirmesball auf dem Wechmarer Gemeindesaal. Dabei bieten die Kirmesleute ein kleines Programm mit Liedern und Tänzen, es gibt die beliebten Extratouren und die Tanzkapelle „Format“ spiele alte und junge Weisen zum Tanze auf dem Kirmesboden.

Am Sonntag, den 14. Oktober 2012 schreiten Kirmesgesellschaft und Lux um 11 Uhr zum Gottesdienst in die Sankt Viti Kirche. Gegen 12 Uhr ist Einkehr im Gemeindesaal, wo Wirtin Martina Schettler recht herzlich einlädt zum Kirmesschmaus, hier kann jeder für 10€ einen ordentlichen Kirmesbraten verzehren.

Karten für den Kirmesball am Samstag zum Preis von 8,50€ sind im Landhaus Studnitz, im Bach-Stammhaus und den Blumengeschäften in Wechmar erhältlich sowie die Restkarten an der Abendkasse.

Karten für den Kirmesschmaus am Sonntag zum Preis von 10,00€ sind im Landhaus Studnitz erhältlich.

Foto von Lutz Ebhardt: Die alte Kirmesgesellschaft 2011