Klimarahmung für die Gothaer Cranach-Gemälde in Vorbereitung der Cranach-Ausstellung

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Die Vorbereitungen für die Ausstellung „Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation“ im Herzoglichen Museum laufen auch im Hintergrund auf Hochtouren: Die Cranach-Gemälde erhalten eine sichere, moderne Klimarahmung.

Ein Haufen Sägespäne liegt in der Kirchgalerie auf Schloss Friedenstein am Boden, an den Wänden stehen Glas-, Holz- und Plastikpaletten und offene Koffer mit Werkzeugen darin, mittendrin eine kleine Werkbank. Die hat Thomas Holzhauer bei Auswärts-Aufträgen immer dabei. Der Schreinermeister hat sich auf Klimarahmung spezialisiert.

Bevor die Cranach-Gemälde im Herzoglichen Museum in der großen Ausstellung „Bild und Botschaft. Cranach im Dienst von Hof und Reformation“ neu präsentiert werden und anschließend auf Reisen gehen, versieht Holzhauer sie mit einer Klimarahmung.

Die in Öl auf Holz gemalten Bilder sind sehr klimaempfindlich und werden deshalb in eine „Klimavitrine“ eingeschlossen, „in der ein konstantes Klima, aber vor allem eine konstante Luftfeuchte von 50 bis 60 Prozent herrscht“, erklärt Holzhauer, „besonders wichtig bei Ausleihen und dem damit verbundenen Transport.“ Denn bei einem Klimawechsel kann es sonst zu massiven Schäden an den Gemälden kommen: „Die Holztafeln könnten sich wölben oder ganz und gar reißen“. Im schlimmsten Fall führt das zu Rissen in der Malschicht – das Gemälde beginnt zu bröckeln. Früher stellte man deshalb Tafelgemälde in einer Art luftdichten Glaskastens aus. Aber die Glaswand trennte Betrachter und Gemälde und vergrößerte den Abstand.

Aufbauend auf einer luft- bzw. dampfdichten Rahmungsmöglichkeit, die der Däne Jorgum Wadum entwickelte – der „Wadum᾽schen Verglasung“ –, hat Holzhauer gemeinsam mit Hans Brammer, dem früheren Chefrestaurator der Gemäldegalerie Alte Meister auf Schloss Wilhelmshöhe in Kassel, eine eigene Methode entwickelt.
Er bringt einen zweiten selbstgebauten Rahmen auf der Rückseite des eigentlichen Bilderrahmens an und vergrößert dadurch die Originalrahmen der Gemälde. Dieser zweite Rahmen, die „Klimavitrine“, ist so angefügt, dass das Gemälde zusammen mit ihm in den Originalrahmen passt. Die Besucher merken also beim Betrachten der Tafel den Klimaschutz nicht einmal.

Der komplexe Vorgang erfordert große Genauigkeit und zahlreiche Arbeitsschritte: Thomas Holzhauer holt das Gemälde aus seinem Rahmen, berechnet die Maße, besorgt das entsprechende klimagerechte Glas mit UV-Schutz und bereitet weiteres Material vor.
Zurück im Schloss, baut er „Abstandsleisten“ – Holz, mit Filz überklebt –, damit das Glas nicht auf dem Gemälde aufliegt. Diese Abstandsleisten werden dem Originalrahmen farblich angepasst und verleimt. Während sie trocknen, baut der Schreiner den zusätzlichen („aufgedoppelten“) Rahmen, den er ebenfalls farblich anpasst und auf der Rückseite des alten Rahmens anbringt.
Nach diesen Arbeitsschritten wechselt Holzhauer in einen für Tafelgemälde ideal klimatisierten Raum, um dort die Tafel in den neuen Rahmen einzupassen – „nur so befindet sich dann in dem fertigen Klimarahmen dasselbe optimale Klima“, so Holzhauer mit Blick auf das Thermometer im Raum, das immer wieder überprüft werden muss.

Vor der Einrahmung wird der gesamte neue Holzrahmen (der Originalrahmen zusammen mit dem verschraubten neuen Rahmen) von hinten und innen mit Aluminium beklebt. Das Aluminium trennt das Gemälde vom umgebenden Holz, so dass das Holz die Luftfeuchte nicht beeinflusst.
Als Nächstes passt Holzhauer das Glas in den Rahmen ein, danach positioniert er das Gemälde im Rahmen und befestigt es mit biegsamen Bildklammern und Kork. Ein letzter prüfender Blick – gibt es noch Staubspuren, Dreck oder Fingerabdrücke auf dem Glas, sitzt das Gemälde richtig im Rahmen? –, dann bringt er den doppelwandigen Schutz auf der Rückseite an, der das Gemälde mit dem richtigen Klima umschließt und keinen weiteren Luftaustausch zulässt.

Und was bedeutet es für den Schreinermeister, alte Gemälde klimasicher zu rahmen, wie kam er darauf? Es ist der Umgang mit so alten und wertvollen Gemälden wie den Gothaer Cranachs, der ihn freut. „Es darf nicht jeder so nah an solche berühmten Gemälde heran“, lächelt Holzhauer. Gerade die Cranach-Gemälde faszinieren ihn besonders: „Ich schaue mir sehr gern die vielen kleinen Details in seinen Werken genauer an. Es ist Wahnsinn, wie man so etwas malen kann wie ‚Die Belagerung von Wolfenbüttelʻ. Da staune ich wirklich immer wieder.“
Die fantasievoll ausgeführten Figuren von Tod und Teufel auf Cranachs Gemälde „Verdammnis und Erlösung“ gefallen ihm am besten. Aber auch die vielen kleinen historischen Spuren auf den alten Rahmen erzählen Geschichten über das Schicksal der Kunstwerke.