Modell „Regelstudienzeit“ regelt an der Realität vorbei

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Sechs bis acht Semester, das ist die in Deutschland genormte Regelstudienzeit für den Bachelor, zwei bis vier gibt es für den Master. Wie lange genau, können die Hochschulen recht frei festlegen. Was aber, wenn mal wer länger braucht? Dafür halten Staat und Hochschulen ein buntes Sammelsurium an Maßnahmen bereit. 

Studieren kostet, das ist kein Geheimnis. Länger studieren als Politik und Hochschulen sich das vorstellen, kostet noch mehr. Beim Überschreiten der Regelstudienzeit gibt es eine Menge vor allem finanzieller Hürden: „Als erstes ist das Geld weg. Das BAföG geht mit Überschreitungen der Regelstudienzeit sehr restriktiv um. In Thüringen flattert dann auch mal schnell der Bescheid ins Haus, dass die Hochschule eine*n loswerden will – der Exmatrikulationsbescheid ist da. Und wenn der nicht eintrifft, dann kommt der Langzeitstudienbescheid. Zwar gibt es Regelungen, diese Sanktionen heraus zu zögern, aber häufig sind diese an der Realität von Studierenden vorbeikonstruiert“, konstatiert Mandy Gratz, Sprecherin der KTS.

Als wären diese Sanktionen für die, die betroffen sind, nicht schon schlimm genug, ist der Begriff „Regelstudienzeit“ völlig irreführend: „Es wird davon ausgegangen, dass die Hochschulen rechtsverbindlich wissen, wie lange Studierende bis zum Abschluss brauchen. Tatsächlich aber schafft das je nach Hochschule nicht mal jede*r zehnte Student*in – von einer Regelzeit kann also nicht die Rede sein. Anstatt aber das Problem mit den Sanktionen anzugehen, wird die Verantwortung hin- und hergeschoben: Die Politik sieht die Hochschulen in der Pflicht, diese wiederum finden ‚ein bisschen länger studieren nicht weiter schlimm‘ und kümmern sich nicht. Dass die Regelstudienzeit eigentlich den Studierenden einen sicheren Zeitrahmen geben soll, interessiert scheinbar keinen mehr“, kritisiert Arne Nowacki, ebenfalls Sprecher der KTS.

Die Probleme, die durch die Annahme der Regelstudienzeit entstehen, sind also für eine Mehrheit der Studierenden sehr real und keineswegs die Ausnahme, die die Regel bestätigt. „Klar ist, dass die derzeitige Gesetzeslage völlig an der Realität vorbeigeht. Sicher ist ein Anspruch auf eine definierte Studiendauer der Studierenden gegenüber den Hochschulen sinnvoll, diesen aber mit Sanktionen gegen die Studierenden zu versehen ist zynisch. Als Erste-Hilfe-Maßnahme fordern wir vom Land Thüringen ganz klar die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren und ein Ende der an die Studienzeit gekoppelten Prüfungsansprüche. Danach müssen wir an das Konstrukt „Regelstudienzeit“ an sich herangehen“, schließt Gratz.

Die Konferenz Thüringer Studierendenschaften ist die gesetzliche Vertretung der Studierendenschaften Thüringens. Sie vertritt die über 50.000 Studierenden der neun Hochschulen Thüringens gegenüber dem Freistaat Thüringen. Beachten Sie auch unsere Wahlprüfsteine unter http://kts-thueringen.de/index.php/landtagswahl-2014/wahlpruefsteine/studierbarkeit-wahlpruefsteine-landtagswahl-2014#Bafoeg