Opiumpfeife, Kajak und falscher Schrumpfkopf – Erwerbungen für die Ethnologische Sammlung im 19. und frühen 20. Jahrhundert

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Seit Jahren bietet der Freundeskreis Kunstsammlungen Schloss Friedenstein Gotha e.V. in den Wintermonaten die Reihe der Schlossgespräche an, die in Zusammenarbeit mit der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha und der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten stattfindet.

Mit  „Opiumpfeife, Kajak und falscher Schrumpfkopf – Erwerbungen für die Ethnologische Sammlung im 19. und frühen 20. Jahrhundert“ stellt Ute Däberitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, nicht nur die Geschichte der Ethnologischen Sammlung von ihren Anfängen in der Kunstkammer unter Ernst dem Frommen bis zum 20. Jahrhundert vor, sondern auch eine Reihe von seltenen wie kuriosen Exponaten, die meist als Schenkungen von Weltreisenden, Wissenschaftlern, Diplomaten oder Kaufleuten in die Gothaer Sammlung gelangt sind.

 

So vermerkt das Zugangsjournal am 28. Oktober 1859 beispielsweise „Eine chinesische Opiumpfeife von Rohr mit schwarzem urnenförmigen Kopfe von der in China und auch in Java allgemein üblichen Form und Einrichtung. Dieselbe ist 1846 von dem Grafen Carl von Görtz-Schlitz zu Canton gekauft worden“. Der promovierte Jurist und Großherzogliche Gesandte am Preußischen Hof – Carl Graf von Schlitz, genannt von Görtz (1822-1885) – hatte in den Jahren 1830 bis 1836 das Salzmann’sche Philanthropin in Schnepfenthal besucht und kannte die Friedenstein’schen Sammlungen von zahlreichen Exkursionen.

 

1844-47 unternahm Graf Carl von Görtz eine dreijährige Weltumsegelung mit Aufenthalten in Nord- und Südamerika, Indien, Westindien China und Java. Bereits 1848 schenkte er dem Naturalienkabinett seiner ehemaligen Schule in Schnepfenthal auf der Reise erworbene völkerkundliche Objekte aus China, Ägypten, Borneo und Java. Im darauffolgenden Jahr übergab von Görtz der Sammlung Herzog Ernsts II. von Sachsen-Coburg und Gotha besagte Opiumpfeife.

 

Ein vermeintlicher Schrumpfkopf aus Brasilien gelangte 1909 als Schenkung Otto Ausfelds in die Gothaer Sammlung. Ausfeld war ein Urenkel des berühmten Philanthropen Christian Gotthilf Salzmann und hatte fast 25 Jahre in Manaos gelebt und gearbeitet. Nach seiner Rückkehr hielt er sich zeitweilig bei seinem Bruder, dem damaligen Bürgermeister von Gotha-Siebleben, auf und übergab das mitgebrachte Stück dem Herzoglichen Museum.  Bei einer Untersuchung des Schrumpfkopfes durch Wissenschaftler der Universität Marburg wurde 2002/2003 festgestellt, dass es sich hierbei um eine der zahllosen Fälschungen handelt, die Einheimische im 19. und frühen 20. Jahrhundert an „ahnungslose“ Europäer und Nordamerikaner verkauft haben. Solche Fälschungen wurden meist aus Faultier- oder Affenköpfen hergestellt.

 

Die Opiumpfeife des Grafen Görtz, der falsche Schrumpfkopf von Otto Ausfeld und zahlreiche weitere völkerkundliche Exponate können im Anschluss an den Vortrag in der aktuellen Sonderausstellung „Heilige Lanze, Donnerkeil und Europa auf dem Stier“ auch im Original angeschaut werden.

 

Die Vortragsreihe „Schlossgespräche“ wird vom Freundeskreis Kunstsammlungen Schloss Friedenstein Gotha e.V. organisiert. Der Eintritt ist frei – der gemeinnützige Verein freut sich jedoch über Spenden.

Ekhof-Kabinett im Westturm von Schloss Friedenstein,10. Dezember 2015 um 19 Uhr

Vortrag von Ute Däberitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

 

(Beitragsbild: Fälschung eines Schrumpfkopfes, Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Schlossmuseum, Ethnologische Sammlung)