Björn Harmsen im Interview zum aktuellen Stand bei Science City Jena

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Der letztjährige Zweitliga-Meister und Erstliga-Aufsteiger von Science City Jena befindet sich zwar seit Wochen schon in der Saisonpause, viel Zeit zum Verschnaufen gibt es dennoch nicht. Die Planungen für die zweite, hoffentlich ebenso erfolgreiche Spielzeit in der Beletage des deutschen Basketballs laufen im Hintergrund auf Hochtouren. Ob der im Juli geplante Dauerkarten-Vorverkauf, die wichtige Akquise neuer Sponsoren, Jenas Saisonvorbereitung mit den entsprechenden Testspielen sowie die Suche nach dem finalen Puzzleteil der Mannschaft von Trainer Björn Harmsen, auch in den Sommermonaten gibt es genügend Arbeit zu erledigen.

Mit Ermen Reyes-Napoles, Immanuel McElroy, Julius Jenkins, Julius Wolf, Oliver Clay und Jan Heber konnten sechs Akteure des Vorjahres-Kader gehalten werden. Nach den Unterschriften von Skyler Bowlin, Derrick Allen, Max Ugrai und Radenko Pilcevic stehen die Personalplanungen der Ostthüringer erfreulich früh vor dem Abschluss und lassen Science City durch eher ruhigeres Fahrwasser ziehen. Diesen Umstand nahmen wir zum Anlass, um mit Cheftrainer Björn Harmsen auf die aktuelle Situation zu blicken.

Die Planung der neuen Mannschaft befindet sich auf der Zielgerade. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Ergebnis der Kader-Zusammenstellung bei Science City Jena?

Es werden insgesamt noch zwei Spieler, darunter ein Bankspieler, kommen. Insofern befinden wir uns auf einem guten Weg. Ich bin sehr zufrieden, dass wir den Charakter der Mannschaft halten konnten. Die Identität, die Seele und der Zusammenhalt spielen eine nicht unwesentliche Rolle, um mit einem Team gemeinsam Ziele zu erreichen. Mit haben mit Wayne zwar einen wichtigen Faktor verloren, konnten mit Derrick Allen aber einen guten Ersatz verpflichten, der auch unsere Zuschauer schnell begeistern wird. Er befindet sich trotz seines Alters in einer sensationellen Verfassung, wird uns auf den großen Positionen sehr helfen können. Mit Max Ugrai kommt ein talentierter junger Spieler, der als A2-Nationalspieler eine gute Perspektive hat. Mit Radenko kommt ein Back-up-Point-Guard hinter Skyler Bowlin, der unseren Spielaufbau organisieren kann. Skyler und Radenko haben unterschiedliche Stärken, können ebenso gemeinsam auf dem Parkett stehen.

Welche Idee steckt hinter den Verpflichtungen? Was dürfen Jenas Basketball-Fans von der Mannschaft erwarten?

Bei den bekannten und etablierten Jungs können wir einschätzen, was wir bekommen und erwarten dürfen. Von der Zusammensetzung hatten wir uns an einem der niedrigsten Budgets der Liga zu orientieren. Insofern war es uns wichtig, Charaktere zu holen, die sich einerseits mit dem Club identifizieren, mit denen sich aber auch unsere Zuschauer und Kinder identifizieren. Wir wollten keinen „Bad Apple“ verpflichten, keinen Spieler an uns binden, der zwar starke Statistiken vorweisen kann, aber die Harmonie der Gemeinschaft stört. Die Spieler verbringen unter Umständen mehr Zeit als mit ihren Familien oder Freunden, sollen gern auf Arbeit gehen, Spaß haben aber natürlich auch erfolgreich sein. Ich denke, dass wir die Grundlage für diese Anforderungen bereits gelegt haben, uns nun noch auf der Suche nach einem Nachfolger für Marcos Knight befinden.

Um welche Anforderungen handelt es sich bei diesem Spieler?

Der gesuchte Akteur ist auf dem Flügel – egal ob auf der 2 oder 3 – geplant, sollte über die entsprechende Athletik verfügen. Wir versuchen da auch jemanden zu bekommen, der in der BBL schon unter Beweis gestellt hat, dass er bestehen kann.

Haben Sie da schon Kandidaten im Kopf?

Es gibt momentan drei, vier Kandidaten, die für uns interessant sind. Ein Kandidat hat uns mit seinen Leistungen in der BBL schon überzeugt. Ein anderer verfügt über Europa-Erfahrung aus Griechenland, hat dort sehr anständige Leistungen abgeliefert. Ein weiterer Akteur, der in unserem Fokus steht, gehörte zu den dominantesten Spieler der ProA. Wir können uns gerade sehr glücklich schätzen, sind wahrscheinlich der Verein, der hinsichtlich der Kaderstruktur am weitesten ist. Unser Club hatte vor dem Ende der letzten Saison früh Planungssicherheit und diese haben wir genutzt. Ich bin jedenfalls sehr froh darüber, dass wir nur noch einen Spieler brauchen.

Gibt es noch weitere Aspekte, die Sie gutgelaunt durch den Sommer kommen lassen?

Natürlich. Wir haben nicht nur sportlich und wirtschaftlich einen großen Schritt gemacht, sondern befinden uns auch strukturell auf einem sehr guten Weg. Unser früh feststehender Klassenerhalt, die Lizenz ohne Auflagen waren und sind keine Selbstverständlichkeiten. Unser bisheriger Physiotherapeut Matthias Passarge wird im Oktober seine eigene Praxis eröffnet, was unsere Bedingungen vor Ort weiter verbessert. Zusätzlich wird Johannes Röschke als zweiter Physiotherapeut die Mannschaft betreuen. Und auch die Athletik-Abteilung werden wir aufstocken. Rico May leitet weiterhin diesen Bereich und mit Felix Beck kommt ein weiterer kompetenter Trainer dazu, der hauptsächlich für das Krafttraining verantwortlich ist. Das bringt uns im gesamten Konstrukt des Clubs Stück für Stück voran.

Noch einmal zur Struktur des Kaders. Mit Derrick Allen und Oliver Clay planen Sie mit zwei Centern?

In unserer Aufstiegssaison sind wir mit Oli Clay auf der Centerposition gestartet und Meister geworden. Dahinter haben Georg Voigtmann und Guido Grünheid gespielt.

Das klingt nach viel Small Ball?

Nicht zwingend. Wir werden allerdings mit sehr mobilen Fünfern an den Start gehen. Im letzten Spieljahr hatten wir große Center, rückblickend auf der Positionen aber die größten Probleme. Wir bevorzugen eine schnelle Spielweise und da benötigen wir die passenden Jungs. Die klassischen Fünfer sterben langsam aus und sind nur für sehr viel Geld zu bekommen. Insofern werden wir Lösungen finden müssen und auch finden, die uns unabhängig davon zum Erfolg führen. Derrick wird uns hier viele Optionen geben. Er kann am Korb und auch aus der weiten Mitteldistanz spielen. Oli Clay gibt uns viel Flexibilität in der Defensive. Je variabler du spielen kannst, desto unberechenbarer bis du für den Gegner. So ist es auch durchaus vorstellbar, dass wir phasenweise auch mal Mac auf die Vier stellen und Max auf der Fünf spielt.

Wird es geplante Nachverpflichtungen geben?

Die Erfahrung zeigt, dass es immer Nachverpflichtungen gibt. Uns hat die Vergangenheit gelehrt, dass wir in jeder Saison noch einmal justieren mussten. Wir gehen aber ganz sicher nicht in die Saison und sagen, dass wir unbedingt noch jemanden holen werden. Letztendlich lässt sich so etwas, speziell zu einem solch frühen Zeitpunkt, nie wirklich ausschließen.

Wie viel Vertrauen haben Sie in die Riege Ihrer Senioren? Otto Rehagel hat mal gesagt, dass es keine alten und jungen Spieler gibt, sondern nur gute und schlechte.

Ich setze ein riesiges Vertrauen in unserer Routiniers. Derrick wird als unser ältester Spieler seine beiden Kollegen Mac und Julius noch einmal in einen Jungbrunnen stoßen (lacht). Aber mal im Ernst. Wir gehen ohne Doppelbelastung in das Spieljahr, müssen nicht international antreten und die Zielstellung ist der Klassenerhalt. Mit Julius, Mac und Derrick haben wir drei Akteure, die über Euroleague-Erfahrung verfügen, die mit weiteren Spielen nicht schlechter werden, sondern noch an Qualität gewinnen. Insofern werden wir eher besser, weil noch erfahrener. Die Routiniers werden unseren jungen Spielern die notwendige Stabilität geben. Mit einem Jenkins, McElroy und Allen an der Seite hast Du als Nachwuchsspieler automatisch mehr Sicherheit. Ich glaube, dass dieses Trio unsere Grundlage sein wird, die Klasse zu halten.

Schielt man als Trainer eines Erstligisten, der in den Planungen bereits soweit fortgeschritten ist, auch auf die sportliche Konkurrenz?

Überhaupt nicht. Natürlich bin ich interessiert, weil es mein Job und meine Leidenschaft ist. Meine alltägliche, morgendliche Routine ist es, während die Kaffeemaschine läuft mich über Verpflichtungen und Neuigkeiten zu informieren. Egal ob Eurohoops, Eurobasket oder der BBL-Pressespiegel, ob in unserer Liga oder in der ProA, gehört es für mich dazu, über den Tellerrand hinauszuschauen. Nicht primär in der Rolle eines Coaches, sondern vielmehr als einer, der den Basketball liebt und sich dafür interessiert.

H&H Makler

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