„Bundes-Notbremse“ tritt ab morgen in Kraft

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Grafik: Tumisu/Pixabay

Berlin/Gotha (red, 22. April). In einer Sondersitzung hat der Bundesrat heute das 4. Bevölkerungsschutzgesetz (Wortlaut) gebilligt, das vom Bundestag nur einen Tag zuvor verabschiedet worden war. Trotz Kritik aus den Bundesländern haben deren Vertreter auf das Anrufen des Vermittlungsausschusses verzichtet.

Kritik kam u. a. vom Thüringer Bildungsminister Helmut Holter, der eine Einschränkung des Mitspracherechts der Bundesländer befürchtete.
FDP-Parteichef Christian Lindner wurde in der ZEIT zitiert: „Die vorgesehene scharfe Ausgangssperre schließlich ist unverhältnismäßig. Beispielsweise geht vom abendlichen Spaziergang eines geimpften Paares keinerlei Infektionsgefahr aus.“ 

Kritisiert wurde außerdem die Beschränkung auf eine haushaltsexterne Person und das Fehlen von Regelungen zu Unternehmen, insbesondere einer regelmäßigen Testpflicht in den Betrieben

Die Bundesregierung will der Forderung nach einer betrieblichen Testpflicht durch eine Ergänzung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung Rechnung tragen. Geplant sei laut Bundesarbeitsministerium, für alle Betriebe, deren Beschäftigte nicht im Homeoffice arbeiten, die Pflicht einzuführen, jedem Beschäftigten mindestens einmal in der Woche einen Corona-Schnelltest anzubieten.

Die FDP und die Freien Wähler haben unabhängig voneinander angekündigt, gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zu erheben. Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte prüft einen entsprechenden Antrag beim Verfassungsgericht.

Das 4. Bevölkerungsschutzgesetz (Fragen und Antworten) wurde inzwischen vom Bundespräsidenten unterzeichnet.

Bundesweit einheitliche Notbremse
Der Bundestagsbeschluss führt eine bundesweit verbindliche Corona-Notbremse im Bundesinfektionsschutzgesetz ein: Sie gilt ohne weitere Umsetzungsakte in Landkreisen und kreisfreien Städten, die Sieben-Tage-Inzidenzen von über 100 Infektionen pro 100.000 Einwohnern an drei aufeinanderfolgenden Tagen aufweisen.

Gesetzlich definierte Schutzmaßnahmen
Automatisch greifen dann ab dem übernächsten Tag bestimmte, im Gesetz dezidiert aufgezählte Schutzmaßnahmen, ohne dass die Länder noch Verordnungen beschließen müssten. Genannt sind unter anderem Kontakt- und nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 22 bis 5 Uhr, Restriktionen für Einzelhandel, Gastronomie, Hotels, Kultur-, Dienstleistungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Auch Ausnahmetatbestände für die Schutzmaßnahmen sind gesetzlich definiert. So ist Joggen und Spaziergehen bis 24 Uhr erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen auch Einkaufen mit Terminvergabe.

Ab einer Inzidenz von 100 wird für Schulen und Hochschulen Wechselunterricht verpflichtend – ab einer Inzidenz von 165 Distanzunterricht. Arbeitgeber sind gehalten, ihren Beschäftigten soweit wie möglich Homeoffice anzubieten. 

Weitergehende Landesregelungen unberührt
Soweit Landesvorschriften bereits schärfere Maßnahmen vorsehen, bleiben diese bestehen. In Regionen mit stabilen Inzidenzen unter 100 können die Länder außerdem mit eigenen Verordnungen über Einschränkungen oder Lockerungen entscheiden. Die gesetzliche Notbremse ist bis zum 30. Juni 2021 befristet.

Verordnungen mit Zustimmung des Gesetzgebers
Außerdem im Gesetz vorgesehen: Verordnungsermächtigungen für die Bundesregierung, damit diese mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat weitere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus und besondere Regelungen für geimpfte oder negativ getestete Personen erlassen kann. 

Zusätzliche Kinderkrankentage
Flankierend wird das Kinderkrankengeld für gesetzlich versicherte Berufstätige um 10 zusätzliche Tage, für Alleinerziehende um 20 Tage ausgeweitet, damit diese ihre Kinder während pandemiebedingter Schul- oder Kita-Schließung zuhause betreuen können. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung grundsätzlich auch im Homeoffice erbracht werden kann. Erst im Januar hatte der Bundesrat – ebenfalls in einer Sondersitzung – der Erhöhung auf 20 bzw. 40 Tage für das Jahr 2021 zugestimmt.

Rasches Inkrafttreten geplant
Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten kann das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll im Wesentlichen am Tag darauf in Kraft treten.

H&H Makler

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