Risikomanager Wenzel appelliert: „Es geht um Leben und Tod“

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Seit Anfang des Jahres nutzt das Landratsamt Gotha ein spezielles Analyse-Werkzeug für sein Pandemie-Management. Das öffentlich zugängliche Werkzeug hat der aus Gotha stammende Risikomanagement-Experte Andreas Wenzel entwickelt. Foto: privat

Gotha (red/ra, 6. Februar). Seit Anfang des Jahres nutzt das Landratsamt Gotha ein spezielles Analyse-Werkzeug für sein Pandemie-Management.
Entwickelt hat es der aus Gotha stammende Risikomanagement-Experte Andreas Wenzel.
Morgens gegen acht Uhr zapft das Modell die Daten aus dem Nachtlauf des Robert-Koch-Institutes an und ermittelt daraus die spezifischen Reproduktionszahl – auch R-Wert genannt – oder die geschätzte Zeitdauer für die Verdoppelung oder Halbierung täglicher Neuinfektionen im Landkreis. Verläufe der wichtigsten Kennzahlen und Trends werden zudem in Diagrammen veranschaulicht.
Wenzels Methode bringt vor allem Gewinn an Zeit: Sie überwindet die Lücke zwischen Abstrich, Laboranalyse und Mitteilung des Befundes, ermöglicht eine seriöse Schätzung der zum jeweiligen Tag Erkrankten (siehe auch die Website).

„Oscar am Freitag“ hatte Andreas Wenzel interviewt, der in Gotha aufwuchs und seine Ausbildung zum Bankkaufmann ab 1997 bei der Kreissparkasse Gotha machte.

Gestern nun schrieb er einen sehr nachdenklichen Beitrag auf seiner Facebook-Seite, den „Oscar am Freitag“ hier teilt:

„Es geht um Leben und Tod.
Ich habe Modelle entwickelt, bei denen es um viel Geld ging. Das war mir bewusst.
Ich entwickelte Modelle, an denen Arbeitsplätze und Familien hängen. Das war mir bewusst.
Ich konstruierte Modell, bei denen es darum ging, ob morgens ein Busfahrer da ist und der Schulbus fährt.
Doch hier geht es um etwas anderes, um eine ganz andere Nummer. Und ich glaube, es ist Zeit, das beim Namen zu nennen.
Hier geht es um Leben und Überleben. Und das nicht nur im engeren, sondern auch im weiteren Sinne: Sowohl gesundheitlich, gesellschaftlich, geistig als auch existenziell.
Ich möchte es einfach benennen. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, leugnen oder nicht: Es geht hier um Leben und Tod, für den einen auf die eine und für andere auf die andere Weise.
Zugegeben: Bisher habe ich mich um diese Deutlichkeit vielleicht etwas „gedrückt“. Vielleicht tun genau das sogar sehr viele Modellierer, Analytiker, Virologen, Ökonomen, Politiker, sogar auch Journalisten: Weil es angenehmer ist, abstrakt zu bleiben. Das wahrt Abstand, macht alles teilweise schön sachlich nüchtern.
Doch unterschwellig bin ich mir dessen sehr bewusst, worum es hier geht.
Es geht nicht um bunte Karten mit irgendwelchen Farben. Es geht auch nicht um irgendwelche Schwellwerte. Und es geht auch nicht um Rekordwert-Erreichung im Impfquoten-Vergleichen. Auch geht es nicht darum, irgendwelche Ressourcen wie Krankenhausbetten und Beatmungsgeräte maximal auszulasten.
Es ist nicht so, dass sich irgendjemand dieses „Spiel“ aus Langeweile ausgesucht oder ausgedacht hätte. Und es ist beim besten Willen keine Zahlen-Jongliererei. Sondern es ist der Ernst der Lage, die so ist wie sie ist – ob wir hinschauen wollen oder nicht.
Für einen auf die eine und andere auf eine andere Weise.
Und wer es nicht wahrhaben will: Ihr könnt mir glauben, dass ich bei den Daten hier schon so einige Bilder im Kopf habe, die weit weniger abstrakt sind als Zahlen und Daten manchmal scheinen.“

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