Berlin (red/DIW, 1. Februar). Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat sich im Januar deutlich erholt. Es liegt nun bei 95,4 Punkten für das erste Quartal und nähert sich damit der neutralen 100-Punkte-Marke an, die ein Wachstum gegenüber dem vorangegangenen Quartal von 0,3 % anzeigt.
Im Dezember hatte das Barometer einen Wert von nur knapp 83 Punkten erreicht.
Eine noch im Herbst befürchtete deutliche Winterrezession wird – obwohl die deutsche Wirtschaft Ende des Jahres 2022 leicht geschrumpft ist – immer unwahrscheinlicher, auch weil in diesem bislang milden Winter wohl nicht mehr mit einer Gasmangellage gerechnet werden muss. „Die deutsche Wirtschaft zeigt sich erfreulich widerstandsfähig“, sagt DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. „Die Chancen stehen gut, dass wir mit nicht mehr als einer schwachen Rezession davonkommen. Nichtsdestotrotz bleiben die Risiken für die Konjunktur hoch.“
So geht vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine weiterhin ein enormes Eskalationspotenzial aus. Zudem ist die Inflation weiterhin hoch und die geldpolitischen Straffungen der Europäischen Zentralbank werden im laufenden Jahr die Konjunktur wohl dämpfen. Immerhin sind von der chinesischen Wirtschaft positive Impulse für die Weltwirtschaft zu erwarten, sofern die heftige Coronawelle in China abflaut. Das würde insbesondere die Aussichten für die deutsche Industrie weiter verbessern. Aktuell kommen Neuaufträge zwar noch zögerlich, die Industrieunternehmen sitzen aber nach wie vor auf gut gefüllten Büchern und können die Auftragsflaute bis jetzt weitgehend problemlos überbrücken.
Der verlangsamte Preisauftrieb sowie die sich entspannenden Lieferketten hellen die Geschäftserwartungen auf und auch die Energieversorgung ist laut einer Umfrage des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zumindest unter den Maschinenbauern ein geringeres Problem als noch zu Herbstbeginn. „Die Industrieproduktion konnte bis jetzt trotz aller Widrigkeiten stabil aufrechterhalten werden,“ erläutert Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. „Das mindert die Unsicherheit etwas und lässt Unternehmen zuversichtlicher in die kommenden Monate schauen.“
Eine wichtige Stütze der deutschen Wirtschaft war bis zum Herbst 2022 der private Konsum, auch dank der Entlastungspakete und Energiepreisbremsen der Bundesregierung. So konnte unter anderem die Gastronomie nach zwei umsatzschwachen Wintern zuletzt wieder Umsatzzuwächse verzeichnen. Die enorm hohe Inflation führt aber zu einem Kaufkraftverlust insbesondere für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, was den privaten Konsum bereits gegen Ende des Jahres 2022 gedämpft hat. Auch zum Jahresbeginn sind vom Konsum der privaten Haushalte keine Impulse für die Wirtschaft zu erwarten. Stützend wirkt immerhin die nach wie vor niedrige Arbeitslosigkeit. Das Ausbleiben einer dramatischen Energiekrise stimmt viele Menschen zusätzlich positiv und das Konsumklima war zuletzt weniger pessimistisch als in den vergangenen Monaten. Der Dienstleistungssektor, in dem etwa zwei Drittel der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung stattfindet, wird so gestützt. „Kurzfristig wird die deutsche Wirtschaft wohl mit einem blauen Auge davonkommen. Strukturell stehen wir aber immer noch vor gewaltigen Herausforderungen, um wieder ein merkliches Wirtschaftswachstum zu erreichen – insbesondere was die Energiewende oder die Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur betrifft“, so Baldi.