Prof. Dr. Achim Seifert ist neuer Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Rechtsvergleichung der Universität Jena

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Vergleichen lohnt sich. Das gilt nicht nur beim Kauf eines Autos oder der Auswahl eines Stromanbieters. Ein Blick über den Tellerrand kann neue Perspektiven eröffnen und so Lösungsansätze für eigene Probleme aufzeigen oder Entscheidungen erleichtern. Für Prof. Dr. Achim Seifert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist das Vergleichen außerdem ein grundlegender wissenschaftlicher Ansatz: Er ist neuer Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Arbeitsrecht und Rechtsvergleichung der Jenaer Universität.

Der 43-jährige Jurist arbeitet nicht nur im nationalen bürgerlichen Recht und Arbeitsrecht, sondern vergleicht auch die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in verschiedenen europäischen Ländern. So hat er erst in jüngster Zeit zum gesetzlichen Mindestlohn in Frankreich – dem SMIC – publiziert: Nach seiner Auffassung wäre zu wünschen, dass die jenseits des Rheins gemachten Erfahrungen mit dem Mindestlohn auch in der politischen Debatte in Deutschland stärker Berücksichtigung finden.

Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet das europäische Arbeitsrecht: „Als Bürger der EU kann ich mich innerhalb der Gemeinschaft niederlassen und arbeiten, wo ich möchte“, erläutert Prof. Seifert den Hintergrund. „Dass mir dabei im Ausland keine Nachteile gegenüber den Inländern entstehen, dafür soll das europäische Arbeitsrecht sorgen.“ Ein Beispiel dafür bietet Achim Seifert selbst: Vor seinem Wechsel nach Jena hatte der in Wiesbaden geborene Deutsche eine Professur an der Universität Luxemburg inne. Auch wenn die EU in ihren Richtlinien verbindliche Vorgaben etwa zu Antidiskriminierung, zu Arbeitszeiten oder der Entsendung von Arbeitnehmern in andere Länder macht, müssen diese Richtlinien von den Mitgliedstaaten erst in nationales Recht umgesetzt werden. „Und dabei werden durchaus unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt“, sagt der Rechtswissenschaftler.

Deutliche nationale Unterschiede gibt es auch bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmer, sagt Seifert, der Mitherausgeber des „European Labour Law Journal“ ist. „In Deutschland sind Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten großer Kapitalgesellschaften vertreten.“ Mit diesen weitreichenden Mitbestimmungsmöglichkeiten aber, so der Jurist weiter, komme Deutschland innerhalb der EU eine Sonderrolle zu. „Für Gewerkschaften in Italien oder Frankreich – die traditionell ein anderes Selbstverständnis als in Deutschland haben – ist es schlicht undenkbar, auf diese Weise auch nachteilige Entscheidungen für Arbeitnehmer mit zu verantworten.“

Wer die Rechtssysteme in den EU-Ländern wissenschaftlich vergleichen will, braucht außerdem einen direkten Zugang zu Land und Leuten. Davon ist Achim Seifert überzeugt, der deshalb viel in Europa unterwegs ist und Kontakte mit zahlreichen Fachkollegen im europäischen Ausland pflegt. Vor allem zu Frankreich hat der Jurist schon lange eine enge Beziehung. Während seines Studiums an der Uni Frankfurt (M.) wechselte er für ein Jahr an die Université Paris X – Nanterre. Zahlreichen Gastaufenthalten in Frankreich folgten nach Promotion (1998) und Habilitation (2006) an der Uni Frankfurt (M.) Gastprofessuren an den Universitäten Bordeaux IV – Montesquieu (u. a. 2006, 2007 und 2009), Nantes (2009) und Paris I – Panthéon-Sorbonne (2011). Von 2007 bis 2008 hat Achim Seifert, der neben Französisch auch Englisch, Spanisch und Portugiesisch spricht, Vertretungsprofessuren an der Uni Frankfurt (M.) und der Uni Trier wahrgenommen, bevor er dem Ruf an die Uni Luxemburg und jetzt nach Jena folgte. Doch auch hier fühlt sich der überzeugte Europäer bereits heimisch. Das liege einerseits an der guten Atmosphäre innerhalb seiner Fakultät. Zum anderen kennt sich Seifert in der Region schon länger aus, da er auch familiäre Verbindungen nach Thüringen hat.

Für den Schritt über Landes- und Sprachgrenzen hinweg, will der neue Jenaer Lehrstuhlinhaber jetzt auch seine Studierenden begeistern. „Jeder Studierende sollte mindestens ein Semester lang Auslandserfahrung machen.“ Denn schon während des juristischen Studiums gelte, „vergleichen lohnt sich.“

Publiziert am 24.05.2011, 13:07 Uhr