Die Welt erklärt sich durch die Schraube

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„Bislang dachte ich, die Welt erklärt sich durch die Biene“, sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht am Ende ihres Besuchs des EJOT-Werks in Tambach-Dietharz. „Nicht ausschließlich“, so Lieberknecht weiter, „die Welt erklärt sich auch durch die Schraube“.

Tief beeindruckt zeigte sich die Ministerpräsidentin von diesem „Standort mit viel Know-how“. Begleitet wurde Lieberknecht unter anderem von Jürgen Reinholz, Minister für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, Landrat Konrad Gießmann und dem Bürgermeister von Tambach-Dietharz, Marco Schütz.
„Ich habe viel gelernt“, bedankte sich Lieberknecht bei Christian F. Kocherscheidt, dem Geschäftsführenden Gesellschafter der EJOT-Gruppe, und bei Dr. Wilfried Pinzl, Geschäftsführer des EJOT-Werks Tambach-Dietharz.
Zuvor hatte Kocherscheidt das Familienunternehmen EJOT vorgestellt, die unglaubliche Vielfalt der Produktion: Vom Referenzprojekt der Befestigung der neuen Schutzhülle des havarierten Atomreaktors in Tschernobyl mit EJOT-Bohrschrauben bis hin zu 700 EJOT-Schrauben, die lochlos in eine Rohkarosse des Audi A8 gefügt werden.
EJOT sei nicht groß geworden, weil das Unternehmen günstig Schrauben produziere, sondern weil kluge und kreative Köpfe umfassende Produkte entwickeln, die dem Kunden Kosten sparen. Kocherscheidt: „Das ist der Vorteil einer teuren Schraube.“ Der Unterschied zu anderen Unternehmen zeige sich nicht nur im technischen Bereich, sondern auch in der Kultur des Familienunternehmens mit Wurzeln in Südwestfalen. „Wir achten auf menschlichen Umgang miteinander, gute Ausbildung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, machte Kocherscheidt deutlich.
25 Millionen Euro würden in diesem Jahr investiert, ließ Kocherscheidt durchblicken. Das sei so nur möglich, weil das Geld, was verdient werde, auch im Unternehmen bleibe. „Wir haben eine Eigenkapitalquote von etwa 70 Prozent.“ Zahlen, die Minister Jürgen Reinholz großen Respekt abnötigten: In Thüringen liege dieser Wert bei durchschnittlich 17 Prozent.
In der Ausbildungsinsel des EJOT-Werks demonstrierten die EJOT-Mitarbeiter Wilfried Koch und Rüdiger Zitta der Ministerpräsidentin die Herstellung einer Schraube, vom Pressen bis zum Walzen des Gewindes. Im grünen EJOT-Kittel nahm sie von Dr. Wilfried Pinzl ein von ihr gefertigtes Exemplar in Empfang.
Die Herstellung der Produkte der EJOT „boss-Familie“, der aufsteckbaren Kunststoffbefestigung, erläuterte Betriebsleiter Werner Gessert. Vier von den kleinen komplexen Bauteilen übergab Gessert der Ministerpräsidentin mit dem Hinweis: „Davon produzieren wir 170 Millionen Stück im Jahr, da fällt es nicht auf, wenn vier fehlen.“
„Forschung made in Thüringen“, freute sich Christine Lieberknecht beim Rundgang durch die neue Halle des Bereichs EJOWELD, dem großen EJOT-Forschungsprojekt im Bereich der Fügetechnik, bei dem im Karosseriebau über ein besonderes Reibschweißverfahren unterschiedliche Materialien miteinander verfügt werden. Erhebliche Eigeninvestitionen seien in das Projekt geflossen, wie auch Fördermittel des Landes Thüringen, erläuterte Bereichsleiter Mario Maiwald.
So manches Schwätzchen mit den Mitarbeitern, ein Blumenstrauß in den rot-weißen Landesfarben von Thüringen und ein Plädoyer des Betriebsratsvorsitzenden Uwe Eichelbaum für EJOT rundeten den Besuch der Ministerpräsidentin ab. „Wir sind glücklich, dass wir seit 1993 zu EJOT gehören“, betonte Eichelbaum stellvertretend für die 420 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählende Belegschaft des EJOT-Werks in Tambach-Dietharz. Für die Ministerpräsidentin ein beeindruckendes Zeichen der Solidarität. Der Erfolg werde gemeinsam von Geschäftsführung und Mitarbeitern erarbeitet. Wobei in Familien geführten Unternehmen eine hohe Ethik dahinter stehe, betonte Lieberknecht.