Fußballer wollen sich vom Alt-Verein trennen

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Seit 1964 war die ZSG Grün-Weiß  der maßgebende Verein in Waltershausen. Zu Spitzenzeiten zählte er über 1200 Mitglieder. Doch die  goldenen Zeiten der ZSG sind  längst verblasst. Nun steht der Traditionsverein vor dem sportlichen Super-Gau. Die dominierende Abteilung Fußball will die Solidargemeinschaft verlassen.

Die Nachricht gleicht einem Paukenschlag. Die Abteilung Fußball verlässt die ZSG Grün-Weiß Waltershausen. Damit verliert die Zentrale Sportgemeinschaft nach Radsport, Judo, Tischtennis und Turnen eine weitere starke Sektion. Während in dem Traditionsverein Ratlosigkeit herrscht, machen die Fußballer Nägel mit Köpfen! Am vergangenen Montag trafen sich die Gründungsmitglieder des neuen Vereines, des SV Grün Weiß Waltershausen. Am heutigen Freitag werden die Mitglieder versammelt.

Zum letzten Mal unter dem „Dach“ der Zentralen Sportgemeinschaft. Die Satzung und die Finanz- und Beitragsordnung sind ausgearbeitet und der ZSG sei bereits eine Sammelkündigung zugegangen, teilt Olaf Schaller mit. Das Grün-Weiß-Urgestein wird dem neuen Verein ebenfalls angehören. „Nun verlassen 126 Mitglieder den Verein. Rund die Hälfte von ihnen ist im Nachwuchsbereich aktiv.“ Schaller sagt das ohne Schadenfreude. Er sei sich über die Tragweite der Situation im Klaren. Und mit der ZSG durch dick und dünn gegangen. Doch nun sei es Zeit zu gehen! Der neue Sportverein soll bereits Anfang Mai gegründet werden.

Der Grund der Differenzen zwischen den Sportsmännern: „Wir sind in jedem Jahr mit Verlust rausgegangen! Das kann nicht sein“, ärgert sich Schaller. „Dabei wurde uns über ein Drittel der Einnahmen, die wir erwirtschaftet haben, sofort entzogen, um die Verwaltungsausgaben des Gesamtvereines mit zu finanzieren.“ Ein Solidarprinzip sei ja schön und gut, dennoch müssten die Verwaltungsausgaben im Rahmen bleiben. „Wir haben der ZSG-Spitze versucht klarzumachen, dass die Finanzierung einer hauptamtlichen Verwaltungsangestellten in einem gemeinnützigen Verein dieser Größenordnung wirtschaftlich kaum zu stemmen ist.“

Für Klaus Wilke steht eine hauptamtliche Verwaltungskraft allerdings nicht zur Diskussion. Wilke steht der ZSG bereits seit 2003 vor und erklärt: „Die Verwaltungsarbeit wurde früher ehrenamtlich geleistet. Doch die Folge war, dass die handelnden Personen zu häufig wechselten.“ Laut Wilke ist das kein berechenbarer Zustand. „Da musste Kontinuität rein.“
Diese Kontinuität zweifeln die Verantwortlichen der Sektion Fußball allerdings immer noch an. „Auf der vergangenen Jahreshauptversammlung wurde der Vorstand entlastet, obwohl kein Bericht von Revisoren bzw. Kassenprüfern vorlag“, erinnert sich Jens Fröhlich, Vorsitzender vom Fußballförderverein Waltershausen e.V. „Das ist doch ein Unding.“

Wilke gibt zu, dass nie so viel Wert auf die Prüfung durch Kassenprüfer gelegt wurde, „weil unsere Abschlüsse immer von einem Steuerbüro überprüft wurden, da müssen die Zahlen schließlich stimmen.“ Dennoch räumt der Chef ein: „Wir haben die Kritik angenommen und neue Kassenprüfer bestellt.“

Dennoch: Das Grundproblem bleibt. Die Verwaltungskosten sind enorm. Laut dem ZSG-Chef fressen Miete, Versicherungen, Beiträge an Landes- und Kreissportbund einen großen Anteil der Mitgliedsbeiträge. Wilke ist ratlos. An seinem Stuhl scheint er allerdings nicht zu kleben. Überhaupt gleicht jener in diesen Tagen eher einem Nagelbrett. „Mehrspartenvereine wie die ZSG haben den Nachteil, dass sich viele Mitglieder kaum noch mit dem Gesamtverein identifizieren“, gibt Wilke zu bedenken. „Auf der anderen Seite bieten wir auch kleinen Sektionen die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen, ohne einen eigenen Verein gründen zu müssen.“ Das sei sicherlich ein Vorteil.

Bedenklich scheint dem ZSG-Vorsitzenden allerdings die Namenswahl: Obwohl sich der neue Verein offiziell nur dem Fußball verschrieben hat, haben die Verantwortlichen als Zusatz die Abkürzung SV für Sportverein, statt FC für Fußballclub gewählt. Eine Kampfansage, dem Traditionsverein noch weitere Sparten streitig zu machen? Olaf Schaller wiegelt ab. „Es geht eher darum, sich nicht völlig zu verschließen. Schließlich gibt es auch Sportarten, die zwar im Kommen, aber bislang nicht so populär sind“, erklärt der 48-Jährige. „Außerdem könnte es auch sein, dass die Spielerfrauen eine Gymnastikgruppe aufmachen wollen.“

Nach dem Austritt der Fußballer hat die ZSG nur noch knapp 350 Mitglieder. „Wir werden schrumpfen“, sagt der Vereinsvorsitzende nachdenklich, fügt aber an: „350 Mitglieder sind nicht viel, allerdings genug, um auch mal eine Durststrecke zu überwinden.“

Diese wird eines Tages sicher auch den neuen Verein SV Grün Weiß Waltershausen ereilen. Dann muss der Sportverein beweisen, ob er einer Durststrecke gewachsen ist. Und die ZSG hat ihre bis dahin überwunden – vielleicht!

Autor: David Ortmann

Publiziert: 3. Mai 2011, 7.45 Uhr; erschienen in der aktuellen Ausgabe von Oscar am Freitag