Neue Kameratechnik für sehbehindertes Mädchen

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Gemeinsamer Unterricht und Inklusion sind Themen, die die Thüringer Bildungslandschaft der letzten Jahre prägen. Seit 2003 hat in Thüringen der Gemeinsame Unterricht auf gesetzlicher Grundlage Vorrang vor der Beschulung in einer Förderschule. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Möglichkeit in allgemeinen Schulen zu integrieren, ist das gemeinsame Anliegen von Eltern und Lehrern.

Der Gemeinsame Unterricht kann lernzielgleich oder lernzieldifferent sein. Beim lernzielgleichen Unterricht haben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Sehen, Hören, in der körperlichen und motorischen Entwicklung, der Sprache sowie in der emotionalen und sozialen Entwicklung die Möglichkeit, den gleichen Abschluss zu erreichen wie ihre Mitschüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Im lernzieldifferenten Unterricht streben Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen und der geistigen Entwicklung im Gemeinsam Unterricht andere Abschlüsse an als ihre Mitschüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf.
An der Regelschule „Prof. Herman Anders Krüger“ in Neudietendorf haben die Pädagogen in den zurückliegenden Jahren bereits umfangreiche Erfahrungen mit integrativer Beschulung sammeln können. Sie unterrichten Schüler mit verschiedenen sonderpädagogischen Förderbedarfen, bspw. eine Schülerin mit einer Hörbehinderung, mehrere Schüler mit Beeinträchtigungen in der emotional-sozialen Entwicklung sowie eine Schülerin mit einer Sehbehinderung. Das Team um Schulleiterin Christiane Niedling versucht, diese Aufgabe bestmöglich umzusetzen und hat Unterstützung durch Sonderpädagogen. Seit diesem Schuljahr konnte die Bereitstellung sonderpädagogischer Kompetenz deutlich erhöht werden, so dass mittlerweile zwei Kolleginnen stundenweise die Beschulung der Kinder unterstützen – Teamarbeit wird verstärkt umgesetzt. Auch das Schulverwaltungsamt des Landkreises, der als Träger der Regelschule für die materiell-technische Ausstattung verantwortlich ist, stellt sich den Herausforderungen, die der Gemeinsame Unterricht mit sich bringt.
Maria, eine Schülerin mit stark eingeschränktem Sehvermögen, die jetzt in der 7. Klasse der Regelschule lernt, wird schon seit Beginn ihrer Schulzeit integrativ unterrichtet, d.h., nach der Grundschule wechselte sie auf die Regelschule. Sie adäquat zu unterweisen, ist eine ganz neue Herausforderung: Trotz vieler Bemühungen und verankerter individueller Unterstützungsmaßnahmen im Unterricht, zeigte sich mit Schuljahresbeginn, dass alle bereitgestellten Hilfsmittel nicht ausreichen, um Maria ein weiterhin erfolgreiches Lernen zu ermöglichen. Christiane Niedling nahm Kontakt zum Schulverwaltungsamt auf, um die notwendigen Hilfsmittel beschaffen  zu können. Erforderlich war ein elektronisches Kameralesegerät zur vergrößerten Darstellung von Informationen auf einem Bildschirm. Dazu nötig war auch ein entsprechender Laptop samt Spezialsoftware, der es Maria ermöglicht, Tafelbilder und auch Buchtexte selbst zu lesen. Die Kosten dafür beliefen sich auf ca. 6.700 Euro.

„Die finanziellen Mittel für die Technik so kurzfristig bereitstellen zu können, war für das Schulverwaltungsamt nicht einfach. Schließlich ist die Verwaltung aufgefordert, in der Haushaltsplanung möglichst exakt zu kalkulieren. Mittels einer überplanmäßigen Ausgabe konnte das Geld für die Investition bereitgestellt werden. Wir sind froh, dass wir Maria, ihren Eltern und den Lehrern der Schule so schnell helfen konnten und Maria nun weiter in ihrem gewohnten Lernumfeld lernen kann.  Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Idee des Gemeinsamen Unterrichts zum Wohle des Kindes realisiert werden kann“, lobt Landrat Konrad Gießmann die gute Zusammenarbeit mit der Regelschule Neudietendorf, der verantwortlichen Sonderpädagogin Catrin Mosch vom Regionalen Förderzentrum „Lucas Cranach“ sowie der Koordinatorin für Gemeinsamen Unterricht, Sandra Helmecke, vom Staatlichen Schulamt Westthüringen.

Mittlerweile steht die neue Technik zur Verfügung, eine erste Einweisung erfolgte bereits. Gemeinsam mit der Sonderpädagogin wird sich Maria nun mit allen Möglichkeiten des Gerätes vertraut machen. Ist das geschafft, wird das Lernen im Gemeinsamen Unterricht für sie sicher leichter, die Voraussetzungen für eine weitere erfolgreiche Integration der gehandicapten Schülerin sind nun gegeben.
Wir freuen uns, dass durch die neue Technik eine so leistungswillige und in unserer Schule völlig integrierte Schülerin einen guten Schulabschluss erreichen kann“, würdigt Schulleiterin Christiane Niedling das gemeinsame Engagement aller Beteiligten.

Foto: Dank der neuen Technik kann Maria nun im Unterricht Buchtexte oder Tafelbilder auf dem Laptop vergrößern, bearbeiten und speichern.