Präsentation „DDR-Literatur zwischen Anpassung und Widerspruch“ am 6. Dezember

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„Ich schweige nicht!“, so lautete das Credo von Jürgen Fuchs. Einst Titel eines Gedichts, findet sich der Satz heute auf dem Grabstein des 1999 verstorbenen Dichters und Dissidenten. Jürgen Fuchs, 1950 in Reichenbach im Vogtland geboren, war ein Grenzgänger zwischen Ost und West. Ein Autor, der gegen das Vergessen und Verharmlosen der zweiten deutschen Diktatur anschrieb.

Im „Klartext“, der für Jürgen Fuchs unabdingbaren Voraussetzung seines literarischen Schaffens. So beschreibt ihn Udo Scheer in dem Band „DDR-Literatur zwischen Anpassung und Widerspruch“, der jetzt als Band 43 der Schriftenreihe des Collegium Europaeum Jenense (CEJ) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Verlag IKS Garamond Jena erschienen ist.

Das Buch vereint sechs Texte, die 2010 auf einem Jürgen-Fuchs-Seminar in Jena als Vorträge gehalten worden sind. Herausgegeben haben es Prof. Dr. Martin Hermann vom Collegium Europaeum Jenense an der Universität Jena und Dr. Henning Pietzsch, der Leiter der Jenaer Geschichtswerkstatt.

Martin Hermann, Kurator des CEJ, sieht das neue Buch als Baustein im Bemühen um eine kritische Aufarbeitung der jüngeren deutschen Vergangenheit. Gemeinsam mit dem im Buch vertretenen Daniel Börner verweist Hermann darauf, dass ein Gegenstück zu Victor Klemperers „LTI“ noch immer fehle. Der einst von der Universität Jena relegierte Jürgen Fuchs habe dazu wichtige Vorarbeiten geleistet.

In seinem Beitrag „DDR-Literatur zwischen Anpassung und Widerspruch“ geht der Literaturwissenschaftler Wolfgang Emmerich auf verschiedene Generationen von Autoren ein, die sich – abhängig vom zeitlichen Kontext – je unterschiedlich mit der Frage nach Kunst und Moral auseinandergesetzt haben. Emmerich benennt Autoren der Anfangsjahre, die sich wegen der deutschen Vergangenheit „gläubig“ dem Ideal des Sozialismus zuwandten und dabei vielfach die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen haben. Später kamen Schriftsteller hinzu, die in der DDR geboren worden waren. Autoren, die eine neue Qualität des Widerspruchs gegenüber der SED-Herrschaft erreichten. Zu den Protagonisten dieser jüngeren Generation von DDR-Autoren zählt Emmerich Jürgen Fuchs.

Ines Geipel spricht in ihrem Text von einer ganz anderen Gruppe von Schriftstellern: den „Unerhörten“. Die Mitbegründerin des „Archivs unterdrückter Literatur in der DDR“ stellt Autorinnen und Autoren vor, die im „Arbeiter-und-Bauern-Staat“ mundtot gemacht wurden. Was in einigen Fällen wörtlich zu nehmen ist: Edeltraut Eckert beispielsweise erlag nach einem Arbeitsunfall im Zuchthaus Hoheneck wenig später im Haftkrankenhaus ihren schweren Verletzungen. Die weithin unbekannte Autorin wurde 25 Jahre alt.

Das Buch „DDR-Literatur zwischen Anpassung und Widerspruch“ wird am Dienstag (6. Dezember) um 18.00 Uhr im Großen Saal des Internationalen Centrums im Haus auf der Mauer (Johannisplatz 26) der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Abend ist mit „Zweifle aus allem die Wahrheit heraus“ überschrieben. Anlass ist der bevorstehende Geburtstag Jürgen Fuchs‘, der am 19. Dezember 61 Jahre alt geworden wäre. Das Collegium Europaeum Jenense an der Friedrich-Schiller-Universität lädt dazu die interessierte Öffentlichkeit ein, der Eintritt ist frei. Im Mittelpunkt des Abends stehen Jürgen Fuchs‘ Roman „Magdalena“ und Gedichte Günter Ullmanns. Der Greizer Ullmann war mit Fuchs befreundet, beide Künstler setzten sich für Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung ein. Musikalisch umrahmt wird der Abend von der Greizer Jazzformation „media nox“.

Foto: Jürgen Fuchs während der Jenaer Poetik-Vorlesung am 16. Juni 1993  (Foto: Anne Günther/FSU)