Russische Klänge im Wandel der Zeiten

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Mit drei russischen Komponisten und der renommierten chinesischen Geigerin Tianwa Yang gestaltet die Thüringen Philharmonie Gotha ihr siebentes Sinfoniekonzert der Saison im März.

Den Auftakt am Donnerstag, 13. März 2014, macht Anatol Liadows miniaturartiges Orchesterstück „Der verzauberte See“ von 1909. Mit einem feinen Spiel der Klangfarben, heller, klarer Harmonien und äußerst zurückhaltender Lautstärke beschreibt der Komponist darin als ein sensibler Beobachter das Statische der Natur. Heute kaum noch bekannt, zählte Liadow einst zu den kompositorischen Hoffnungen Russlands im Kreis um seinen Lehrer Nikolai Rimsky-Korssakoff.

Ins 19. Jahrhundert zurück führt Peter Tschaikowskys weltberühmtes und einziges Violinkonzert D-Dur op. 35, interpretiert von der herausragenden Tianwa Yang. Die junge in Deutschland lebende Künstlerin ist international gefragt, so gehen ihrem Auftritt in Gotha in diesem Jahr allein schon Konzertreisen nach China, Schweden, Finland und Korea voraus.

Mit Dimitri Schostakowitschs fünfter Sinfonie, die er 1937 komponierte – einem Werk voller Klangschönheit und Widersprüche – klingt dieser Konzertabend aus. Am Pult wird Chefdirigent Michel Tilkin stehen.

Es ist wohl seinem mangelndem Ehrgeiz zu schulden, dass Anatol Liadow neben seinen Zeitgenossen Rimsky-Korssakoff oder Glasunow ein Schattendasein führte. Von den wenigen Orchesterwerken des überschaubaren Œuvres schimmert jedoch „Der verzauberte See“ mit seinen geheimnisvollen Klangfarben besonders hervor.

Tschaikowsky dagegen beschäftigte sich zeitlebens mit der Musik. Künstlerische und persönliche Krisen finden immer wieder Niederschlag in seinen sensiblen Werken. Die ungeheuren technischen Anforderungen, die sein Violinkonzert an den Solisten stellt, machten beinahe die Uraufführung zunichte. Zwei namhafte Geiger lehnten das Werk als „unspielbar“ ab, und als schließlich der russische Violinvirtuose Adolf Brodsky das Konzert 1881 in Wien erstmals dem Publikum vorstellte, erntete es vernichtende Kritik. Dank des unermüdlichen Eintretens Brodskys trat das Meisterwerk ein Jahr später dann doch noch seinen Siegeszug um die Welt an.

Auch Schostakowitschs fünfte Sinfonie verarbeitet die schwierigen Schaffensumstände des Komponisten – wenn diese auch ganz anderer Natur waren als beim über 60 Jahre früher geborenen Tschaikowsky. Unter der Schreckensherrschaft Stalins waren sämtliche Künstler der noch jungen Sowjetunion ständig wechselnden Erwartungen ausgesetzt. So wurde der gerade noch gefeierte Schostakowitsch über Nacht vom Nationalheld zum Volksfeind. Auslöser hierfür boten die schrillen Klänge in seiner Oper „Lady Macbeth von Mzensk“. Einfach und verständlich sollte die sozialistische Kunst sein – eine Parole, der sich Schostakowitsch scheinbar zu beugen versuchte. Zwar durchzieht die „Fünfte“ eine Vielzahl kraftvoller, eingängiger Melodien, die in grenzenlosen Jubel münden. Doch wer zwischen den Zeilen hört, bemerkt den beklemmenden Aufschrei des musikalischen Schöpfers.

Das Konzert unter dem Motto „Mit Sternen und Geheimnissen in der Tiefe“ findet im Kulturhaus Gotha statt. Beginn ist um 20 Uhr. Karten (ab 13 € / ermäßigt ab 10,40 €) gibt es in der Tourist-Information Gotha/Gothaer Land  (Tel. 03621-50 78 57 12), online über www.proticket.de sowie an der Abendkasse ab einer Stunde vor Vorstellungsbeginn.

Foto: Tianwa Yang ist die Solistin in Tschaikowskys Violinkonzert, das die Thüringen Philharmonie Gotha am 13. März 2014 neben Werken von Liadow und Schostakowitsch aufführt. (Foto: Fridrun Reinhold)