Physiker der Uni Jena untersuchen flüssigen Wasserstoff in Superzeitlupe

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Jena (FSU) Mit dem Röntgenlaser FLASH des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY haben Jenaer Forscher tief in die unteren Atmosphärenschichten großer Gasplaneten wie Jupiter oder Saturn gespäht – wenn auch nur in einem Modellversuch.

Die Beobachtung des Teams um Dr. Ulf Zastrau von der Friedrich-Schiller-Universität zeigt in einer Art Superzeitlupe, wie flüssiger Wasserstoff zu Plasma wird, und kann damit Aufschluss über dessen Wärmeleitfähigkeit und inneren Energieaustausch geben, was für Planetenmodelle von großer Bedeutung ist. Die Wissenschaftler stellen ihre Versuche in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Physical Review Letters“ vor.

Die Atmosphäre von Gasplaneten besteht zum großen Teil aus Wasserstoff, dem häufigsten chemischen Element im Universum. „Bislang weiß man aber experimentell kaum etwas über den Wasserstoff im Inneren solcher Planeten“, sagt Ulf Zastrau. „Auch wenn die theoretischen Modelle schon sehr gut sind.“ Für ihre Untersuchungen haben die Forscher daher kalten, flüssigen Wasserstoff als „Probe“ der Planetenatmosphäre benutzt. „Flüssiger Wasserstoff hat eine Dichte, wie sie den unteren Atmosphärenschichten großer Gasplaneten entspricht“, erläutert der Physiker vom Institut für Optik und Quantenelektronik der Uni Jena. Mit DESYs Röntgenlaser FLASH haben die Wissenschaftler den flüssigen Wasserstoff auf einen Schlag von minus 253 Grad Celsius auf rund 12.000 Grad Celsius erhitzt und gleichzeitig den zeitlichen Verlauf dieses Prozesses beobachtet.

Für diese Untersuchung haben die Forscher die Möglichkeit von FLASH genutzt, die einzelnen Röntgenblitze aufzuteilen: Während die erste Hälfte des Blitzes den Wasserstoff aufheizt, werden mit der zweiten – um winzige Sekundenbruchteile verzögerten – Hälfte seine Eigenschaften untersucht. Auf diese Weise lässt sich in einer Art Superzeitlupe beobachten, wie sich ein thermisches Gleichgewicht zwischen den Elektronen und den Protonen im Wasserstoff einstellt.

„Was wir machen, ist experimentelle Astrophysik“, erklärt Zastrau das Vorgehen. Bislang stützen sich Forscher auf Rechenmodelle, wenn sie das Innere von Gasplaneten wie Jupiter untersuchen. Wichtige Parameter sind dabei die sogenannten dielektrischen Eigenschaften des Wasserstoffs, das sind unter anderem die Wärme- und die elektrische Leitfähigkeit, denn in den großen Gasplaneten findet ein starker Wärmetransport von innen nach außen statt.

Diese Untersuchungen geben den Forschern Aufschluss über die dielektrischen Eigenschaften des flüssigen Wasserstoffs. Wenn man wisse, welche thermische und elektrische Leitfähigkeit die einzelnen Wasserstoffschichten in der Atmosphäre eines Gasplaneten haben, lässt sich daraus das zugehörige Temperaturprofil berechnen. Zudem habe die aktuelle Studie gezeigt, wie sich dichte Plasmen mit Röntgenlasern untersuchen lassen. Diese Methode öffne den Weg für weitere Untersuchungen, beispielsweise an dichteren Plasmen schwererer Elemente und Gemische, wie sie im Inneren von Planeten vorkommen. Von den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher u. a. Antwort auf die Frage, warum die bisher außerhalb unseres Sonnensystems entdeckten Planeten nicht in allen denkbaren Kombinationen von Eigenschaften wie Alter, Masse, Größe oder Elementzusammensetzung auftreten, sondern bestimmten Gruppen zugeordnet werden können.

An der Studie waren außer den Universitäten Jena und Rostock sowie DESY auch Forscher von den US-Forschungszentren SLAC National Accelerator Laboratory und Lawrence Livermore National Laboratory, dem Helmholtz-Institut Jena, der Universität Oxford, dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, dem Hamburg Centre for Ultrafast Imaging (CUI), der Universität Münster und dem Europäischen Röntgenlaser European XFEL beteiligt. Die Arbeit wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Forschungsschwerpunkte (FSP) 301 und 302 gefördert und von der VolkswagenStiftung über eine Peter-Paul-Ewald-Fellowship unterstützt.

Original-Publikation:
Zastrau U. et al. Resolving ultra-fast heating of dense cryogenic hydrogen, Physical Review Letters, 2014

Abb.: Dr. Ulf Zastrau von der Universität Jena (Foto: Christian Burkert)