Studierende der Universität Jena treten beim internationalen Wirtschaftsrechtswettbewerb gegen mehr als 300 Teams an

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Jenaer Studierende stehen erneut vor einem internationalen Gericht – Diese Nachricht aus Wien könnte in wenigen Tagen Schlagzeilen machen. Allerdings nicht etwa, weil sich der Akademikernachwuchs wegen eines Vergehens verantworten müsste. Vielmehr vertreten die Jura-Studenten Pauline Köstner, Susanne Teich, Tony Rau, Lukas Haun und Nicolas Raitzsch die Friedrich-Schiller-Universität beim internationalen „Willem C. Vis Moot“. Vom 10. bis 17. April tritt das Jenaer Team in Wien gegen über 300 Mannschaften mit mehr als 1.000 Studierenden aus über 50 Ländern an. Der „Willem C. Vis Moot“ ist der größte und renommierteste internationale Wettbewerb auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts.

Die fünf Nachwuchsjuristen bereiten sich seit Monaten auf ihren Auftritt vor: „Im Oktober haben wir die Informationen zum juristischen Sachverhalt bekommen und hatten bis Dezember Zeit, dazu einen Schriftsatz anzufertigen“, berichtet Lukas Haun. Der 23-Jährige investiert, wie seine vier Mitstreiter, ein ganzes Semester in die Vorbereitung auf den Wettbewerb. „Anschließend wurde uns die Klageschrift eines gegnerischen Teams zugesandt und wir mussten darauf eine Erwiderung verfassen“, so Haun weiter. Seither verbringen die Fünf fast jeden Tag zusammen und bereiten ihre Plädoyers vor. Unterstützt und begleitet werden sie dabei von der Jura-Professorin Dr. Giesela Rühl sowie Robert Heß und Stefan Muschol. Die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter haben selbst an internationalen Rechtswettbewerben teilgenommen und geben ihre Erfahrungen nun an die Studierenden weiter.

„Im Wettbewerb in Wien tritt jedes Team sowohl als Kläger als auch als Beklagter auf“, erläutert Pauline Köstner, die im 7. Semester Jura studiert. Verhandelt werden soll der Fall eines Medizingeräteherstellers, der gegen ein Universitätskrankenhaus klagt. Die „Innovative Cancer Treatment Ltd“, ein Unternehmen aus dem fiktiven Staat Mediterraneo, beantragt beim Belgischen Centre for Arbitration and Mediation die Einleitung eines Schiedsverfahrens. Beklagter ist das Hope Hospital im ebenfalls fiktiven Equatoriana. Es geht um einen Vertrag beider Parteien, der Verkauf und Einrichtung einer Protonentherapie-Anlage im Gesamtwert von 50 Millionen US-Dollar regelt. „Wie sich während der Vertragsabwicklung herausstellt, stimmen die Kalkulationen des Herstellers nicht und die Technik funktioniert nicht zuverlässig“, erzählt Susanne Teich.

Vor „Gericht“ in Wien geht es für alle Wettbewerbsteilnehmer nun um die Frage, ob für diesen Fall das angerufene Gericht überhaupt zuständig ist und ein Schiedsverfahren eingeleitet werden kann. „Es geht also um eine rein verfahrensrechtliche Aufgabe“, stellt Tony Rau fest. Das mag sich für den Laien vielleicht nach trockener Materie anhören, für den Nachwuchsjuristen und seine Kommilitonen aber ist es alles andere als das. „Ich finde das Thema sehr interessant und es macht unheimlich Spaß, sich so intensiv damit auseinandersetzen zu können“, so Rau.

Neben dem Einblick in den praktischen Juristenalltag bringt die intensive Vorbereitung den Studierenden vor allem Sicherheit beim Plädieren in Englisch. Denn vor dem Wiener Gericht läuft alles in englischer Sprache. „Daher haben die Teams aus dem englischsprachigen Raum sicherlich Vorteile“, schätzt Nicolas Raitzsch ein. Bereits in der Vorrunde treffen die Jenaer mit den Mannschaften der National University of Singapore und der St. John’s University New York auf zwei Muttersprachler-Teams. „Dennoch sehen wir durchaus unsere Chancen“, fügt der 21-Jährige selbstbewusst hinzu. Das Ziel seiner Mannschaft sei es, auf jeden Fall die Vorrunde zu überstehen.

Der Namensgeber des Wettbewerbs ist der Niederländer Willem Cornelis Vis (1924-1993). Er war Generalsekretär der UN-Kommission zum internationalen Kaufrecht und an der Ausarbeitung des UN-Kaufrechts sowie der Schiedsordnung zum internationalen Handelsrecht der UN-Kommission beteiligt.