Südosteuropaforscher der Universität Jena laden am 17./18. Juni zu Symposium über Populismus und Euroskeptizismus in Südosteuropa seit 1989 ein

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Jena. (sl) Diese Bilder muteten jüngst gespenstisch an: Rund zehntausend Serben feierten den einstigen General Ratko Mladić, der nach seiner Festnahme an den UN-Menschenrechtsgerichtshof nach Den Haag überstellt werden soll.

Mladić, der mutmaßlich die Hauptschuld am Massaker von Srebrenica im Juli 1995 trägt, wird von der begeisterten Menge als serbischer Held verehrt.
„Wir beobachten in Südosteuropa eine weitverbreitete Skepsis, sich der Vergangenheit und damit den Konditionalitäten für den EU-Integrationsprozess zu stellen“, sagt Daniela Mehler von der Universität Jena. Die Doktorandin am Graduiertenkolleg 1412 „Kulturelle Orientierungen und gesellschaftliche Ordnungsstrukturen in Südosteuropa“ gehört zu den Organisatoren eines Symposiums am 17. und 18. Juni in Jena. Zwei Tage lang wollen die – zumeist jungen – Wissenschaftler sich mit dem Themenkomplex „Populismus und Euroskeptizismus in Südosteuropa seit 1989“ auseinandersetzen.

Daniela Mehlers Kommilitone Hanns Schneider betont die seltsame Ambivalenz dieser offen zur Schau getragenen Skepsis gegenüber der Europäischen Union, auch in Fragen der nationalen Souveränität. Nichtsdestotrotz: „Es weiß de facto jeder, dass es zum EU-Beitritt keine ernsthafte Alternative gibt.“ Deutlich werde das etwa an der engen wirtschaftlichen Verflechtung der Länder Südosteuropas mit der Europäischen Union. Aus Sicht der Jenaer Wissenschaftler stellt sich das Phänomen des Euroskeptizismus vornehmlich als ein Phänomen der Straße dar. In Serbien beispielsweise seien sich die Parteien aller Spektren einig, den EU-Beitritt gutzuheißen, sagt Daniela Mehler. Doch weil seitens der EU Forderungen gestellt werden, der Prozess sich zeitlich als äußerst zäh erweist, nähren Politiker diese Skepsis mit populistischen Äußerungen gegen Europa, um für sich zu mobilisieren. „Wir haben es mit einer Art Ventil fürs Volk zu tun“, sagt Mehler.

Bei ihrem zweitägigen Symposium wollen die Südosteuropa-Experten die Staaten Ex-Jugoslawiens, Bulgarien und die Republik Moldova in den Blick nehmen und mit anderen Fällen vergleichen. Eingeladen sind Wissenschaftler aus Chicago, Graz, München, Bremen und Berlin, dazu Fachkollegen aus Belgrad, Bukarest und Zagreb.
Veranstaltet wird das Symposium vom Graduiertenkolleg 1412, der Südosteuropa-Gesellschaft und dem Zentrum für Kultur- und Konfliktmanagement Ost- und Südosteuropa.

Zum Abschluss des Symposiums wird es im Kleinen Rosensaal (Fürstengraben 27) am Samstag (18. Juni) ab 14.00 Uhr eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema „Ein Populismus südosteuropäischer Prägung? Erkenntnisse und Desiderate“ geben. Es diskutieren Florian Bieber (Graz), Ksenija Petrović (Jena) und Rafael Biermann (Jena). Gäste sind herzlich willkommen.

Publiziert am 14.06.2011, 11:07 Uhr