Thüringer Projekt gegen Rechtsextremismus nach 10 Jahren vor ungewisser Zukunft

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Die ausstiegsorientierte Arbeit mit rechtsextremen Gewalttätern im Thüringer Jugendarrest steht vor einer ungewissen Zukunft. Die vom Thüringer Justizministerium bereitgestellten Mittel für die vorurteilsreduzierenden Trainingskurse des Jenaer Vereins Drudel 11 e.V. reichen bis zum 30. November 2014. Zur Fortsetzung der Arbeit bittet der Verein nun um Spenden.

Seit zehn Jahren führt Drudel 11 im Rahmen des Thüringer Trainings- und Bildungsprogramms (TTB) Aggressionsschwellentrainings mit rechtsextrem orientierten, gewaltbereiten Jugendlichen durch. Mit der Inbetriebnahme der Jugendarrestanstalt Arnstadt in diesem Sommer sollen die Trainingskurse auch am neuen Standort angeboten werden. Für die Finanzierung des Projekts in diesem Jahr fehlen aber noch 3.650 Euro. „Ende November müssen wir die Arbeit einstellen. Wir sind in einer äußersten Notlage und bitten zur Fortsetzung der Trainingsprogramme dringend um Spenden“, sagt Sebastian Jende, Vorstandsvorsitzender von Drudel 11. Wie es im nächsten Jahr weitergeht, ist derzeit völlig unklar.

„Ich wünsche mir sehr, dass diese wichtige und erfolgreiche Arbeit fortgesetzt werden kann“, erklärt Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Seit vielen Jahren begleitet er das Projekt und kommt regelmäßig als Zeitzeuge in den Jugendarrest, um den Jugendlichen die Geschichte seiner jüdischen Familie zu erzählen und über die Verbrechen der NS-Diktatur aufzuklären.

In den zweiwöchigen Intensivtrainings müssen sich die Jugendlichen mit den von ihnen begangenen Straftaten auseinandersetzen. „Ausreden und Rechtfertigungen akzeptieren wir nicht“, erläutert TTB-Projektleiter Daniel Speer. Besondere Aufmerksamkeit widmen die Trainer den ideologischen Rechtfertigungen der Gewalt durch rechtsextreme Täter. Irritationen im bisherigen Weltbild sind der Ausgangspunkt, um Hass abzubauen und nach Wegen raus aus der rechtsextremen Szene zu suchen. Diesen wichtigen Prozess fördern und begleiten die Pädagogen von Drudel 11.

Eine wissenschaftliche Evaluation der Uni Jena belegt, dass Vorurteile und Gewalt befürwortende Einstellungen durch das Training messbar reduziert werden. Bei Thüringer Richterinnen und Richter steht das Trainingsprogramm hoch im Kurs. Immer wieder sprechen sie den Jugendlichen die Weisung aus, während der Arrestzeit im Training an sich zu arbeiten.

In den vergangenen zehn Jahren, in denen das Thüringer Trainings- und Bildungsprogramm in der vor kurzem geschlossenen Jugendarrestanstalt Weimar durchgeführt wurde, haben in 87 Kursen insgesamt 523 Jugendliche das Programm absolviert. Für das laufende Jahr sind noch vier Trainingskurse geplant. Dazu kommt die Weiterbetreuung nach der Entlassung aus dem Jugendarrest, die Jugendlichen im Bedarfsfall angeboten werden soll.

Aktiv unterstützt werden kann die Arbeit von Drudel 11 u. a. über die Spendenplattform betterplace.org: www.betterplace.org/p21555