Warech-Gala und La-Ola-Wellen

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Als Travis Warech vor ein paar Tagen den Fragebogen für seine Autogrammkarte ausfüllte, musste er am Ende kurz überlegen. „Hm, meine Schwächen?“, sinnierte der 22-jährige Neuzugang der Oettinger Rockets Gotha beim letzten Punkt, strich sich übers Kinn und sagte schließlich: „My left Hand“ – meine linke Hand.

Tatsächlich wirkte es gestern beim Heimspiel gegen die Otto Baskets Magdeburg aber so, als würde der US-Amerikaner mit deutschem Pass mitunter auch allerhand mit links erledigen – sinnbildlich jedenfalls.

So erzielte er kurz nach dem Seitenwechsel innerhalb von knapp zwei Minuten mal eben sechs der spektakulärsten Punkte des gesamten Abends. Zunächst schloss der athletische Swingman einen Fastbreak mit einem sehenswerten Alley-Oop ab (52:35 / 23.) – Absender des gut getimten Passes war Chase Griffin. Beim nächsten Angriff setzte Travis Warech stark nach und war mit einem Tip-In zur Stelle (54:35 / 23.).

Schließlich krönte der 1,92 Meter große US-Boy sein Zwei-Minuten-Feuerwerk mit einem Dunking zum 59:38 (24.). Wenig später baute dann Chase Griffin den Vorsprung auf 26 Punkte aus, indem er einen mustergültig herausgespielten Dreipunktwurf sicher zum 64:38 (26.) verwandelte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war die Begegnung entschieden.

Letztlich behielten die Rockets gegen den Liga-Neuling aus Magdeburg mit 84:69 (48:31) die Oberhand. Sie verbuchten somit den vierten Heimsieg in Folge, verteidigten Tabellenplatz zehn und bleiben auf Tuchfühlung zu den Playoff-Rängen. Mehr noch: Erstmals seit dem Aufstieg in die ProA und dem ersten Spieltag der Saison 2012/2013 (88:84-Heimsieg gegen Mitaufsteiger Uni-Riesen Leipzig) können die Gothaer wieder eine positive Zwischenbilanz (sechs Siege aus elf Spielen) vorweisen.

Kein Wunder also, dass die 1393 Fans schon Minuten vor der Schlusssirene aus dem Häuschen waren, aus voller Kehle einen „Tag, so wunderschön wie heute“ besangen und die La-Ola-Welle mehrfach durch die „Blaue Hölle“ schwappen ließen.

„Nach den drei knappen Heimsiegen gegen Leverkusen, Göttingen und Essen war das endlich mal eine klare Angelegenheit“, sagte Head Coach Chris Ensminger, der ein gutes Spiel seiner Mannschaft sah, das aber auch Steigerungsmöglichkeiten offenbarte. Jedenfalls war im Schlussviertel etwas die Luft raus. „Wir hatten am Ende nichts mehr zu verlieren – meine Jungs haben gezockt und das Ergebnis noch etwas freundlicher gestaltet“, sagte Magdeburgs Head Coach Dimitris Polychroniadis.

Der Grieche machte keinen Hehl daraus, dass er sich von vornherein nicht so viel ausgerechnet hatte. Nicht zuletzt, weil er abermals auf zwei Leistungsträger verzichten musste. Mit Power Forward Martin Volf und Small Forward Kevin Wysocki mussten die beiden besten Scorer der laufenden Saison gesundheitsbedingt passen.

Wie dem auch sei: Wer das Feld als Sieger verlassen würde, zeichnete sich bereits im ersten Viertel ab. Nach ausgeglichen Anfangsminuten konnten sich die Rockets schnell auf zehn Punkte absetzen (26:16 /10.).

Wegweisend waren dabei genau jene Tugenden, die Chris Ensminger vorab abermals eingefordert hatte: nämlich eine Mischung aus starker Defense und gutem Teamplay in der Offense.

Zwar ließen die Gäste Chase Griffin von Anbeginn nicht wie gewohnt zur Entfaltung kommen. Doch das glichen die Gothaer mit Teamwork aus, das sich in jeder Menge Spielfreude, insgesamt 18 Assists und einigen genialen Momenten widerspiegelte.

Auf diese Weise sorgte Leo Niebuhr für die erste Duftmarke der Partie. Der Center, der sich erneut in sehr guter Verfassung präsentierte und am Ende effektivster Spieler der Hausherren war, schloss in der dritten Minute einen Angriff mit einem krachenden Dunking zum 7:5 ab.

Vorausgegangen war ein traumhafter Assist von Gary Johnson, der ebenfalls eine starke Leistung zeigte. Ihn hob Chris Ensminger nach dem Spiel ebenso hervor wie Jan Lipke, der in der ersten Halbzeit drei von drei Dreipunktwürfen sicher verwandelte.

Weitere wichtige Bausteine für den Erfolg waren die Rebounds und die Freiwürfe. Von der Linie trafen die Rockets erneut hochprozentig  (20 von 23 / 87 Prozent). Hingegen erwischten die Otto Baskets in dieser Kategorie einen rabenschwarzen Tag (7 von 18 / 39 Prozent). Und auch beim Rebound-Duell hatten die Gäste (45:34 für Gotha) das Nachsehen.

Vorsehen müssen sich die Rockets indes vor dem nächsten Gegner. Denn am kommenden Samstag steht bereits das nächste mitteldeutsche Duell auf dem Programm. Dann müssen die Gothaer bei der BV Chemnitz 99 antreten, die gestern vor heimischer Kulisse gegen Science City Jena knapp verloren hat (75:80).

Chris Ensminger zählt die Sachsen jedoch nach wie vor zu den heimstärksten Teams der Liga. Ungeachtet dessen ist er sich sicher: „Wenn wir so gut verteidigen wie in den letzten Spielen, dann haben wir auch in Chemnitz eine Siegchance!“

Oettinger Rockets Gotha – Otto Baskets Magdeburg 84:69 (48:31)

Viertel: 26:16 / 22:15 / 22:17 / 14:21

Oettinger Rockets Gotha: Johnson (8 Punkte / 3 von 3 Freiwürfen / 1 Dreier), Lipke (14 / 1 von 2 / 3), Griffin (12 / 4 von 4 / 2), Watson, Reilly (4 / 2 von 2 / -), Niebuhr (14 / 4 von 4 / -), Kreis, Fraser (7 / 1 von 2 / -), Heberlein 3 / 3 von 4 / -), Warech (13 / 2 von 2 / 1), Baker, Selvig (9 / – / 1),

Otto Baskets Magdeburg: Boadu, Wright (20 / 2 von 3 / 4), Maynard (11 / 0 von 5 / 1), Meyer (4 / 0 von 2 / -), Woods, Tzakopoulos (4 / 1 von 2 / 1), Morina (10 / 2 von 2 / 2), Seward (16 / 2 von 4 / -), McDaniel (4 / – / -)

Zweier Gotha: 20 von 44 (45 Prozent)
Zweier Magdeburg: 19 von 42 (45 Prozent)

Dreier Gotha: 8 von 22 (36 Prozent)
Dreier Magdeburg: 8 von 24 (33 Prozent)

Freiwürfe Gotha: 20 von 23 (87 Prozent)
Freiwürfe Magdeburg: 7 von 18 (39 Prozent)

Rebounds Gotha: 45 (15 Offense / 30 Defense)
Rebounds Magdeburg: 34 (11 / 23)

Assists Gotha: 18
Assists Magdeburg: 8

Ballverluste Gotha: 8
Ballverluste Magdeburg: 7

Ballgewinne Gotha: 2
Ballgewinne Magdeburg: 2

Zuschauer: 1393

Autor: Wolfgang Gleichmar