Wie lässt sich Demokratie lernen?

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Erschreckende Berichte erreichen uns tagtäglich aus Syrien: In dem Land im Nahen Osten vergeht kein Tag ohne Blutvergießen und getötete Zivilisten. Was im vergangenen Jahr als regierungskritischer Protest in einzelnen Orten begann, hat sich mittlerweile zu einem landesweiten Bürgerkrieg ausgeweitet. Mit der eskalierenden Gewalt wächst die Gefahr eines Flächenbrandes, der die gesamte Region bedroht. „Es stellt sich daher täglich die Frage, wie die Weltgemeinschaft am besten auf diesen Konflikt reagieren soll“, sagt Prof. Dr. Michael May von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bislang allerdings, so der neu ernannte Professor für Politikdidaktik, sei eine gemeinsame Strategie etwa des UN-Sicherheitsrates nicht erkennbar. „Jedem Ruf nach Sanktionen oder einem militärischen Eingreifen gegen das Assad-Regime einerseits folgt die Blockade durch Veto-Mächte andererseits.“

In diesem politischen Dilemma sieht der 39-Jährige ein institutionelles Problem des Sicherheitsrates, „das zum Nachdenken über Reformen dieses Gremiums auffordert.“ Und dieses Nachdenken sei nicht nur für Politiker eine Herausforderung. Auch für den Sozialkundeunterricht biete sich dieses Beispiel als Diskussionsthema an. Denn genau solche komplexen und scheinbar unlösbaren Konflikte seien es, die das politische Urteilsvermögen Heranwachsender schärfen können, ist sich Michael May sicher.

In der politischen Urteilskompetenz sieht der Politikdidaktiker eine der wesentlichen Bürgerkompetenzen, die die Demokratie brauche. Doch wie muss kompetenzorientierter Unterricht aussehen, damit Schüler diese Bürgerkompetenzen erwerben und zu demokratischem Handeln befähigt werden? Dies ist eine der zentralen Forschungsfragen, mit denen sich Prof. May seit seiner Doktorarbeit auseinandersetzt. „Mit instruierendem Unterricht kommen Sie da nicht weit“, so May. Im Anschluss an seine Dissertation, die er 2006 an der Universität Halle-Wittenberg anfertigte, hat der gebürtige Querfurter ein Konzept für kompetenzorientierten Unterricht entwickelt, der auf fachspezifischen Anforderungssituationen aufbaut.

Mit diesem Schwerpunkt hat der verheiratete Vater von zwei Kindern nun auch an der Uni Jena bereits eine Reihe von Anknüpfungspunkten gefunden. So ist er eingebunden in das neu strukturierte Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung. Zudem wird er sich auch am in Planung befindlichen Kompetenzzentrum Rechtsextremismus beteiligen und sich in diesem Rahmen mit den Möglichkeiten pädagogischer Intervention gegen Rechts beschäftigen. „Wir wissen aus zahlreichen Untersuchungen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Neigung zu extremistischen Einstellungen und dem Grad der politischen Bildung“, sagt er. Doch die werde nicht allein in der Schule erworben. Daher sei es wichtig, die gesamte Lebensspanne in den Blick zu nehmen. „Das reicht von der Vorschulbildung bis zur Erwachsenenbildung.“

Michael May hat Sozialkunde und Geschichte für das Lehramt an Gymnasien an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und an der University of Aberdeen (Großbritannien) studiert. Nach dem Referendariat in Halle trat er 2002 in den Schuldienst ein. Seit 2002 hat der großgewachsene Wissenschaftler als Sozialkundelehrer gearbeitet: Erst an einem Gymnasium in Mücheln in Sachsen-Anhalt, später im niedersächsischen Braunschweig zusätzlich als Fachleiter in der zweiten Phase der Lehrerbildung. Die Nähe zur Schulpraxis in der Lehrerausbildung war auch ein wichtiger Grund für ihn, jetzt den Schritt an die Jenaer Universität zu gehen. „Das Jenaer Modell der Lehrerbildung setzt bundesweit Maßstäbe.“ In dieses renommierte Umfeld der Didaktikforschung möchte sich Prof. May mit all seiner Praxiserfahrung nun gerne einbringen.

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