Der „alte“ Osten: Inzidenz und Altersstruktur

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Was Altersdurchschnitt der Bevölkerung und Corona-Inzidenz gemein ist. Foto: Matthias Zomer/Pexels

Erfurt/Gotha (red/ra, 9. Februar) Nicht unzureichendes oder schlechtes Krisenmanagement sorgt in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen für deutlich höhere Inzidenzen als in Niedersachsen, Hessen oder NRW. Vielmehr gibt es offensichtlich eine klare Abhängigkeit von der Alterstruktur in Regionen, Landkreisen, Städten und Gemeinden und der Inzidenz.
Vor allem der Osten Deutschlands hat eine deutlich ältere Bevölkerung – und aktuell deshalb derzeit die höchsten Inzidenzwerte der Republik.

Einer der Gründe für die Überalterung war der Aderlass schon vor dem Mauerfall: Seit Gründung der DDR und bis Juni 1990 gingen über 3,8 Millionen – meist junge – Menschen „in den Westen“. Darunter waren auch rund 480.000 Personen, die ab 1962 legal ausgereist waren (Wikipedia).

Das Durchschnittsalter in Ostdeutschland stieg allerdings weiter – zwischen Ende 1990 und Ende 2017 von 37,9 auf 46,3 Jahre. In Westdeutschland nahm das Durchschnittsalter von 39,6 auf 44,1 Jahre zu. Die Zunahme des Durchschnittsalters war damit in Westdeutschland nur etwa halb so hoch wie in Ostdeutschland. Beeinflusst wurde diese Entwicklung in Ostdeutschland durch das hohe Geburtendefizit sowie die Wanderungsverluste [Studie des Leibnitz-Intsituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)].

Laut IWH ist in Westdeutschland Heidelberg mit einem Durchschnittsalter von 40,2 Jahren die jüngste Region – Wunsiedel, Ostholstein, Goslar bzw. Lüchow-Dannenberg sind mit bis zu 47,8 Jahren die Altershochburgen.

Jena hatte 2019 mit 42,3 Jahren im Durchschnitt die jüngste und Suhl mit 50,2 Jahren die älteste Bevölkerung ganz Ostdeutschlands.

Zudem sei der Anteil der Kreise mit einem besonders hohen Durchschnittsalter im Osten sehr groß: Die 30 Kreise in Deutschland mit dem höchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung sind ausschließlich ostdeutsche.

Dass der Abstand zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland nicht noch größer ausgefallen sei, habe einen Grund: Laut IWH lebt in sieben ostdeutschen Städten (Berlin, Potsdam, Dresden, Leipzig, Erfurt, Jena und Weimar) ein Drittel der ostdeutschen Bevölkerung.

Bildschirmfoto: OaF – links die Karte der Inzidenzwerte, rechts die der Altersstruktur (Quelle: Facebook-Seite des Erfurter Risikomanagers Andreas Wenzel)

Die Karten lassen annehmen, dass Regionen mit einem überproportionalen Anteil von Senioren deutlich stärker von Corona betroffen sind.

Der Erfurter Risikomanager Andreas Menzel hat ermittelt, dass ein Jahr mehr im Durchschnittsalter der Einwohnenden bei den Inzidenzen tatsächlich deutliche Auswirkungen zeigt.

Das würde erklären, warum in Thüringen Städte wie Erfurt oder Jena weniger Covid-19-Fälle auftreten. Das Durchschnittsalter dieser beiden und auch anderer kreisfreier Städte liegt deutlich unter dem Landesdurchschnitt.

Bildschirmfoto: OaF – die Altersstruktur im Landkreis Gotha (interaktive Karte des Statistischen Bundesamtes)

Hinzu kommt, dass in den „altersdominierten“ Kreisen die Zahl der Senioren in den Altersheimen hoch ist. Das erhöhe die Gefahr, dass dort Infektions-Hotspots entstehen.
Dafür spricht auch, dass es im mobilen Pflegedienst kaum bzw. eher selten zu Infektionen gekommen ist.

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