Fantastisches FleischEssLust-Festival

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1.029 Menschen wohnen in Ernstroda. Statistisch betrachtet, eine Minderheit im Territorium. Denn alleine die TZG zählt 2.300 Rinder ihr eigen. Deutlich mehr Exemplare der Spezies Homo sapiens bevölkern allerdings an jedem zweiten Oktober-Samstag das Dörfchen. Dann ist zum Schlachtfest geladen.

Als Hoffest startete das Ganze irgendwann um die 2000er-Jahre. Da stand „TZG“ noch für Tierzuchtgenossenschaft. Seit 2012 firmiert man als GmbH, behielt aber trotzdem das Drei-Buchstaben-Kürzel bei – damit hatte man sich schließlich einen Namen gemacht.

Nicht ganz so lange ist Simone Hartmann dabei. Die Gothaerin (Jahrgang 1971) ist seit knapp zwei Jahren im Unternehmen und führt seit diesem März die Geschäfte mit Andreas Umbreit.

Sie war es auch, die das 2019er Schlachtfest offiziell eröffnete. Da wimmelte es schon von Besuchern auf dem Areal, die ab 8 Uhr anrückten, meist mit dem Auto. Trotzdem flutschte es, denn die TZG-Mitarbeiter erwiesen sich als routinierte Parkplatzeinweiser.
Der frühe Andrang dürfte sich damit erklären, dass nahezu für jedem was geboten wurde – vorausgesetzt, man verspürt zumindest ein wenig Fleischesslust.

„Wir nennen ja auch deshalb seit zwei, drei Jahren ‚Schlachtfest‘, weil wir uns der bäuerlichen Tradition verpflichtet sehen. Und zu denen gehörte früher auf dem Dorf das Hausschlachten halt dazu“, sagt Simone Hartmann.

Die TZG-Variante fällt allerdings beim Fest deutlich unblutiger aus als das Original: Das Schwein, dessen beide Hälften dann zum Schau-Zerlegen dem Publikum präsentiert wurden, hatte deutlich davor seinen letzten Quikser getan.

So konnte Jürgen Romann gleich Kundenwünsche nach Dicker Rippe oder Schweinbauch befriedigen. Romann ist seit 1973 Fleischermeister und seit 1991 in Ernstroda an Bord. Ihm steht seit Jahren beim Schau-Zerlegen Arnd Hölzer zur Seite. Einst verantwortlich im Haus, derweil Pensionär, herrscht er jetzt über Waage und Kasse und tütet die Portionen ein.

Noch während Romann die erste Schweinehälfte zerlegte, zog ein betörender Duft nach Gegrilltem übers Terrain. Immer der Nase nach, fand man schnell zum Ort des Genusses. Herrscher über Feuer und Grillzange dort war Marcel Möller. Auch er ist Fleischermeister, seit diesem Jahr nun sogar Fleischsommelier.

Fleischsommelier? Ja, richtig gelesen: Nicht nur für Champagner, Prosecco, Sekte, Weine, Biere oder Wasser gibt es Spezialisten, die mit feiner Nase, wissender Zunge und sensiblem Gaumen noch so feine Nuancen an „ihrem“ Objekt der Begierde entdecken. So können sie dann uns Laien trefflich bei der Auswahl helfen – nun auch beim Fleisch.

Credo von Möller ist dabei, dass man eigentlich nahezu alles vom Rind schmackhaft verarbeiten kann. Und so kommen dann auch „Flat irons“ bei ihm auf den Grill. Die heißen nicht umsonst „flaches Eisen“, weil sie aus der Schulter geschnitten werden und eben sehr flach sind. „Das Fleisch landete früher im Topf als Sauerbraten. Und vergaß man die starke Sehne, dies es durchzog, herauszuschneiden, wurde es ein zähes Vergnügen.“ Logisch, dass Möllers Probier-„Flacheisen“ entsprechend vorbehandelt waren.

Übrigens: Ab 2020 gibt Möller vierstündige Grillseminare – am letzten Freitag im Monat, ab 17 Uhr. Schon jetzt können sich Interessenten im „Bauernmarkt“, dem Hofladen, anmelden.

Während sich die Großen bei Romann, Möller & Co. an Bratwurst und Wurstsuppe labten, zog es die kleinen Besucher eher zur obligatorischen Hüpfburg, in den Streichelzoo mit Schafen und Ziegen und allerlei anderem Kleinvieh, was auch Mist machte oder zum Bogenschießen.

Mit von der Partie und Magnet für die kleinen Besucher war die Jugendfeuerwehr Ernstroda. Deren Mädels und Jungs mussten allerdings ordentlich schuften, um für genügend Druck in der Kübelspritze zu sorgen: Anders war es für die Besucherkinder und Hilfs-Feuerlöscher nicht möglich, den lodernden Brand im Holzhäuschen zu bezwingen.

Auch dieses Jahr rollten PS-Monster für einen guten Zweck: Zwei TZG-Traktoren zogen ihre Kreise. Für 50 Cent durfte man sich kutschieren lassen. Der Erlös – es waren 100 Euro – geht dieses Jahr an den Heimatverein, voriges Jahr bekam ihn der Kindergarten.

Kurze Wege für höchste Qualität
Seit 2009 schlachtet man bei der TZG selbst. Da ging das eigene Schlachthaus in Betrieb. Deshalb können die Ernstrodaer als Zusatzgeschäft das Lohnschlachten anbieten – für Rinder, Schweine oder Schafe anderer Agrarunternehmen, aber auch für Privat.

Die TZG-Produkte, die im Hofladen und einem Verkaufswagen vermarktet werden, stammen ausschließlich aus dem Rindfleisch eigener Tiere. Schweinefleisch kaufe man – wegen der kurzen Transportwege, die eine herausragende Fleischqualität garantieren – von Partnerbetrieben im Landkreis, berichtete Simone Hartmann.

Service:
Öffnungszeiten des Hofladens:
mo.-fr. 8 – 18 Uhr
sa. 8 – 12 Uhr

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