Thüringen-Monitor 2022: „Demokratie in Thüringen unter Druck“

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Die Zufriedenheit mit der Demokratie und das Vertrauen in staatliche Institutionen befinden sich in Thüringen auf dem niedrigsten Stand seit 16 Jahren. So laute eine der Kernaussagen des Thüringen-Monitors 2022, wie Prof. Dr. Marion Reiser, die wissenschaftliche Leiterin des Thüringen-Monitors, mitteilte.

Erfurt/Gotha (red, 23. Mai). Dennoch stimmten statistisch gesehen noch immer vier von fünf Personen der Aussage zu, dass die Demokratie die beste aller Staatsideen sei. Gleichzeitig sei das Vertrauen in die Bundesregierung auf 22 % gesunken, ein Rückgang um 15 %.

Der Thüringer Landesregierung vertrauten hingegen 40 % der Befragten, 2020 waren es 53 %. „Gerade im ländlichen Raum Thüringens befindet sich die Zufriedenheit mit der Demokratie auf einem besorgniserregenden Niveau“, sagt Reiser.

Für die aktuelle Ausgabe des Thüringen-Monitors wurden 1.885 Bürger und Bürgerinnen in der Zeit vom 19. September bis 6. Dezember 2022 zu ihren Einstellungen zu Demokratie, Rechtsextremismus und Antisemitismus befragt.  Als positiv werten die Forscherinnen und Forscher, „dass die niedrige Demokratiezufriedenheit und das geringe Vertrauen in staatliche Institutionen nicht zu einem Anstieg der Zustimmung zu alternativen Gesellschaftsordnungen wie Diktatur und Nationalsozialismus geführt haben“ – wie Dr. Anne Küppers, die wissenschaftliche Koordinatorin des Thüringen-Monitors, ergänzt.

Die Unterschiede zwischen Stadt und Land im Fokus
Wie Marion Reiser erläuterte, nehme der aktuelle Thüringen-Monitor vor allem den Unterschied zwischen Stadt und Land in den Blick. Da Thüringen neben den großen Städten vor allem kleinstädtisch-dörflich geprägt sei, wären vier Kategorien erstellt worden: „städtisch“, „etwas ländlich“, „moderat ländlich“ und „sehr ländlich“.

Dabei, so das Fazit der Forscherinnen und Forscher, gebe es unterschiedliche Sichtweisen der Einwohner auf ihr Wohnumfeld. So werde auf dem Land die schlechte Infrastruktur- und Daseinsvorsorge und die Abwanderung junger Menschen beklagt, in der Stadt herrschen dagegen Sorgen wegen steigender Mieten. Kaum feststellbar seien hingegen Unterschiede in Bezug auf Zufriedenheit mit Kinderbetreuung, Pflegedienst-Angebote und mobile Datenversorgung. „Dennoch verfestigt sich vielerorts die Ansicht, in Gewinner- oder Verliererregionen zu leben“, sagt Prof. Reiser. Durchweg loben die Thüringerinnen und Thüringer jedoch den sozialen Zusammenhalt in ihren Gemeinden und sehen ihre Gemeinden als einen attraktiven Ort zum Leben.

Populistische Einstellungen sind deutlich gestiegen
Thüringenweit deutlich gestiegen sind populistische Einstellungen, so das Ergebnis der Befragung: Fast 60 % der Bevölkerung sind als populistisch eingestellt zu bezeichnen. Im Vorjahr waren es 48 %. So stimmen 64 % der Befragten der Aussage zu, dass „die Herrschenden und Mächtigen gegen die Interessen der einfachen Bevölkerung handeln“. Sogar 81 % der Befragten sind davon überzeugt, dass Politiker sich immer einig sind, wenn es gilt, ihre Privilegien zu schützen.
Der Thüringen-Monitor komme u. a. zum Ergebnis, dass rechtsextreme Einstellungen bei 12 % der Befragten feststellbar seien. Damit verharre dieser Wert seit dem Vorjahr auf dem Tiefstand seit Beginn der Messungen im Jahr 2001.

Insgesamt, so ein Fazit des Monitors, sind populistische, antisemitische und rechtsextreme Einstellungen in ländlichen Regionen ebenso häufiger wie bei Personen, die sich von der Bundes- und Landespolitik „abgehängt“ fühlen. In Bezug auf antisemitische Einstellungen wurde ermittelt, dass sechs Prozent der Befragten der Aussage zustimmen, „die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns“. Damit liegt Thüringen im gesamtdeutschen Trend. Deutlich und signifikant zurückgegangen ist demgegenüber der israelbezogene Antisemitismus. Nur halb so viele Befragte wie 2021 (zwölf Prozent) stimmten der Aussage zu, „bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat“.

Der vollständige Thüringen-Monitor 2022 kann auf der Website der Thüringer Staatskanzlei als PDF-Dokument heruntergeladen werden: https://thueringen.de/regierung/th-monitor.

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