Anhörung der BI „Lebensraum Apfelstädt“: Interview Olaf Möller (Umweltministerium)

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Fast vier Stunden währte die Anhörung der Bürgerinitiative (BI) „Lebensraum Apfelstädt“ am 20. Januar 2022 durch den Petitionsausschuss des Thüringer Landtags.
Im Nachgang interviewte „Oscar am Freitag“ Olaf Möller, den Staatssekretär im Umweltministerium, der für den Freistaat Thüringen teilnahm:

Olaf Möller. Foto TSK

Gewannen Sie in der Anhörung neue Erkenntnisse?
Aus meiner Sicht gab es da nichts Neues. Die Argumente sind ausgetauscht. Solche Termine sind allerdings dazu da, die Petenten anzuhören. Es wurden aber auch viele Frage an mich gestellt. Ich hatte deshalb den Eindruck, dass die Landesregierung angehört werden sollte. Ich war eigentlich nur als Beobachter und Zuhörer vor Ort.

Die BI kritisierte, dass Sie ohne Fachreferenten kamen…
Die sind in den Fachausschüssen dabei, um Detailfragen beantworten. In dieser Angelegenheit habe ich dort bereits mehrfach ausführlich Stellung genommen.

Es heißt, das Umweltministerium wäre nicht kooperativ, vor allem in er Frage einer erneuten Umweltverträglichkeitsstudie?
Es herrschen eigenartige Vorstellungen, wer was wie entscheidet. Ich kann, obwohl ich Staatssekretär bin, nicht einfach im Haus sagen: „Wir machen jetzt mal eine Umweltverträglichkeitsprüfung.“
Es gibt ein Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist an rechtliche Voraussetzungen geknüpft. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Deshalb kann die Verwaltung nicht einfach sagen: Dann machen wir‘s trotzdem mal.
Die Thüringer Fernwasserversorgung kann deshalb genauso wenig auf die Einnahmen aus der Stromerzeugung verzichten, wie es Landrat Eckert forderte. Er kann ja auch nicht auf einen Teil seiner Schlüsselzuweisung verzichten, wenn der Innenminister klamm ist…
Ich kann außerdem nur wiederholen: Ja, die Ausleitung in die Westringkaskade entzieht der Talsperre Wasser. Aber in Zeiten, da das Wasser knapp ist, entzieht sie der Apfelstädt KEIN Wasser.
Auch wenn der Gutachter der BI, Prof. Dr. Michael Stützer, davon ausgeht, dass Talsperren ausschließlich dafür da sind, Niedrigwasseraufhöhung zu sichern – niemand hätte dafür Talsperren gebaut. Sie haben eine Nutzfunktion – für die Trinkwasserversorgung, für die Energieerzeugung.

Die BI argumentiert, die Westringkaskade gegen den Erhalt des Biotops „Apfelstädt“ abzuwägen, sei keine Alternative…
Nein, das ist ja auch falsch und macht niemand.
Es ist nicht so, dass der Apfelstädt das Wasser abgegraben wird. Sie fällt seit Jahrhunderten trocken.
Dass es jetzt verstärkt so ist, haben wir überall auch an anderen Flüssen in Thüringen als Folge des Klimawandels.
Der Bau der Talsperren war ein gewaltiger Eingriff in die Natur. Und er war nur berechtigt, weil andere öffentliche Güter dadurch gestärkt wurden. Damals ging es um die Trinkwasserversorgung, heute eben auch um die Energieversorgung.
Und trotzdem ist das Wasserrecht so ausgestaltet, dass die Talsperren mehr Wasser abgeben als im Sommer als natürlicherweise in der Apfelstädt fließen würde.
Das Wording „Hier wird der Apfelstädt das Wasser abgegraben“ – das stimmt einfach nicht. Das ist demagogisch. Das ist schlicht falsch.

Sie haben Landrat Eckert empfohlen, den Leinakanal als zusätzliche Wasserquelle der Apfelstädt zu nutzen. War das eine rhetorische Spitze oder ernst gemeint?
Das war ernst gemeint.
Wir haben ja auch den Vorschlag, zusätzliches Wasser der Talsperre Wechmar zu nutzen.
Und natürlich sollte man darüber nachdenken, in besonderen Trockenzeiten auch die Wasserspiele in Gotha abzustellen. Immerhin fließen dafür 400 l/s – eine Menge, die die BI zusätzlich reklamiert.

Meinen Sie, dass das Thema erledigt ist?
Ich glaube nicht, dass jetzt eine Entscheidung fällt. Die Anwohner sind unzufrieden mit der Situation – und das verstehe ich auch.
Es wird allerdings wegen des Klimawandels insgesamt trockener werden.
Und trotzdem können wir nicht einfach nach Lust und Laune sagen, wir hauen da mal was auf die festgesetzte Mindestwasserabgabe.
Solche Wasserrechte sind grundsätzlich nicht in Stein gemeißelt, aber das ist der Stand jetzt und ich hoffe einfach, dass die sachlich orientierten Menschen vor Ort die Realität anerkennen.

(Interview: Rainer Aschenbrenner)

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