NABU fordert Naturschutz-Notprogramm für Thüringen

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Symbolbild: Susanne Heinen/pixelio.de

Jena/Erfurt (red/je, 10. Oktober). Der NABU Thüringen hat in Erfurt auf seiner Landesvertreterversammlung Forderungen für ein Notprogramm zum Schutz der Natur in Thüringen vorgestellt.

Martin Schmidt, der NABU-Landesvorsitzende, richtete einen Appell an die Landesregierung und das Parlament: „Gemeinsam haben wir in Thüringen schon einiges für die Natur erreichen können. Die Etablierung der Natura-2000-Stationen, die fünf Prozent nutzungsfreier Wald und das Insektenschutzprogramm sind nur einige Beispiele für wichtige Bausteine zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität. Allerdings ist in vielen Fällen eine Verbesserung des Erhaltungszustandes der Arten und Lebensraumtypen noch nicht erreicht und viele Arten vor allem in der Agrarlandschaft nehmen weiter ab. Der Feldhamster ist sogar akut vom Aussterben bedroht. Deshalb brauchen wir ein Notprogramm, das dringend notwendige Maßnahmen gegen das Artensterben ergreift.“

In erster Linie benötige Natur mehr Platz, um sich frei entfalten zu können. Gerade in den ausgeräumten Agrarlandschaften des Thüringer Beckens oder in den intensiv genutzten Auen müsse laut NABU die Biodiversität gefördert werden. Land und Kommunen sollten einen Vorrat eigener Flächen anlegen. Solche Flächen könnten bei sich bietender Gelegenheit mit naturschutzfachlich wertvolleren Flächen getauscht oder durch eine vorgegebene Bewirtschaftung entsprechend entwickelt werden.

Zur Strukturverbesserung in der Landschaft fordere der NABU Thüringen Aktionsprogramme mit passenden Förderungen für die Bereicherung der Landschaften mit Baumreihen, Hecken und blütenreichen Wegsäumen sowie zur Belebung der Auen. Ebenso sollte der Einsatz von Pestiziden bis 2026 um 50 % reduziert werden: „Dazu braucht es ein für die Landwirtschaft praktikables Pestizidreduktionsprogramm. Die Umstellung muss gefördert werden und Landwirte können die Lasten einer Umstellung nicht alleine tragen. Freistaat und Kommunen sollten zusätzlich mit gutem Beispiel vorangehen und den Verzicht oder die Reduzierung von Pestiziden auf eigenen Flächen durchsetzen“, sagte der NABU-Landesvorsitzende.

Die Naturschützer sehen aber auch Probleme bei der Waldbewirtschaftung. Um den Wald fit für den Klimawandel zu machen, bedürfe es einer naturnahen und ökologisch verträglichen Dauerwald-Bewirtschaftung. Dazu gehöre, dass in den Wäldern so viel Holz wie möglich belassen werde und den Waldboden schonende Erntetechniken eingesetzt werden. „Anstatt teure Anpflanzungen vorzunehmen, muss primär auf Naturverjüngung gesetzt werden. Keinesfalls sind nicht-heimische Baumarten anzupflanzen“, so Schmidt.

Damit die Naturschätze im Blick behalten werden, fordert der NABU Thüringen, die Betreuung der Naturschutzgebiete durch Ranger*innen zu sichern und eine Stabsstelle für Umweltkriminalität einzurichten. „Unsere Naturschutzgebiete sind für viele seltene Tier- und Pflanzenarten die letzten Rückzugsgebiete in einer intensiv genutzten Kulturlandschaft. Doch Schutzgebiete ohne Personal werden zu oft als illegaler Müllplatz benutzt, Nutzungsauflagen und Wegegebote nicht eingehalten, Pflanzen niedergetrampelt und Tiere gestört. Genauso hinken wir hinterher, wenn es um die Aufklärung bei der illegalen Nachstellung von geschützten Tierarten geht. In Thüringen werden immer wieder Greifvögel vergiftet, Biber und Fischotter getötet. Das muss sich ändern“, so Martin Schmidt.

Zusatzinformationen
Die Landesvertreterversammlung ist das höchste Gremium des NABU Thüringen. Über 100 Delegierte waren zu dieser Veranstaltung geladen. In Thüringen ist der NABU mit über 17.000 Mitgliedern der mitgliederstärkste Umwelt- und Naturschutzverband. Den Delegierten wird an diesem Tag Rechenschaft über die geleistete Arbeit abgelegt. Vom Landesverband werden unter anderem naturschutzfachliche Projekte zu den Themen Natura 2000, Luchs, Biber, Wolf, Schwalben, Wilde Inseln und extensive Weidelandschaften durchgeführt. Aber auch Projekte zum Mitmachen und Naturerleben wie zum Beispiel die „Stunde der Gartenvögel“, der „NABU-Insektensommer“ und die Wahl zum Vogel des Jahres. Die Stützen des NABU Thüringen bilden die unermüdlichen, ehrenamtlich tätigen Aktiven, die sich in den vielen NABU-Gruppen vor Ort engagieren. Hinzu kommen die vielen Mitglieder, Unterstützer und Förderer, welche die Aktiven den Rücken stärken und den naturschutzpolitischen Forderungen des NABU Gewicht verleihen.

 

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