20 Mitarbeiter betroffen

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Die mächtigste Medienfrau Thüringens hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Noch Anfang des Monats hatte Inga Scholz massiv um die Unterstützung des DJV Thüringen geworben, sogar eine Partnerschaft angeboten. Nur wenige Tage später hat sie bei der Zeitungsgruppe Thüringen die Mitarbeiter bei ZTG-Online vor die Tür gesetzt. Und die Gewerkschaft vor den Kopf gestoßen.

Von Bülend Ürük, Newsroom.de

Erfurt . Auch Medien-Manager müssen sich entscheiden, was sie eigentlich genau wollen. Die Entlassung der gesamten Online-Einheit der ostdeutschen Funke-Tochter ist erneut nur ein Beispiel für einen zu groß geratenen Konzern in der Krise, der sich im Würgegriff der Banken befindet und um sein Überleben kämpft.

Inga Scholz, 37 Jahre jung und erst seit Oktober 2012 ZGT-Chefin, sprach Anfang des Monats beim Landesverbandstag des DJV Thüringen in Jena noch davon, dass Geld für Qualitätsoffensiven vorhanden seien. Auch berichtete sie, dass sie in Thüringen weitestgehend den Kurs bestimmen dürfe, solange die Rendite stimme.

Innerhalb nur weniger Tage scheint ihre Entscheidungsbefugnis dramatisch beschnitten worden zu sein. Stimmt womöglich die Rendite nicht mehr? Oder ist es schlichtweg die Order der Banken, gegen die sich selbst Inga Scholz nicht wehren kann?

Die zehn festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Online-Tochter bekamen ihre Kündigung, wurden vor die Tür gesetzt. Zudem sind etwa zehn weitere freie Mitarbeiter von der Schließung des Unternehmens betroffen.

ZGT-Online war in der Zeitungsgruppe die Einheit, die von Erfurt aus das digitale Zeitalter befeuerte. Die Redakteure, Techniker und Werbeexperten, so heißt es in einer Firmenbeschreibung, „sorgen dafür, dass die Zeitungsgruppe auf der Datenautobahn auch in Zukunft mit hohem „Reisetempo“ unterwegs ist und viele Leser und Kunden mitnimmt.“

ZGT-Online war ein klassischer Inhouse-Dienstleister. So haben die Mitarbeiter aktiv an der Neugestaltung der Web-Auftritte der drei Tageszeitungen „Thüringer Allgemeine“, „Thüringer Landeszeitung“ und „Ostthüringer Zeitung“ mitgearbeitet oder Veranstaltungsdaten und Sporttabellen gepflegt und geliefert.

Die Zeitungsartikel haben die einzelnen Titel jedoch schon länger selbst in die Online-Auftritte eingesetzt; noch in diesem Jahr wollen die Thüringer Blätter ihre Artikel hinter Online-Paywalls verstecken.

Die ostdeutsche Tochter der Funke-Mediengruppe (früher WAZ) gilt als wirtschaftlich kerngesund. Bei rückläufigen Auflagenzahlen – 287.417 verkaufte Exemplare in 4/2012 laut IVW – schreibt sie schwarze Zahlen, ihren Eigentümern kann sie regelmäßig stolze zweistellige Renditen in Millionenhöhe überweisen.

Bei den drei Tageszeitungen, die vor Ort fast nie mit einer echten lokalen Konkurrenz kämpfen müssen, quasi Monopolzeitungen sind, arbeiten nach Newsroom.de-Informationen insgesamt rund 250 Redakteure; vor allem auf den überörtlichen Seiten kooperieren gerade „Thüringer Allgemeine“ (Chefredakteur: Paul-Josef Raue) und „Osthüringer Zeitung“ (Chefredakteur: Ulrich Erzigkeit) besonders intensiv.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Funke-Mediengruppe in Nordrhein-Westfalen dramatisch Personal einsparen möchte und 200 Arbeitsplätze streicht.

Der Verlag war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Dieser Beitrag wurde unserer Redaktion von newsroom.de – nachrichten für journalisten – freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

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