Lacht mal wieder!

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Lacht mal wieder!

„Das ist Thüringen!“ Schon gesehen, die neue Image-Kampagne für den Freistaat? Bestimmt! Läuft ja schließlich kurz vor der 20-Uhr-„Tagesschau“.

Und da schon zu Zeiten Ernst I. die hiesigen Bauern schlauer waren als anderenorts die Edelleut’, unterstelle ich, dass die gothsche Gemeinde für gewöhnlich und zu dieser Zeit geschlossen vorm Flachmann kutzt, andächtig dem öffentlich-rechtlichen Nachrichten-Flaggschiff zuschaut.
Übrigens ein Grund, warum selbst verlängerte Ladenöffnungszeiten in der Residenzstadt niemanden von der Glotze weglocken …

Dass „Das ist Thüringen!“ dabei aber ganz ohne die „Perle am Thüringer Wald“ auskommt, dürfte kaum Emotionen hervorrufen: Warum auch sollte es echte Gothsche stören, dass sich ein Hamburger Werbesau-Haufen nicht um sie schert!?

Machen ja nicht einmal die Thüringer! Auch nicht Henryk Balkow und der „Junge Medien Thüringen e. V.“ Aber was diese Truppe alternativ zum Clip drehte, mit dem Matthias Machnig Millionen versenkt, ist echt Klasse: Gut, man könnte vielleicht noch wegen des Titels mäkeln. Doch „Come closer“ ist ein echter Hingucker. Mit Mini-Budget, aber Maxi-Engagement produziert. Die charmante Liebeserklärung von Balkow & Co. an den Freistaat ist sehens- und aller Ehren wert!

Zeigt Land & Leute von der besten, der menschlichen Seite. Als assimilierter Beute-Thüringer möchte ich dies ausdrücklich hervorheben, denn auch die meisten Gäste unserer genussvoll-gemütlichen Gegend rühmen vor allem die Freundlichkeit der Ureinwohner. Und das erfährt, wer auf Tourismus-Messen fährt. Ich wünschte mir übrigens, dass dort dann das Video der Erfurter Jung-Filmer flimmert. Falls darauf bisher noch keiner der professionellen Gäste-Verführer von Stadt, Kreis und Land gekommen ist, ist das kein Bein-Bruch: Die Idee lasse ich mir gern klauen und Nachfragen kostet ja nix!

Damit können wir übrigens viel überzeugender die Schmach tilgen, die uns der „Glücksatlas 2011“ zufügte. Schlägt man den auf, findet sich die bedrückende Botschaft, wonach in Thüringen die unglücklichsten Deutschen leben würden. Diese Landmarke der Lustlosigkeit versetzten uns mit wissenschaftlicher Akribie, statistischer Finesse und dem Geld der Deutschen Post Prof. Bernd Raffelhüschen, der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Universität Freiburg, und das Institut für Demoskopie Allensbach. Gemeinsam ergründeten sie der Deutschen Seelenlage generell, die so gut wie seit zehn Jahren nicht sein soll.

Aha.

Alles angesichts aktueller Aktien-Kurse, ernüchternder Euro-Expertisen und dazu präsentierter peinlicher Politprominenz-Possen? Erinnert mich an die Kapelle auf der „Titanic“. Würde auch Verschwörungs-Theorien beflügeln, dass sinistre Strippenzieher bewusst diese „Deutsche Post“-Karte gespielt haben.

Man könnte geradezu Decimus Iunius Iuvenalis – auch „Juvenal“ geheißen –
bemühen: Der römische Satirendichter des 1. Jahrhunderts hatte gegen die Herrschenden geätzt, weil sie mit „Panem et circensis“, Brot und Spielen, das Volk bei Laune hielten.

Aber als hemmungsloser Optimist sehe ich das anders: Auf solch clevere Idee kämen die Berliner Tigerenten-Koalitionäre gar nicht!
Zurück zum Lehrstück übers deutsche Glück: Demnach hat Hamburg eine geradezu von Glückshormonen geschwängerte Luft. Dort leben die zufriedensten Menschen, haarscharf verfolgt von den freudetrunkenen Niedersachsen – und wen wundert’s? – den Bayern.
Auch nicht überraschend: Zwischen 20. und 30. Lebensjahr sind Weib- wie Männlein am glücklichsten, während das Mittelalter eher unzufrieden aus der Wäsche guckt. Da muss man dann übrigens einfach durch: Ab 65 erreichen wir angeblich wieder das Niveau von 30-Jährigen. Glücks-Ritter Raffelhüschen und seine Freuden-Spender entdeckten uns aber nicht die Ursachen dieser Dreiteilung. Ich schlichtes Gemüt vermute aber mal – Amor, Arbeit, Alzheimer.

Warum allerdings ausgerechnet die Deutsche Post die Studie beauftragte, erschloss sich mir nicht.

Aber der Hinweis aufs maulig-mosernde Mittelalter machte mich nachdenklich: Kann man schließlich wirklich beobachten, nicht nur bei pampigen Parkplatz-Proleten in der Tiefgarage des „Kauflands“ …

25 (Gesichts-)Muskeln, so erkundete ich, braucht es, damit unsereins lachen kann. Auch das belegt am Ende nur: Glücklich zu werden, bedeutet echt harte Arbeit.

Dieser Beitrag erschien in der jüngsten Gothaer Ausgabe des Lokalmagazins „Oscar am Freitag“.