André Wesches Filmkritik zu „König von Deutschland“

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Sein Name ist Thomas Müller (Olli Dittrich), aber mit dem hochbezahlten Fußballstar hat der Mann aus der fiktiven Stadt Normsen nichts gemein. An Thomas ist ganz und gar nichts ungewöhnlich. Sein Alter, seine Größe, sein Gewicht und all seine Lebensumstände entsprechen haargenau dem bundesdeutschen Durchschnitt.

Die Ehe mit Sabine (Veronica Ferres) verläuft scheinbar ohne größere Aufregungen, die Wohnung ist mit allerhand Nippes so dekoriert, dass es dem Durchschnittsauge ein Wohlgefallen ist. Als Thomas seinen Arbeitsplatz verliert, trifft ihn das hart. Auch deshalb, weil er dadurch seine Kollegin Ute (Katrin Bauerfeind) aus den Augen zu verlieren droht, für die er im Stillen romantische Gefühle hegt.

In Thomas´ schwärzester Stunde tritt Stefan Schmidt (Wanja Mues) in sein Leben. Der Geschäftsmann vom Schlage „jung, dynamisch, erfolgreich“ buhlt aus unerfindlichen Gründen um die Gunst des so unspektakulären Mannes. Er verschafft sich im Handumdrehen Zugang zu Thomas´ Privatleben und startet auch dessen Karriere neu.

Bald schon findet sich der Otto Normalverbraucher in einem komfortablen Büro der Firma „Industries Unlimited“ wieder, einem führenden Anbieter für Industriedienstleistungen. Thomas weiß selbst nicht so genau, wie er zu der hochbezahlten Ehre kommt, zumal ihm die Natur seiner eigentlichen Tätigkeit ein Rätsel bleibt. Fakt ist nur, dass sich Thomas´ Umwelt wie von Zauberhand ganz nach seinen Wünschen und Vorstellungen zu verändern beginnt.

Regisseur David Dietl ist der Sohn von Altmeister Helmut Dietl. Mit der Satire „König von Deutschland“ macht der Filius seinem Vater keine Schande, er erweist sich vielmehr als ein talentierter und ideenreicher Geschichtenerzähler. Dass die Thematik seines Langfilmdebüts, nämlich das Ausspionieren des Normalbürgers durch Industrie und Politik, zum Zeitpunkt des Filmstarts so heiß diskutiert werden würde, hätte sich Dietl aber sicherlich nicht träumen lassen.

Auch wenn der Film keine Lösungen anbietet, lädt er doch zumindest dazu ein, die Initiative zu ergreifen. Chamäleon Olli Dittrich ist natürlich die Idealbesetzung des zunächst „todlangweiligen und stinknormalen“ Bundesbürgers, der eine erstaunliche Entwicklung durchmacht. Ein unterhaltsamer, komischer und inspirierender Film, der ein großes Publikum verdient.

 

André Wesche

 

Ein Interview mit dem Schauspieler Olli Dittrich lesen Sie hier.