Bibliophiles Kleinod aus der Frühzeit der Universität Jena

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Eine bibliophile Kostbarkeit hat Dr. Joachim Ott von der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) entdeckt. Im historischen Bestand der Bibliothek fand sich das Stammbuch des Weimarer Hofjuristen Sebastian Steindorffer aus der Zeit zwischen 1561 und 1568.

„Es war wohl der Pergamenteinband des Büchleins, der mich genauer hinschauen ließ“, sagt Ott über den Fund. Das Stammbuch hat etwa die Größe eines heutigen Notizbuches im A5-Format und enthält 19 Einträge von Studienfreunden oder anderen Weggefährten Steindorffers. Die meisten Einträge sind auf Latein, doch auch deutsche Texte sind vertreten.

Vergleichbar seien Stammbücher mit Poesiealben oder Freundschaftsbüchern, sagt Joachim Ott. Es wurde Freunden oder verehrten Lehrern mit der Bitte vorgelegt, einen Spruch zur Erinnerung auf den Lebensweg mitzugeben. Im 16. Jahrhundert habe ein solches Buch für den Besitzer große Bedeutung gehabt. „So konnte der Besitzer sich an Reisen oder Studienorte erinnern und zugleich belegen, welche Persönlichkeiten er kannte“, sagt Dr. Ott.

Sebastian Steindorffer stammte aus Großobringen und studierte ab 1550 an der Jenaer Universität Jura. Im Jahre 1574 wurde er Notar in Weimar, 1591 starb er dort. Viel mehr ist über sein Leben nicht bekannt.

Bekannter als Steindorffer selbst sind die Persönlichkeiten, die sich in sein Stammbuch eingetragen haben. Es handelt sich ausschließlich um Theologen, die sich dem Erbe Martin Luthers in konsequenter Weise verbunden fühlten. Darunter sind die Professoren Matthias Flacius, Johannes Wigand und Matthäus Judex, die 1561 ihre Ämter niederlegen mussten, weil sie dem Weimarer Herzog in politischen Fragen widersprochen hatten.

„Der Fund ist für die Jenaer Universitätsgeschichte bedeutsam, da er das enge Miteinander von Theologen und Juristen in den ersten Jahren der Salana belegt“, sagt der Theologe Dr. Stefan Michel. Gemeinsam mit seinem Fachkollegen Jörg Siebert und Dr. Ott hat Michel das Stammbuch erforscht. Die drei Wissenschaftler von der Universität Jena haben dabei festgestellt, dass sich auch Johannes Aurifaber im Buch verewigt hat, einer der Bearbeiter der Jenaer Lutherausgabe. Ein weiterer prominenter Eintrag ist von Martin Chemnitz aus Braunschweig, der 1577 mit der Konkordienformel die zerstrittenen Lutheraner einigen wollte.

In den Bibliotheksbestand gelangte das Büchlein vermutlich über den Nachlass des Jenaer Pfarrers und Stadtchronisten Adrian Beier. Der bevorstehende Welttag des Buches am 23. April ist für Dr. Ott der passende Anlass, den Fund bekanntzugeben: „Steindorffers Stammbuch zeigt doch sehr schön, auf welche Weise ein Buch Menschen zu verbinden vermag.“

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