Die Evolution der Insekten

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Jena (AB). Das Geheimnis des evolutiven Erfolgs der Insekten lüften will das neue „1KITE“-Projekt (1K Insect Transcriptome Evolution). Hier haben sich rund 50 Wissenschaftler aus der ganzen Welt zusammengetan, um mit einem gigantischen Datensatz einen neuen Insektenstammbaum zu erstellen.

Für das Ende letzten Jahres gestartete Großprojekt werden in den nächsten drei Jahren fünf Millionen Euro vom chinesischen Bejing Genomics Institute zur Verfügung gestellt. Beteiligt an diesem Forschungsvorhaben sind auch Zoologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Zur Erstellung des Insektenstammbaums sollen Transkriptome von 1.000 Insektenarten aus allen Teilen der Erde untersucht werden. Das Transkriptom stellt die Gesamtheit der Gene dar, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Organismus abgelesen („transkribiert“) werden. Das Transkriptom gibt damit über einen großen und wichtigen Teil der Erbinformation eines Organismus Auskunft.

„Die Auswertung der Transkriptom-Daten wird es ermöglichen, einen robusten und sehr fundierten Stammbaum der Insekten zu erstellen“, meint Prof. Dr. Rolf Beutel (Foto), Leiter der Sammlungen am Phyletischen Museum der Universität Jena. Dieser Stammbaum bietet wiederum die Grundlage, um die Evolution der Insekten zu verstehen. „Ziel des Projektes ist die Aufklärung der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Insekten, was eine Voraussetzung dafür ist, Antworten zu finden auf essentielle evolutionsbiologische Fragen: Wie konnte die unglaubliche Artenvielfalt der Insekten entstehen? Welche Rolle spielt diese extreme Insekten-Diversität in Ökosystemen wie wir sie heute vorfinden und wie hat sich das über viele Jahrmillionen entwickelt?“, erläutert Prof. Dr. Bernhard Misof, Leiter des Zentrums für molekulare Biodiversitätsforschung am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn.

Prof. Beutel und seine Kollegen werden mit innovativen Verfahren morphologische Strukturen und ihre Modifikationen untersuchen. Das wird neben den molekularen Daten und den paläontologischen Befunden einer der wichtigsten Steine im evolutiven Mosaik sein. Er wird außerdem an mehreren Teilprojekten beteiligt sein. Seine besondere Aufmerksamkeit gehört den extrem artenreichen „Coleoptera“ (Käfer), die mit 370.000 Spezies alle anderen Gruppen der Insekten bei weitem übertreffen. Trotz zahlreicher Untersuchungen sind wichtige phylogenetische und evolutive Fragen noch ungeklärt. Auf der Grundlage der phylogenetischen Rekonstruktion werden auch Szenarien für die rasante Radiation der Gruppe im Mesozoikum (Erdmittelalter) entwickelt.

Im „1KITE“-Projekt geht es darüber hinaus um die Entwicklung neuer Methoden zur Bearbeitung und Analyse von extrem umfangreichen Datenmengen, die heute im Rahmen von stammesgeschichtlichen Forschungsprojekten erhoben werden.

„1KITE“ führt rund 50 international renommierte Experten aus den Bereichen molekulare Biologie, Morphologie, Paläontologie, Taxonomie, Embryologie und der Entwicklung wissenschaftlicher Software zusammen. Wissenschaftler aus Australien, China, Deutschland, Japan, Mexiko, Österreich und den USA arbeiten in dem Projekt eng zusammen. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Beijing Genomics Institute in Shenzhen (VR China) zu, das die Datensätze für die 1.000 Insektenarten erstellen wird. Aus Deutschland sind beteiligt: die Universität Bonn, das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn, die Universität Jena mit dem Phyletischen Museum, die Universität Hamburg mit dem Zoologischen Museum Hamburg, das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart sowie das Heidelberger Institut für Theoretische Studien.

Insekten sind mit Abstand die artenreichste Organismengruppe unseres Planeten. Sie spielen in fast allen Ökosystemen eine entscheidende Rolle. Viele Arten haben eine immense wirtschaftliche und medizinische Bedeutung, zum Beispiel als Bestäuber von Nutzpflanzen oder als Überträger von Krankheiten.

Foto: Kasper

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