„Die ich rief, die Geister“

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Jena (FSU/US) „Die ich rief, die Geister, / Werd’ ich nun nicht los“, lässt Johann Wolfgang von Goethe seinen „Zauberlehrling“ verzweifelt rufen, als ihm der selbstgeschaffene Zauber über den Kopf wächst. Ähnlich ergeht es wohl manchem Gärtner, der einst den Japanischen Staudenknöterich (Fallopia japonica) angepflanzt hat.

Aus einem kleinen Spross werden schnell sehr viele, und benachbarte Pflanzen im Garten haben das Nachsehen, denn der Knöterich überwuchert und verdrängt alle Konkurrenten. Wird er gemäht, treiben die Pflanzen aus den tiefen Rhizomen schnell wieder aus und werden bis zu vier Meter hoch.

Das Phyletische Museum der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat den Japanischen Staudenknöterich jetzt zur invasiven Pflanze des Monats September gekürt. In seiner aktuellen Ausstellung „Biologische Invasionen“ präsentiert das Museum eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten, die die heimische Fauna und Flora verdrängen und die Artenvielfalt bedrohen. Noch bis Ende des Monats stellt sie beispielhaft Eindringlinge wie den Japanischen Staudenknöterich vor, die sich auch in Jena etabliert haben und zum Problem geworden sind.

„Der Japanische Riesenknöterich ist mittlerweile in Thüringen flächendeckend verbreitet“, weiß Dr. Gunnar Brehm, der Kurator der Ausstellung im Phyletischen Museum. „Im Thüringer Wald dominiert er an einigen Bachläufen komplett die Vegetation, was zum Rückgang biologischer Vielfalt und zu erhöhter Erosion führt.“ Auch die Ufer der Saale in Jena seien stellenweise bereits betroffen. Hier kann sich die Pflanze besonders rasch weiterverbreiten, indem Pflanzenteile verdriftet werden.

Kurioserweise verzichtet der Knöterich auf eine Fortpflanzung durch Samen, denn seine Blüten sind steril. Umso wirkungsvoller ist er aber in der Lage, sich durch Pflanzenteile auszubreiten. „Der häufigste Ausbreitungsweg ist vermutlich die Ablagerung von Gartenabfällen in der Natur, aber auch Schutt- und Erdtransporte mit Pflanzenteilen tragen dazu bei“, berichtet Dr. Brehm. Häufig finden sich in Jena Pionierbestände genau dort, wo zuvor Abfälle abgeladen worden sind. „Organische Abfälle sollten daher niemals in der Natur abgelagert, sondern ausschließlich in der Biotonne entsorgt oder selbst kompostiert werden, da das Ausbreitungsrisiko damit deutlich herabgesetzt wird.“

Das Problem von Erdtransporten werde allerdings bisher kaum beachtet. Was passiert beispielsweise, wenn das Gelände vor der neuen Steinmaleins-Schule auf der Rasenmühlen-Insel neu bepflanzt wird? „Dort befindet sich derzeit ein großer Bestand des Knöterichs“, hat Brehm beobachtet. „Bei den anstehenden Bauarbeiten wird das Erdreich mit den Rhizomen vermutlich teilweise abtransportiert, auf einer zentralen Deponie vermischt, von wo es leicht als Baumaterial erneut in den Kreislauf gelangen kann.“ Diese Kreisläufe müssten unterbrochen werden, beispielsweise indem entsprechendes Material als kontaminiert eingestuft und deponiert wird, so Brehm.
Auch der Kleingärtner könne selbst aktiv gegen den Knöterich vorgehen: „Es ist möglich, innerhalb von drei bis vier Jahren die Pflanzen restlos zu entfernen“, sagt Dr. Brehm. Die Pflanzen sollten mit möglichst viel Wurzelmaterial mindestens vier Mal pro Jahr herausgezogen (nicht gemäht) werden. Das Material sollte zunächst vor Ort vertrocknen, bevor es entsorgt wird.

Praktische Tipps dazu geben Dr. Gunnar Brehm und der Neophytenexperte Dr. Gunnar Seibt interessierten Bürgern am kommenden Mittwoch (25. September) um 17 Uhr an einem Bestand des Staudenknöterichs: Am Standort des alten Flutlichtmastes am Ernst-Abbe-Stadion unmittelbar neben der Saale zeigen sie vor Ort, wie dem Invasor beizukommen ist.

Die Ausstellung „Biologische Invasionen“ im Phyletischen Museum (Vor dem Neutor 1) läuft noch bis zum 27. September. Öffnungszeiten sind täglich von 9 bis 16.30 Uhr. Weitere Informationen unter: www.phyletisches-museum.uni-jena.de