Ein Bäckermeister mit viel Ausdauer

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Nur noch wenige Wochen – und André Czech (siehe Bild) wird sich wieder auf den Weg nach Eisenach machen. Dort möchte der 45-jährige Bäckermeister aus Jena den Supermarathon, die Königsstrecke des Rennsteiglaufs, absolvieren: 72,7 Kilometer mit 1600 Höhenmetern sind zu bezwingen.

Bereits 2009 hat sich der zweifache Vater an diese Strecke gewagt: „Ich gelangte dabei an Punkte, an denen ich echt dachte, es geht nicht mehr weiter. Die ersten 23 Kilometer ging es nur bergauf, auf den Inselsberg“, erinnert sich André Czech. „Doch danach fand ich meinen Rhythmus und kam nach 6:18 Stunden ins Ziel.“ Absolut geschafft und erleichtert. Auch ein paar Tränen flossen. Erst drei Wochen zuvor hatte sich der Bäckermeister entschlossen, hier mitzulaufen.

Eigentlich ist er auch ein Späteinsteiger. Erst vor ungefähr zehn Jahren hat er mit dem Laufen angefangen. „Ich war stark eingespannt auf Arbeit, hatte kaum Zeit für mich und suchte einen Ausgleich.“ Mit einem Geschäft und zwei Mitarbeitern hatte André Czech 1994 in der Jenaer Karl-Liebknecht-Straße angefangen, stetig wurden es mehr: Heute zählen sieben Filialen und 32 Mitarbeiter zum Czech´schen Unternehmen. Viel Arbeit, viel Verantwortung – und manchmal auch viel Stress. Da braucht es einen Ausgleich. Als Tochter Lisa 2002 in die Schule kommt und zum Zuckertütenlauf eingeladen wird, überlegt der Wahl-Jenaer nicht lange. Er macht mit – und findet Gefallen am Laufen. „Das Schöne daran ist ja, dass man dafür nicht viel braucht. Und es passt einfach am besten in meinen Tagesablauf hinein. Ich muss nie im Dunkeln laufen“, schmunzelt er. „Wenn mein Arbeitstag mittags vorbei ist, nehme ich mir zwei- bis dreimal pro Woche die Zeit dafür.“ Dafür fängt sein „Tag“ auch früh an: 0.30 Uhr.

Langsam steigert er sein Laufpensum: Erst zehn Kilometer, dann Halbmarathon – bis er schließlich im September 2003 – ein Jahr nach dem Zuckertütenlauf – seinen ersten Marathon läuft. In Berlin. Ausgerechnet dort, wo er 20 Jahre gelebt hat, wo „Vadder“ an der Strecke steht und seinen Sohn anfeuert. Das motiviert ihn natürlich zusätzlich –- und so bleibt er mit 2:58 Stunden auch unter seinem selbst gesteckten Ziel von drei Stunden.
Es folgen weitere Marathons: in Frankfurt, Dresden und erneut Berlin. Dann der Supermarathon 2009. Später macht ihm eine Fußverletzung zu schaffen, aber dieses Jahr will der Jenaer wieder angreifen. „Natürlich muss ich oft meinen inneren Schweinehund bekämpfen. Aber wenn ich einmal auf der Strecke bin, dann gibt es nichts Schöneres.“
Ein Leben ohne Sport kann er sich deswegen heute kaum mehr vorstellen. Dafür gibt es ihm viel zu viel. „Mich reizt natürlich auch ein wenig der Wettkampf, das Messen mit den Anderen“, bekennt er. Wenn man den Supermarathon gelaufen ist – was kann das noch toppen? Vielleicht die 100-Km-Wanderung rund um Jena? „Oh, ich weiß nicht, da ist man ja 15 Stunden und länger unterwegs… Das ist mir einfach zu lang.“

Doch mit seinem Unternehmen engagiert er sich für die Kult-Langstreckenwanderung als Sponsor, überhaupt fühlt er sich auch geschäftlich dem Sport sehr verbunden. Davon zeugen die gesunden Produkte seines Sortiments, z.B. die selbst kreierte „Czechs Rennsemmel“, ein Brot aus Sonnenblumenkernen und Traubensaft, das viel Energie liefert. Na, wenn das kein guter Snack für den Supermarathon ist!

Gespräch: Katja Vollenberg

Publiziert: 11. Mai 2011; erschienen in der aktuellen Sport-Ausgabe von Oscar am Freitag