Ein Gespräch mit Chris Hemsworth und Tom Hiddleston

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In der Comic-Verfilmung „Thor – The Dark Kingdom“ stehen sich zum dritten Mal zwei charismatische, junge Schauspieler gegenüber, die sich bereits in den Fantasy-Spektakeln „Thor” und „Marvel´s The Avengers“ als perfekte Besetzung erwiesen haben. Der Australier Chris Hemsworth (30, „Rush – Alles für den Sieg”) verkörpert den hammerschwingenden nordischen Titelhelden, der Brite Tom Hiddleston (32, „Midnight in Paris”) spielt Thors machthungrigen und skrupellosen Adoptiv-Bruder Loki. Wir trafen das Duo in Berlin zum Gespräch.

 

Mr. Hemsworth, momentan läuft noch der Formel 1-Film „Rush” im Kino. Welche Rolle brachte die größeren Herausforderungen mit sich, die des Thor oder die des Rennfahrers James Hunt?

Chris Hemsworth: Beide Rollen waren auf ihre ganz eigene Weise herausfordernd. Für eine Comic-Verfilmung wie „Thor“ ist es essentiell, die Geschichte in der Realität zu erden. Man darf sich nicht auf einen Wettbewerb mit den Kostümen, den Kulissen und den Spezialeffekten einlassen. Deine Aufgabe als Schauspieler ist es, die Dinge ein Stück weit auf den Boden der Realität zurückzuholen. Dazu muss man die wahrhaftigen Momente genau analysieren.

Was will man mit dieser Szene bewirken? Was wollen wir erreichen? Man muss eine feine Balance herstellen, damit man nicht einfach verschwindet. Bei James Hunt bestand die Herausforderung in der Darstellung eines realen Menschen mit all seinen Facetten. Dabei ist die Herangehensweise ganz ähnlich. Verstehe ich, was diesen Menschen angetrieben hat, weiß ich, woher er seine Energie nahm? Eine Rolle muss immer ehrlich ´rüberkommen, das ist das wichtigste. Bei einem kleineren Film herrscht natürlich eine größere Intimität, was es leichter macht, den Ort der Wahrheit zu erreichen.

 

Mr. Hiddleston, Sie haben angeblich zunächst für die Rolle des Thor vorgesprochen. War es eine Enttäuschung, dann „nur“ der Bruder zu werden?

Tom Hiddleston: (lacht) Nein, ich habe die beste Rolle abgefasst! Ich wurde dazu geboren, Loki zu spielen und ich könnte nicht glücklicher sein. Ich könnte bestimmt in einer Million Jahren nicht tun, was Chris da geleistet hat. Wir waren damals zehn Jungs jenseits der 1,80 m, Chris´ Bruder Liam eingeschlossen, die es in die nähere Auswahl geschafft hatten. Damals waren die Produzenten noch damit beschäftigt, eine klare Vision von Thor zu erarbeiten. Was ich vorzuweisen hatte, entsprach viel mehr der Rolle des Bruders. Loki zu spielen, hat mein Leben zum Besseren verändert.

 

Hemsworth: Ich habe die beiden Charaktere immer als die beiden Seiten einer Person gesehen. Deshalb waren für mich die Szenen, in denen beide aufeinandertreffen, immer die interessantesten. Die Beiden definieren sich gegenseitig und fordern sich heraus. Sie sind das Yin und Yang.

 

Mr. Hemsworth, was ist es für ein Gefühl, mit dem eigenen Bruder um eine Rolle zu konkurrieren?

Hemsworth: Ich habe zuerst vorgesprochen, noch bevor Liam nach Amerika kam. Ich wurde nicht zurückgerufen. Während ich in Kanada „The Cabin in the Woods“ drehte, eine Produktion von Joss Whedon, dem späteren Regisseur von „The Avengers“, trafen sich Liam und ein paar andere Jungs mit Kenneth Branagh (Regisseur von „Thor“, 2011). Als keiner dieser Kandidaten ausgewählt und das Casting wiedereröffnet wurde, rief Joss Kenneth an und sagte: „Schau Dir doch noch einmal diesen Chris an!“. Er brachte mich wieder ins Spiel und der Kreis hat sich letztendlich geschlossen. Liam und ich waren also nie gleichzeitig im Gespräch. Außerdem verstehen wir beide, wie die Sache läuft. Es ist nie wirklich eine Konkurrenz, es gibt so viele Variablen, auf die man keinen Einfluss nehmen kann.

 

Stimmt das Klischee, dass die Rolle des Bösen immer die dankbarere ist?

Hiddleston: Wie Chris schon sagte, komplettieren die beiden Rollen einander. In beiden Figuren steckt eine Komplexität. Ich habe gute Jungs gespielt, einen anständigen Kavallerie-Soldaten in „Gefährten“ zu Beispiel. Ich habe Shakespeares „Henry V.“ gespielt. Zu behaupten, gute Charaktere wären klinisch rein und unkompliziert, wäre ein großer Fehler. Sie weisen eine andere Form menschlicher Komplexität auf. Natürlich schenkt man den Bösewichten von jeher mehr Beachtung. Wenn man bereit ist, düstere Instinkte zu erforschen, wird das belohnt. Bösewichte bringen unsere Laster zum Vorschein, Helden unsere Tugenden. Loki ist stolz, eifersüchtig, gierig und hasserfüllt, Thor ist nobel, anständig, mutig und verantwortungsbewusst. Trotzdem hat auch Thor dunkle Seiten, während in Loki das Potential zur Wiedergutmachung steckt.

 

Haben Sie die Kostüme wieder in kleine Jungs verwandelt?

Hiddleston: Oh ja. Wenn man sie anlegt, verleiht einem das eine besondere Energie. Es ist die Erfüllung eines Traums, den jeder Junge hegt. Man wird zum Superhelden. Wir sind mit solchen Filmen aufgewachsen und es ist ein Privileg, nun auf diesen Spuren zu wandeln.

 

Wer war der bessere „Thor“-Regisseur, Kenneth Branagh oder nun Alan Taylor?

Hemsworth: Ich würde niemals den einen über den anderen erheben. Aber ganz ähnlich wie Loki und Thor existieren auch die Filme als die beiden Hälften eines Ganzen. Ohne das Fundament, das der erste Film gelegt hat, würde der zweite nicht existieren. Beide Filmemacher pflegen einen völlig anderen Stil. Ich liebe an diesem Job, dass man ständig neue, kreative Menschen kennenlernt. Dadurch lernt man immer hinzu.

 

Mr. Hiddleston, Sie haben gerade mit Jim Jarmusch gedreht. Was war das für eine Erfahrung?

Tom Hiddleston: Es war außergewöhnlich. Jim hat im Weltkino eine unverwechselbare Stimme. Er ist wie ein Rockstar, wie ein Musiker. Sich einen Jim Jarmusch-Film anzuschauen, ähnelt immer dem Anhören eines Albums. Viele seiner engsten Freunde sind Musiker: Tom Waits, Iggy Pop. Mit ihm zu arbeiten, hat mir die Gelegenheit eröffnet, an seiner Geschwindigkeit und seiner Weltsicht teilzuhaben. Die Geschichte dreht sich um Liebe. Es geht um eine Frau und einen Mann. Dass sie Vampire sind, ist nur ein Werkzeug, um über Unsterblichkeit und die Natur der Liebe nachzudenken. Wie würde es deine Liebe verändern, wenn „Für immer“ tatsächlich „Für immer“ bedeutet?

 

Mr. Hemsworth, unter uns: ist Nicky Lauda tatsächlich so unsympathisch, wie er im Film „Rush“ dargestellt wird?

Hemsworth: Er selbst hat Daniel Brühl genau diese Frage gestellt. (lacht) Nein, die Geschichte überspitzt das. Er ist von dieser absoluten Ehrlichkeit. Er sagt immer, was er denkt. Das empfand ich als sehr erfrischend. Er ist sehr charismatisch, ein erstaunlicher Mensch.

 

Gespräch: André Wesche