Fesselnd, humorvoll und provokant

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„Noch Fragen, Kienzle?“ … „Ja, Hauser“ … Vor vielen Jahren gehörten diese Worte zum Dialog mit Kultfaktor zu Frontal, dem Politmagazin im ZDF. 290 Mal traten die Beiden zwischen 1993 und 2000 gemeinsam im deutschen Fernsehen auf. Bodo H. Hauser starb 2004. Ulrich Kienzle ist weiterhin bekannt als der Meister des scharfzüngigen Journalismus, der provokanten Kommentare und der feinen Ironie im Unterton. Seit 2003 moderiert er die Reihe „Kaufen mit Kienzle“ für das ZDF-Wirtschaftsmagazin „WISO“. 


Als ehemaliger Leiter der Außenpolitik-Hauptredaktion des ZDF reflektiert er die Nahost-Krisen der letzten 40 Jahre. Er macht die aktuellen Umbrüche zwischen dem „Schwarzen September“ und dem „Arabischen Frühling“ verständlich. In der autobiographischen Geschichte seines Journalistenlebens im Orient vermittelt er einen ebenso fesselnden wie persönlichen Einblick in die arabische Welt und in die fragwürdige Nahostpolitik des Westens – ein Geschichtsbuch, das sich wie ein Abenteuerroman liest. Der renommierte Journalist beschreibt seinen Alltag als Kriegsreporter in erschütternden und berührenden Erlebnissen und mit kritischem Blick auf die Hintergründe des Auslands-Journalismus. Ulrich Kienzle war der letzte westliche Journalist, der Saddam Hussein interviewte.


Nach Peter Sodann las Ulrich Kienzle am 14.02. im Kulturhaus Gotha aus seinem Buch „Abschied von 1001 Nacht“. Knapp 40 Zuhörer im Foyer des Kulturhauses verfolgten spannende Geschichten aus intensiv gelebten Journalistenjahren. Im Dialog mit Verlagsleiter Wolfgang Heim erörterte Kienzle interessante Themen aus der arabischen Welt und dem Leben eines Auslandskorrespondenten:

Wie groß der Mut und die Beharrlichkeit sein muss, um brisantes Filmmaterial eines Ausrasters von Muhammad Sadat in Sicherheit zu bringen …

Wieso das ZDF einstmals das uneheliches Kind der Adenauerzeit war …

Warum man mit klassischen Arabischkenntnissen als Korrespondent nicht weiter kommt …

Wie es möglich ist, dass ein Nahost-Reporter gleichzeitig aus zwei Regionen berichtet …
Das komplizierte Verhältnis der Araber zu Zahlen und warum aus der Zahl 100.000 schnell eine 5.000 werden kann …

Warum der Propaganda in Israel auch sprachliche Missverständnisse zugrunde liegen …


Viele politische Hintergründe wurden erläutert und den Zuhörern verständlich gemacht:

Welches ist der politische Hintergrund für die Unruhen in Nahost?

Warum ist die Revolution in Ägypten nur eine Revolte?

Wieso hat der Westen ein so verklärt-exotisch-erotisch-gewalttätiges Bild aus 1001 Nacht?


Für Kienzle gibt es immer noch nichts Überraschenderes als den Nahen Osten. Diese Überzeugung verkörperte Kienzle in seiner spannenden Lesung. Er nahm Abschied aus 1001 Nacht, aus einem verklärten Bild des 18. Jahrhunderts und lud ein, eine Reise ins 21. Jahrhundert anzutreten. Mit Humor, beeindruckendem Fachwissen, Insiderkenntnissen und dem reichen Erfahrungsschatz eines weitgereisten 75-Jährigen fesselte er seine Gäste. Schade, dass nur knapp 40 Zuhörer den Weg ins Kulturhaus fanden …


Am 03.03. schließt Wiglaf Droste die Lesereihe im Kulturhaus Gotha. Der mehrfach prämierte ehemalige Redakteur der „taz“ und der „Titanic“ ist bekannt durch seine tägliche Kolumne in der Tageszeitung „Junge Welt“ und durch seine Bücher. (Liv)