Gebietsreform, Nahverkehr und Philharmonie auf der Agenda

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Zur dritten Sitzung des Jahres wartet am kommenden Mittwochabend, 25. Mai,
ein umfangreiches Aufgabenpaket auf die Kreistagsmitglieder: Unter anderem
müssen Beschlussvorlagen zur Gebietsreform, zur Finanzierung der Thüringen
Philharmonie und zum öffentlichen Personennahverkehr von den Ehrenamtlichen
diskutiert und möglichst entschieden werden. Erstmals seit langem tagen sie
zudem an einem anderen Ort: Anstelle des Spohrsaals in der Reinhardsbrunner
Straße 23 sind diesmal die Staatlich gewerblich-technischen berufsbildenden
Schulen in Gotha, Kindleber Str. 99, der für alle Interessenten öffentliche
Sitzungsort. Die Zusammenkunft beginnt um 18 Uhr.

Gebietsreform: Klare Positionierung des Landkreises erreichen

Landrat Konrad Gießmann bringt eine Beschlussvorlage ein, mit der sich der
Kreistag zur Gebietsreform, die von der Landesregierung geplant wird,
positionieren kann. Zu Jahresbeginn hatten die Fraktionen von CDU/FDP und
SPD-Bündnis90/Grüne jeweils eigene Anträge zum Thema vorgestellt, dann aber
vor Beginn der Debatte zurückgezogen. Das klare Primat der Beschlussvorlage
liegt auf dem Erhalt des Landkreises Gotha und des Kreisstadt-Status‘
Gothas. Gleichzeitig soll beitrittswilligen Kommunen an der Peripherie
signalisiert werden, dass sie in einem künftig größeren Landkreis Gotha
willkommen sind. „Bislang haben sich bereits 14 von 17 Kreistagen zur Frage
der Gebietsreform positioniert. Wir tun gut daran, als einwohnerstärkster
Landkreis ebenfalls ein Signal nach Erfurt zu senden“, begründet der
Landrat die Vorlage. Er sieht im Beschlusstext die Kernpunkte aus den
früheren Anträgen der Fraktionen durchaus aufgegriffen. So ist der von der
CDU/FDP gewünschte Erhalt als Gebietskörperschaft ebenso vertreten wie die
von SPD-Bündnis90/Grünen geforderte Bereitschaft zur Vergrößerung. „In der
Sache lagen die Kreistagsmitglieder bereits zu Jahresbeginn nicht weit
auseinander“, so Gießmann, der auf eine breite Zustimmung im Gremium baut.
Bislang werde die Gebietsreform vor allem auf Kreisebene vom grünen Tisch
aus geplant; die Betroffenen würden – wenn überhaupt – nur am Rande
beteiligt, schätzt der Landrat ein. Deshalb bedürfe es einer Wortmeldung
von der Basis. Laut Entwurf des Vorschaltgesetzes sollen Landkreise 2035
mindestens 130.000 Einwohner zählen, wobei das Primat auf Fusionen
bestehender Landkreise liegen soll. Bis 2018 will die Landesregierung die
Gebietsreform umgesetzt haben.

 

Finanzierungsvereinbarung für die Thüringen Philharmonie
Die 365-jährige Tradition des Gothaer Orchesters fortzusetzen, hat eine
zweite Beschlussvorlage von Landrat Konrad Gießmann zum erklärten Ziel. Sie
sieht die Ermächtigung vor, zwei Finanzierungsvereinbarungen für die
Thüringen Philharmonie abzuschließen. Die erste betrifft den Zeitraum von
Januar bis Ende Juli 2017, solange der Klangkörper noch als Thüringen
Philharmonie Gotha firmiert. In diesem Zeitraum soll der Zuschuss des
Landkreises insgesamt 621.250 Euro betragen. Weiterhin beteiligen sich der
Freistaat Thüringen und die Stadt Gotha. Zum 1. August 2017 ist die Fusion
mit der Landeskapelle Eisenach zur Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach
geplant. Die Riege der Zuwendungsgeber erweitert sich dann um die Stadt
Eisenach und den Wartburgkreis. Die Finanzierungslaufzeit für das neue
gemeinsame Westthüringer Orchester läuft bis 2024. Der jährliche Anteil des
Landkreises Gotha bleibt bis 2021 festgeschrieben bei 1.065.000 Euro, womit
der Kreis den größten Einzelanteil unter den kommunalen Fördermittelgebern
bereitstellt. Bis 2021 soll die Frage von möglichen Tarifanpassungen für
die beschäftigten Musiker unter den Zuwendungsgebern beraten und
entschieden sein.

 

Nahverkehr: Weichenstellungen drängen jetzt

Der bisherige Nahverkehrsplan läuft 2016 aus und muss nun fortgeschrieben
werden. Daher beraten die Kreistagsmitglieder in den Ausschüssen seit
Februar die fast 200-seitige Novellierung. Sie regelt Umfang und Qualität
der Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr auf der Straße, was Bus
und Straßenbahn im Kreisgebiet einschließt. Der nun zum Beschluss
anstehende Nahverkehrsplan ist eine Bedingung, damit der Freistaat
Thüringen Zuschüsse für den ÖPNV im Landkreis Gotha leistet.
Parallel zum Rahmenwerk Nahverkehrsplan wird die Beschluss-vorlage zur
Gründung einer Nahverkehrsgesellschaft (NVG) wieder aufgerufen. Sie wird
seit gut einem Jahr kontrovers diskutiert und ist bisher noch nicht
beschlossen worden. In der jetzt aufgelegten Beschlussvorlage sind von den
Fraktionen gewünschte Änderungen des Gesellschaftervertrages berücksichtigt
worden. Die Gründung der NVG hat einen bedeutsamen Hintergrund: Bis Ende
Juni 2019 ist die Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha GmbH (RVG) mit der
Gestaltung und Durchführung des Buslinienverkehrs im Landkreis Gotha
betraut. Der Kreistag hatte dem Unternehmen hierzu im Juni 2009 die maximal
mögliche Fristverlängerung um zehn Jahre gewährt. Aufgrund des bisherigen
hohen Zuschussbedarfs im ÖPNV ist eine Ausschreibung der anschließenden
Verkehrsdienstleistungen notwendig. Die RVG allerdings darf dieses
Vergabeverfahren aufgrund ihrer Teilhaberstruktur nicht leisten. In der
Gesellschaft sind mit dem Landkreis und lokalen Busunternehmen sowohl
Auftraggeber wie auch potentielle Auftragnehmer vereint. Deshalb soll das
Vergabeverfahren von einer neuen, zu 100 Prozent kreiseigenen Gesellschaft
durchgeführt werden, der geplanten NVG.

Regionalbudget mit dem Ilm-Kreis

Zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur wollen der Ilm-Kreis
und der Landkreis Gotha, die beide vom Industriestandort Erfurt Kreuz
profitieren, enger zusammen arbeiten. Geplant ist die Einführung eines
Regionalmanagements, das für beide Kreise Fördermittel akquiriert und
projektbezogen einsetzt. Die Grundlage dafür bildet ein regionales
Entwicklungskonzept, das zur Zieldefinition und als Handlungsanleitung
dienen soll. Dieses Konzept zu entwickeln, soll eine Zweckvereinbarung mit
dem Ilm-Kreis geschlossen werden, wofür die Zustimmung des Kreistags
notwendig ist.

 

Aufhebung des Sperrvermerks für die Grundschule Hörselgau

Zur zweiten Lesung des Kreishaushalts 2016 war die mehrheitlich
beschlossene Sperre des Haushaltstitels zur Erweiterung der Grundschule in
Hörselgau der Überraschungscoup. Unter Bezug auf die heraufziehende
Gebietsreform und eine damit möglicherweise wechselnde Schulträgerschaft
wurde die Notwendigkeit einer Aufstockung der Grundschule Hörselgau im Wert
von insgesamt 1.367.000 Euro, davon 585.000 Euro im Jahr 2016, seither in
den Ausschüssen kontrovers debattiert. An der Sachlage indes hat sich wenig
geändert: Aufgrund der knappen Raumsituation an der Schule, die schon jetzt
mit mobilen Raumsystemen arbeitet und das weiterhin tun muss, führt nach
Ansicht der Verwaltung kein Weg an der vorgeschlagenen Errichtung zweier
neuer Klassenräume und eines Differenzierungsraumes sowie der begleitenden
Sanierung des Sanitärbereichs und der Elektroanlage im Bestandsgebäude
vorbei. Landrat Konrad Gießmann schlägt deshalb dem Kreistag vor, die
Sperre aufzuheben und damit die Mittel freizugeben, um in diesem Jahr
zumindest noch die Ausführungsplanungen realisieren zu können.

 

Gemeinschaftsschule Tonna, dritter Anlauf

Bereits seit dem Frühjahr 2014 beschäftigen sich die Kreistags-mitglieder
im Gremium oder in den Ausschüssen mit dem Wunsch der Regelschule An der
Fasanerie in Tonna, die sich zur Gemeinschaftsschule weiterentwickeln
möchte. Das Begehren zielte bislang auf einen Start ab der Jahrgangsstufe
fünf und einen um ein Jahr späteren Beginn ab der Jahrgangsstufe eins ab.
Vor allem letzteres Ansinnen rief Sorgen in den benachbarten Grundschulen
Dachwig und Großfahner hervor. In insgesamt neun Veranstaltungen
beschäftigte sich der für Bildung zuständige Fachausschuss des Kreistages
mit der Problematik, hörte betroffene Schulen und Schulsitzgemeinden an,
erörterte Gegen- und Änderungsvorschläge. Da sich letztlich keine
realisierbare Konsenslösung abzeichnete, erneuerte die Schulkonferenz der
Regelschule Tonna ihr ursprüngliches Ansinnen, das von den
Kreistagsmitgliedern im Februar 2016 aber abgelehnt wurde. Daraufhin
revidierte sich die Schulkonferenz und beantragt nun, die
Gemeinschaftsschule zum kommenden Schuljahr nur noch ab der Klassenstufe
fünf einzuführen, wobei nach wie vor kein kooperierendes Gymnasium zur
Absicherung der Abiturstufe zur Verfügung steht.

 

Weitere Themen

Zusätzlich zu den großen Themen liegt den Kreistagsmitgliedern die
Empfehlung zur Liquidierung der Abfallwirtschaftsgesellschaft des
Landkreises Gotha (AwiG) zum 30. Juni 2016 vor. Die Gesellschaft war 1998
gegründet worden, um die Kreismülldeponie in Wipperoda zu betreiben und die
Abfallentsorgung und -verwertung in der Region sicherzustellen. An der
Gesellschaft sind der Landkreis selbst und die Remondis GmbH und Co. KG
Region Ost beteiligt. Seit 2010 ist die Verantwortung für Deponie und
Entsorgung nach Kreistagsbeschluss an den Kommunalen Abfallservice
übergegangen. Der Eigenbetrieb erfüllt seither alle Aufgaben rund um die
Entsorgung, so dass für die AwiG keinerlei operative Geschäfte mehr
bestehen und auch ihr öffentlicher Zweck, für welchen sie gegründet worden
war, zwischenzeitlich entfallen ist.
Ein weiterer Verwaltungsvorschlag bezieht sich auf die Abwicklung
automatischer Alarmierungen bei Brandfällen. Gebäude mit besonderem
Gefährdungspotential müssen Brandmeldeanlagen vorhalten, die direkt auf die
Rettungsleitstelle aufgeschaltet sind. Bislang wurde die Empfangszentrale
für die automatischen Meldungen von einem Dienstleister betrieben, dessen
Konzessionsvertrag allerdings in Kürze ausläuft. Deshalb will das
Landratsamt mit eigener Technik die eingehenden Alarmierungen entgegen
nehmen, wofür eine Entgeltordnung und Allgemeine Geschäftsbedingungen
notwendig werden.