Die Forschungsbibliothek und das Forschungszentrum Gotha für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt laden vom 23. Mai bis zum 3. Juli zu den zweiten „Gothaer Kartenwochen“ ein. Im Mittelpunkt stehen eine Ausstellung unter dem Titel „Botanische Weltbilder“ und vielfältige Vorträge hochrangiger Referenten.
Die thüringische Residenzstadt Gotha bietet neben ihren barocken Schätzen ein weiteres Kleinod: die umfangreiche historisch-kartografische Sammlung des Justus Perthes Verlags. Das Verlagshaus machte die Residenzstadt zwei Jahrhunderte lang zum Tor zur Welt: Hier gingen Forscher von Weltruf ein und aus, hier wurden Landkarten und Atlanten produziert, die bis heute unser Bild der Erde prägen, hier erschien mit „Petermanns Geographischen Mitteilungen“ eine der wichtigsten geografisch-kartografischen Zeitschriften im Europa des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Gotha und Perthes haben die Kartografie nachhaltig geprägt: Der „Gothaer Kartenstil“ wurde international zum geflügelten Wort.
Die Sammlung Perthes der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha ist aufgrund ihres Inhalts und Umfangs einzigartig: „Sie gehört zu den größten geografisch-kartografischen Spezialsammlungen überhaupt“, erklärt Petra Weigel, zuständig für die historische Sammlung in der Forschungsbibliothek und Koordinatorin der diesjährigen Kartenwochen in Verbindung mit dem Forschungszentrum Gotha.
2003 hatte der Freistaat Thüringen mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder den Nachlass des ehemaligen Gothaer Verlags erworben. Er umfasst nicht nur 185.000 Landkarten, sondern auch eine geografisch-kartografische Spezialbibliothek (120.000 Bände), eine Kupferplatten-Sammlung (1.600 Stück) sowie 800 laufende Meter Verlagsarchiv.
Dieser enorme Bestand macht nahezu alle Schritte der kartografischen und geopolitischen Informationsgewinnung und Wissensproduktion des 19. und frühen 20. Jahrhunderts nachvollziehbar – vom Expeditionstagebuch bis zum fertigen Atlas.
Die „Gothaer Kartenwochen“ sollen nun an diese lange historisch-kartografische Forschungstradition anknüpfen. Prof. Dr. Alexander Schunka vom Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt: „Das Phänomen der Globalisierung gab es schon im 19. Jahrhundert, und es ging auch von Gotha aus. Dies werden die ‚Kartenwochen‘ erneut eindrucksvoll belegen“.
Die Veranstaltungen drehen sich dabei unter anderem um die Zeichenschule Oscar Drudes, des „Meisters der Vegetationskarte“, um die Geschichte der Globen, den Nachlass des Kartografen Walter Albrecht, um August Petermanns Hypothesen über das Nordpolarmeer, die Illustrationen von Forschungsreisenden und vieles mehr. Referenten sind unter anderem Prof. Dr. Jean-Marc Besse (Paris), Dr. Erki Tammiksaar (Tartu) sowie Wissenschaftler der Universität Erfurt und von anderen deutschen Universitäten.
Zur Auftaktveranstaltung der „Gothaer Kartenwochen“, die am Montag, 23. Mai, um 18.15 Uhr im Spiegelsaal der Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein beginnt, sind alle Interessenten herzlich eingeladen. Es spricht Nils Robert Güttler aus Berlin, der mit seinem Vortrag gleichzeitig die Ausstellung „Botanische Weltbilder. Oscar Drude und die pflanzen-geografischen Karten der Sammlung Perthes“ eröffnet. Die Schau wird bis zum 3. Juli, jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, im Spiegelsaal der Forschungsbibliothek Gotha zu sehen sein.
Publiziert: 8. Mai 2011, 9.57 Uhr