Kantor der Bachstadt Ohrdruf erhält den ersten Herder-Förderpreis

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Der heutige Geburtstag von Johann Gottfried Herder bietet in Weimar zwei besondere Anlässe zum Feiern. So wird beim Empfang von Kirche und Diakonie (17 Uhr, Herderkirche) erstmals der Herder-Förderpreis für Studierende verliehen. Marco Lemme (30), Kirchenmusiker der Bachstadt Ohrdruf, wird für seine Arbeit „Kirchenmusik, Kirchenmusiker und Kirchenmusikalische Ausbildung in Weimar im 19. und 20. Jahrhundert“ ausgezeichnet. Außerdem wird der Grundstein für das Herderkirchzentrum Weimar gelegt.

Bis zum Jahr 2013 sollen Herderkirche und Herderhaus als Bestandteile des UNESCO-Welterbes mit dem dazugehörigen Ensemble restauriert und als Herderkirchzentrum etabliert werden. Bund, Land Thüringen, Stadt Weimar und Evangelische Kirche tragen gemeinsam die Gesamtkosten von etwa vier Millionen Euro.

Ilse Junkermann, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), hält die Rede „Herders Theologie und Wirken und die Frage nach der Rolle der Kirche in Stadt und Dorf“ beim Festakt in der Herderkirche. „Herder würde sich gewiss sehr freuen, dass Kirche und Diakonie gemeinsam seines Werkes gedenken. War dies doch eines seiner zentralen Anliegen: Dass nicht nur richtig gedacht und geschrieben und gelehrt wird, vielmehr, dass das Erkannte im alltäglichen Leben ankommt – also um Bewährung der Theorie in der Praxis. Darum geht es auch im Zusammenwirken von Kirche und ihrer Diakonie: Wie wir unsere großen Ideale wie die Menschen- und Gottesliebe bewahren können, auch wenn wir uns auf einem Markt harter Konkurrenz befinden“, sagt die Landesbischöfin. Eine weitere wichtige Aufgabe der Kirche sieht sie darin, im gesellschaftlichen Diskurs mitzuwirken an einer Bildungspraxis, „die alle Pädagogik danach ausrichtet: dass jeder Mensch die Einzigartigkeit seiner Persönlichkeit herausbilden kann“.

Das Herderkirchzentrum soll dazu dienen, das Weltkulturerbe besser darzustellen. Eine wichtige Funktion ist die Entlastung der Herderkirche, die wegen Übernutzung zu sehr beansprucht wird. Außerdem soll die Weimarer Stadtkirche baulich an den großen Andrang angepasst werden. Jährlich besuchen etwa 200.000 Menschen die offene Kirche. Dazu kommen Besucher von zahlreichen Veranstaltungen.

Die denkmalgeschützten Immobilien, Herderplatz 6 und 7, werden restauriert und durch einen modernen Erweiterungsbau ergänzt. Es entstehen ein Saal für 100 Personen, eine Anlaufstelle für Touristen und Besucher sowie Gruppenräume und Büroräume für Kantorat und Gemeinde. Von den Gesamtkosten in Höhe von vier Millionen Euro tragen Bund und Land 2,64 Millionen Euro, die EKM sowie die Kirchengemeinde Weimar 960.000 Euro und die Stadt Weimar 400.000 Euro. Das leitende Architekturbüro ist gildehaus.reich architekten aus Weimar.

Der Herder-Förderpreis für Studierende „Glaube und Erfahrung. Christlicher Glaube ist erfahrbar.“ wird erstmals durch die Stifter Evangelisch-Lutherischer Kirchenkreis und die Kirchengemeinde Weimar, die Sophienhausstiftung und das Sophien- und Hufelandklinikum Weimar sowie die Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein gGmbH im Gedenken an den deutschen Theologen, Dichter, Übersetzer, Philosophen und Generalsuperintendenten Johann Gottfried Herder vergeben. Das Preisgeld beträgt 2000 Euro. Eine Jury hatte Marco Lemme als Preisträger ausgewählt. Dazu der Weimarer Superintendent Henrich Herbst: „Unser junger Preis für junge Leute erreicht einen Preisträger, der unsere Erwartungen weit übertroffen hat.“

Kurz-Info Marco Lemme:
Marco Lemme wurde 1981 in Gardelegen (Altmark) geboren. Den ersten musikalischen Unterricht erhielt er an der städtischen Musikschule und in der Kantorei Gardelegen. Im Jahr 2000 begann er an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar ein Schulmusikstudium. Parallel dazu nahm er 2003 ein Kirchenmusikstudium bei Prof. Matthias Dreißig auf, das er 2009 mit einem Kirchenmusik-A-Diplom abschloss. Seit Januar 2008 ist Marco Lemme Kirchenmusiker der Bachstadt Ohrdruf, in der er die „Bachtage Ohrdruf“ ins Leben rief. Er belegt zur Zeit einen Promotionsstudiengang an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar.

Kurz-Info Herderkirche:
Die im Volksmund als „Herderkirche“ bezeichnete Weimarer evangelische Stadtkirche St. Peter und Paul ist eine der bedeutendsten Kirchen Thüringens. Luther predigte mehrmals in der Kirche und entwickelte hier wie in der Schlosskirche die grundlegenden Gedanken über die politische Ethik des Protestantismus. 1525 wurde hier die Reformation eingeführt. Ihren Beinamen „Herderkirche“ trägt die Kirche nach dem berühmten Theologen und Philosophen Johann Gottfried Herder, der hier von 1776 bis zu seinem Tod im Jahre 1803 als Generalsuperintendent gewirkt hatte. In der Stadtkirche befindet sich seine letzte Ruhestätte. Hier wurde 1807 auch die Herzogin Anna Amalia bestattet. Besonders bemerkenswert ist das dreiflügelige Cranach-Altarbild.