Klettern für die Psyche

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Das Universitätsklinikum Jena (UKJ) erweitert das Behandlungsangebot für Kinder und Jugendliche: Seit April 2012 wird das sogenannte therapeutische Klettern in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychosomatik am UKJ für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahre angeboten, die stationär behandelt werden.

Schon vor zwanzig Jahren wurde entdeckt, dass Klettern nicht nur reiner Sport ist, sondern auch der Psyche gut tut und man beides kombinieren kann. „Durch das Klettern wollen wir Motivation schaffen, das Selbstbewusstsein fördern und Sicherheit geben. Die Kinder erleben Gefühle und lernen, was es heißt zu vertrauen. Wir sehen große Erfolge durch die Therapie“, erklärt Peter Lorenz, Sporttherapeut der Klinik für Kinder- und Jugendpsychotherapie und Psychosomatik am UKJ. Momentan nehmen sechs Patienten am therapeutischen Klettern teil, wobei immer zwei in einer Gruppe sind.

Das therapeutische Klettern erstreckt sich über fünf Wochen. In einer Einheit von 45 Minuten ist ein klarer Ablauf festgelegt. Das Klettern an der knapp vier Meter hohen Kletterwand findet zwar ohne Seil statt, aber die Kinder stützen und helfen sich gegenseitig. „Unser Konzept lautet ,Einer sichert den anderen´. Dadurch wird das soziale Miteinander gefördert“, sagt der Sportwissenschaftler.

Die Therapie richtet sich beispielsweise an Kinder mit Erkrankungen wie Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts)störung (ADHS und ADS). „Ein Ziel der Therapie ist die Konzentrationsfähigkeit zu steigern. Ich beobachte immer wieder, dass dies gut funktioniert. Denn die Motivation ist meist schon vorhanden, da Klettern vielen Kindern Spaß macht und zu ihren natürlichen Bewegungsmustern gehört. Auch die motorische Koordination, sowohl das inter- als auch das intramuskuläre Zusammenspiel der Muskulatur verbessert sich.“

Am Anfang einer jeden Therapieeinheit wiederholen die Kinder die Aufgaben der vorigen Sitzung. Außerdem gibt es eine Art Spiel, bei dem die Griffe der Kletterwand einbezogen werden. Abschließend können die Kinder in einer Reflexionsrunde auf die Stunde zurückschauen, auf sich selbst und ihren Mitpatienten. „Häufig höre ich, dass sie gern länger klettern würden“, sagt Lorenz.

Seit drei Monaten wird das Konzept des therapeutischen Kletterns auch in der Eltern-Kind-Therapie am UKJ eingesetzt. Mit einem Elternteil und dem Kind werden verschiedene Situationen durchgegangen, um Vertrauen zu schaffen. „Die Kinder und vor allem die Eltern sollen etwas für den Alltag mitnehmen“, ergänzt der Sporttherapeut.

Doch Klettern in Verbindung mit Psychotherapie ist ein relativ junges Feld. Das therapeutische Klettern ist aus der Orthopädie entstanden. Lorenz: „Vor 20 Jahren waren Kinder mit Skoliose, eine Wirbelsäulenkrümmung, die ersten Patienten. Neurologie und Psychotherapie kamen als Indikationsfelder hinzu. Außerdem liegt in der Erforschung des therapeutischen Kletterns noch viel Potenzial“, sagt Lorenz.

Foto: Der Sporttherapeut Peter Lorenz bietet seit 2012 das Therapeutische Klettern am Universitätsklinikum Jena an. (Foto: UKJ / Emmerich)